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Saints of Eden

"The other side"


3 Punkte

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Kurzinfo

Saints of Eden
"The other side"
1997

Cian Houchin - alle Instrumente

Prolog für VIVA

Ich glaub ich werd nich' mehr. Da schlägt man sich die frühe Nacht von Freitag auf Samstag um die Ohren, um dem Mann, der auf Viva den Heavy Metal zu erfunden haben glaubt, seit langem mal wieder eine Chance zu geben, erzeugten Frust wieder gut zu machen ... und was ist ? .... aber der Reihe nach. Endlich kurz vor 1 Uhr nachts. VIVA präsentiert sich von der anspruchsvollsten Seite. Das ausklingende Kinomagazin knallt seinen Zuschauern mit der Preisfrage "in welchem Jahr sank die Titanic" nochmal zu später Stunde vors Denkzentrum. Die Moderatorin holt Luft und kündigt noch einen kleinen Tip an.

Ich habe ja wirklich mit jedem Lösungstip gerechnet .. von mir aus auch mit dem Hinweis, daß im Wohnzimmerregal der Eltern so ein Ding steht, das in etwa die Abmessungen einer Videokassette hat, aus vielen Papiereinzelstücken besteht, auf denen wiederum so kleine Zeichen abgebildet sind, mit denen man durch geschicktes Kombinieren auf wundervolle Weise so tolle Sachen wie eine Bravo-Lovestory basteln kann und dessen Rückseite die geheimnisvolle Inschrift "Brockhaus" trägt.
Nein ... was erwarte ich denn auch ! Heutzutage traut man es den Viva-Kids ja noch nicht einmal mehr zu, auf den Wohnzimmerschrank zu klettern, um ein Lexikon rauszukramen. Ist wohl auch besser so. Am Ende finden die da oben noch ein Rock-Lexikon, kommen auf den Trichter, daß man sie nicht ewig musikmäßig verarschen kann ... und womöglich entwickeln sie noch ihren eigenen Geschmack. Nö ... um Gottes Willen ... dann nehmen wir lieber an, unsere Zielgruppe hat noch ein wenig Restalgebra im Hirn und nennen so ganz beiläufig die Jahreszahl, die um ein Jahr über dem des Titanic-Untergangs liegt, und bemerken schelmisch: "Eins kann ich Euch verraten ... unsere gesuchte Jahreszahl liegt ganz ganz knapp darunter....". ARRGH !!!

Weiter gehts ... 60 Minuten "Metalla" ... au weia ... das war wirklich eine herbe Enttäuschung ! Ich bin ja wirklich open-minded .. aber wenn in einer Metalsendung über 60 Minuten nicht ein Song dabei ist, der mir auch nur annähernd zusagt, dann weiß ich auch nicht mehr. Wo sind die Zeiten aus den 80ern mit Mick Wall ?? WE WANT THE MONSTERS OF ROCK SHOW BACK !

Und damit nicht genug. Am Ende der Sendung fällt im Interview mit den "überaus genialen OOMPH!" (das ist Deine Meinung, Kavka) dann auch noch die Bemerkung "Wir wollten Anfang/Mitte der 80er was anderes machen. Die Metal-Szene stagnierte und auch die damaligen Ikonen waren damals durch ihr längeres Wirken schon eine Karikatur ihrer selbst". Jungs, fragt Euch bitte mal, wann Maiden, Priest und wie sie alle heißen ihre Blütezeit begannen ?

Aber selbst das war noch nicht genug. Nach diesem Statement wurde ein kurzer Ausschnitt eines Yngwie Malmsteen Videos eingespielt .... Karrikatur seiner selbst ? Ok, Anfang der 90er lasse ich diesen Vorwurf gegen Yngwie gelten. Aber nicht in der ersten Hälfte der 80er. Ihr habt doch (sorry) echt einen an der Waffel. Malmsteen gebärt 1983 eine der erfolgreichsten und innovativsten Instrumentalplatten (als sein Solodebut) ... und von 1983 bis Mitte der 80er wirkt man natürlich schon wahnsinnig extrem lange und stagniert dabei !???

Liebes Metalla-Team: schenkt Eurer Metalla-Redaktion eine Pauschalreise ins Abenteuerland und schickt sie dahin, wo sie hingehört: wo die Pur-Platten wachsen und holt Euch stattdessen den guten alten Peter Lustig als Moderator ... dem höre ich wenigstens gerne zu und was noch viel viel besser ist: der hat für jeden was in seiner Sendung !

Vorab

Ist schon witzig ... da schlendere ich so durch die CD-Gänge und nehme grade noch im Vorbeigehen an einem an der Decke hängenden Kopfhörer ein CD-Cover wahr, das ich nur noch im Augenwinkel flüchtig überfliegen kann und welches mir die Aufschrift "Satans of eden" suggeriert. "Eine Band mit 'Satans' im Titel in der Independent-Ecke ? Da hören wir mal rein". Dröhnende Tekkno-Sounds mit Metalfeeling und treibenden Stromgitarrenimpulsen schlagen mir entgegen ... das klingt cool .. wird gleich eingesackt. Kurz drauf in der Karlsruher Fußgängerzone nimmt mir die bezaubernde Frau an meiner Seite (wenn auch unbeabsichtigt) jäh die Illusion, daß dort "Saints" und nicht etwas "Satans" auf dem Cover stand. "Mist...jetzt hab ich am Ende noch was heiliges gekauft", sage ich scherzhaft und stelle fest, diese Scheibe nur dank eines lapidaren Lesefehlers erworben zu haben. Naja ... müssmerhaltjezzdurch. :-)

Die Songs im Einzelnen
  1. Unwind (5:09)

  2. Bleed (4:49)

  3. War of words (4:05)

  4. Restless (4:27)

  5. The other side (6:16)

  6. You lie (5:17)

  7. Just one (4:21)

  8. Times like this (4:12)

  9. Divide (8:16)

Gesamtspielzeit: 47:06

Das Album

Um den Bogen zum "Prolog für VIVA" wieder zu schließen: Mir war nach besagter METALLA-Sendung so richtig nach einer Wegmitdemfrust-Bretterscheibe zumute. Genau der richtige Zeitpunkt das vorliegende Album von vorne bis hinten durchlaufen zu lassen und mir dabei die Plattenkritik im Kopf zurechtzulegen, die ich jetzt (am Morgen danach) zu Tastatur bringe.

Auf die Frage, wer denn nun hinter den "Saints of Eden" steckt, kann ich nur eines sagen: "Features Cian Houchin, former bassplayer of Nefilim" (was man nicht alles weiß, wenn man sorgfältig die CD-Aufbäpperle liest). Kommen wir gleich zu meinen zwei Lieblingstracks und den Anspieltips dieser brachialen Scheibe:

Spärische Klänge leiten mit Stechschritt-Metalriff den Track "The other side" ein. Nach einer halben Minute setzt auch schon der gnadenlose Tekkno-Beat ein ... aber keine Bange, denn die E-Guitar-Riffs bleiben erhalten !! Ein echt martialische Mischung, die auf der Tanz/Moshfläche jeder Disco für ein selten harmonisches Miteinander von Metallern und Technoid-Freax sorgen dürfte ... !

"You lie" weist eigentlich genau dasselbe Potential auf, ist aber irgendwie etwas rockiger ausgefallen, obwohl einem auch hier die Beats kräftigst auf die Ohren prasseln. Ewas straighter ausgefallen ist dagegen der Opener "Undwind".

"Just one" setzt der ganze Sache die Brutalo-Krone auf. Temple-of-Terror-Hardcore-Tekkno-Beats im Gabba-Stil bretzeln einem zusammen dem simplen (aber stimmigen) Stampf-Riffing den letzten Funken orientierungssinn aus dem Bewußtsein. Selbiges gilt für "Times like this", "War of words" und "Bleed".

"Restless" ist zwar auch nicht gerade geruhsam, läßt jedoch ein wenig an Drum'n'Bass-Feeling denken, obgleich dieses nur schwerlich hinter dem Hauptbeat und den Brutaloriffs zu erahnen ist.

Der Schlußtrack "Divide" arbeitet ausschließlich mit Keyboards und Synthies und klingt wie ein schwereloses Treiben durchs bedrohlich dunkle Weltall ... faszinierend, warm, und unheimlich zugleich. Ein beruhigender Ausklang, den sich der Hörer nach dem vorherigen Burnout redlich verdient hat.

Fazit

Was Euch hier entgegenschlägt ist eine kompromißlose Mischung aus (bis zu 180 bpm-) Tekkno-Beats und Metalriffs. Die Vocals sind allesamt verzerrt und werden lauthals (im Stile der Krupps) rausgehaucht. Zwar besitzt fast jeder Track eine gewisse Ruhephase (hierzu genügt schlicht und einfach das Aussetzen der Stimme und der Guitars sowie das kurze Einsetzen von Keyboard/Synthiklängen ... der Rhythmus wird meist beibehalten), das reicht aber nicht aus, um dem Effekt entgegenzuwirken, daß man spätestens nach 4 Tracks am Stück ungemein aggressiv wird. Das zeigte sich mir zu dem Zeitpunkt, als ich während des Geschirrabtrocknens beinahe eine brachiale Polterabendsimulation gestartet hätte, was wohl nur durch den Umstand verhindert wurde, daß es nicht mein Haushalt war, in dem ich mich gerade befand ;-))

Im Großen und Ganzen eine interessante Scheibe, jedoch hätten die Tracks 5,6,1,4,9 genügt, denn nach 3 Tracks am Stück wirds einfach öde ... für sich genommen haben insbesondere die zwei zuerst aufgeführten Tracks eine echt mitreißende Wirkung. Daher ein "Interessant mit Schwachstellen" = 3 Punkte.

Wer jetzt auf eine intelligentere, melodischere, abwechslungsreichere Verknüpfung von Metal und Elektro neugierig wurde, dem sei die "Space Avenue" von Waltari wärmstens empfohlen !

english summary

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© 1998 Markus Weis / Die Ultimative Review Page - https://durp.cf2.de