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Secret Land, Esthetic Pale

"19.6.1999, Haus der Jugend, Ludwigshafen"

Die Ultimative Reviewpage f. Progressive Rock/Metal

Info

Secret Land, Esthetic Pale
"19.6.1999, Haus der Jugend, Ludwigshafen"

Prologue / Vorab

Und wieder einer dieser phänomenal besuchten Progrock-Gigs. Da es scheinbar die lokalen Veranstalter versäumten, den Gig passend zu promoten, ergab es sich, daß sich in die ein Stockwerk höher mit DJ Milchschnitte stattfindende Schuldisco mehr Leute verliefen als ins prog-geladene Untergeschoss. Als dann noch pünktlich um 19:00 Uhr sämtliche Straßenkneipen und Gastwirtschaften in Ludwigshafen dicht machten, schien der Esthetic Pale Gig aufgrund ungestillter Freßgelüste schon ins Wasser zu fallen. Glücklicherweise fanden sich dann doch noch ein paar wackere Chinesen, die wohl vergessen hatten, ihr Restaurant zu schließen ... und so gabs dann doch noch das komplette Line-Up des Abends zu hören ;-)

Das Album

Der Abend eröffneten die Lokalmatadoren SECRET LAND, die als Vorgruppe über einige Strecken - jedoch beileibe nicht durchgehend - überzeugen konnten. Die Band schaffte es leider zu keinem Moment, sich auf der Bühne als aufeinander eingespielte Einheit zu präsentieren. Das soll nicht heißen, daß man sich dauernd verspielt hätte, nein, denn in dieser Hinsicht hinterließen Secret Land einen rundum positiven Eindruck ... die Bühnenpräsenz aller Mitglieder jedoch wirkte recht isoliert ... Bühnenharmonie kam da leider nicht auf, auch wenn die zwei stärksten Geheimländer des Abends (Gitarrist Norbert Würtz und Drummer Andre Burger) sich redlich darum bemühten. Keyboarder Sebastian Wenzel taute mit zunehmender Dauer auf und bot ebenfalls eine überzeugende Leistung. Bassist Karsten Braun stand mir ein wenig zu teilnahmslos am Bühnenrand.
Im Vergleich zur Demo-CD von Secret Land zeigten sich live Steigerungen im Detail, auch in gesanglicher Hinsicht. Leider bleibt der Gesang weiterhin eine Schwachstelle von Secret Land, denn nur während den kräftigen Passagen im Mittelbereich konnte man hier überzeugen. Wie auch auf Ihrer Demo-CD ging das überlange Holy Grail sofort ins Ohr und zündete von Beginn an. Auch Metromania wurde zum Besten gegeben. Insgesamt ein sehr ordentlicher Aufritt, bei dem Feinheiten leider dem mischerverursachten Soundmatsch zum Opfer fielen.

Dann jedoch war es soweit. Esthetic Pale's erster Gig mit überwiegend neuem Material (Material des evtl. noch vor Weihnachten erscheinenden neuen Albums), ohne Sängerin Claudia (für die bislang noch Ersatz gesucht wird) und mit neuem Drummer - mehr dazu später. Eröffnet wurde der Pale-Reigen mit dem mittlerweile obligatorischen Ivory Tower, bevor sich die Neustädter dann an die Darbietung der Hammersongs The seeds, Summer und der zwei phänomenalen XXL-Nummern Laura und Lifetime machten. Zu Beginn vermisste jeder eingefleischte Pale-Liebhaber die zweite weibliche Gesangsstimme schmerzlichst, Vokalistin Melli wußte jedoch auch alleine (wie gewohnt) voll zu überzeugen und fühlte sich auch alleine pudelwohl. Allen Besorgten sei gesagt: Keine Bange, Esthetic Pale werden sowohl auf der kommenden CD, als auch live wieder mit zwei Sängerinnen zu hören sein.

Esthetic Pale lieferten in Ludwigshafen ihren atmospärisch zweitbesten Auftritt der letzten 2 Jahre, spieltechnisch und musikalisch gesehen ihren Besten. Keyboarder Claus-Peter "Die Mähne" Fuhrmann wuselte auch diesmal gekonnt und stimmungsvoll über die Tasten, Hans "Unkapputbar" Kühl spielte wie immer unauffällig aber verläßlich wie eine pfälzischer Hirtenhund ;-), Gitarrist Matthias "der Freibeuter" Ibelshäuser war nach einiger Zeit in so rasanter Spiellaune, daß er sich sogar zu einer 2-Sekunden Unplugged-Einlage hinreißen lies, die er mit verblüfften Blicken in Richtung Mischpult quittierte. Apropos Mischpult. Dort saß zum ersten Mal der treue Pale Begleiter und Tech-Mex Andreas und was er da in einem völlig fremden Raum aus den Boxen kitzelte, stellte den Sound der Hausherren in punkto Transparenz/Druck-Verhältnis souverän in den Schatten. Mischer mit gesunden Ohren lohnen sich halt immer noch ... oder war's die vorher beim Chinesen eingefahrene Süß-Sauer-Kombination, die dem Trommelfell wieder anständige Durchblutung gewährte ;-.).

Die Überasschung des Abends war jedoch zweifelsohne Drummer Joe Habernoll, der zu Anfang noch ein wenig nervös wirkte, jedoch gleich während der ersten Nummern meine Vorurteile gegen kurzhaarige Rockmusiker widerlegte ;-). Nein im Ernst: Man merkte den Songs an, das Joe sich darin einbrachte und man merkte es Joe an, daß er sich innerhalb der kurzen Einlernphase den Songs geöffnet hat und diese bei ihm in Fleisch, Blut, Hat und Tom übergingen. Wo früher für einen Übergang das Keyboard ein kurz anhaltendes Bäuerchen in die Ecke stellen musste, half Joe beim Brückenschlagen ... die Songs rollten alle noch einen Tick flüssiger und so schaffte es das nicht mehr nur auf Rhythmik ausgelegte Drumming, daß Melodienuancen effektvoll unterstrichen wurden und dramatische Passagen - an den entsprechenden Stellen goldrichtig betont - packender rüberkamen. Zudem scheint Joe mir ein Freund der Hi-Hat-Akzente zu sein, was mir als Mark Zonder-Anbeter natürlich besonders entgegenkam. Kurzum: Ein Gewinn für die Band, ein Gewinn für die Songs, ein Gewinn für die Fans und so konnte man nach dem Top-Auftritt der Pales frohen Mutes gen Heimat ziehen ... im festen Glauben, daß die nächste CD den Durchbruch bescheren oder zumindest einleiten wird, denn sämtliche Songs sind packender, abwechslungsreicher und nach einigen Umbauten auch überaschungsgeladener geworden. Zusammen mit den gewohnten Pale-Attributen ergibt sich somit eine Mischung, der man sich einfach nicht entziehen kann. Neugierig geworden ? Na dann sehen wir uns am



11. September 1999 in der Musikwerkstatt in Neustadt an der Weinstrasse, denn:
DURP presents: Esthetic Pale & Sfumato.


© 07/1999 Markus Weis / Die Ultimative Review Page - https://durp.cf2.de