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Watercage

"Moist your eyes"


8 Punkte

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Kurzinfo

Watercage
"Moist your eyes"
1997, noch kein Label

Michael "Biddi" Bittermann - Vocals
Ulrich "Umpf" M. Stilla - Guitars
Matthias "Mazel" Ratsch - Bass
Rainer Novak - Drums

Vorab...

Zugegebenermaßen: Der Alternative/Grunge hat es schon verdammt schwer sich bei mir im Plattenregal einzubürgern. Das mag wohl daran liegen, daß sich derzeit eher elegischer Death Metal, Gothic Metal und Progressive Metal über meinen Plattenteller bzw. durch die Laserabtaststrahlen bewegen, kurzum also: extrem komplexe Songstrukturen (z.B. die alten Fates Warning Alben), krankhafter Abwechslungsreichtum (Waltari's "Big Bang"), Melancholie (insbes. Tiamat's "A deeper kind of slumber") und nordisch vernebelte elegisch düstere Sakrileg-Gewitter (Dimmu Borgir).
Naja, und Queensryche's "Hear in the new frontier" mag zwar genial sein, bei mir hat es aber auch nicht gerade zu einer Öffnung zum Grunge/Alternative hin geführt.

Umso verwunderlicher, daß ich im Verlaufe zweier kleiner (vereinfachend sage ich jetzt einfach) Festivals auf eine noch junge Band - im Januar 1996 gegründet - namens Watercage aus dem Main-Tauber-Kreis aufmerksam wurde, die ich jetzt einfach mal in die Alternative/Grunge-Schublade stecke. Nicht, weil man da momentan eh alles reinsteckt, sondern weil die Sachen, die derzeit mit aller Gewalt in diese Schublade geschaufelt werden am ehesten die Musik des Quartetts treffen. Dazu aber später mehr.

"Watercage verbindet die ursprüngliche Kraft des Wassers mit dessen sprudelnder Verspieltheit. Klarhellschimmerndkaltes Chaos ordnet sich im Käfig der gitarrenorientierten Klanggebilde. Komplexe Arrangements und Rhyhtmen, urgewaltiger Gitarrensound, aufwühlende Dynamik und eine beeindruckende Stimme lassen den Zuhörer in neue Klangwelten eintauchen."

Wir alle wissen wie hochgegriffen Bandbeschreibungen von und für Plattenfirmen sein können, doch hier gilt ausnahmslos: Ran an die Wasserpumpen ! Der Text hätte nicht treffender sein können.


Die Songs
Das Album

"Moist your eyes" ist ein Debütalbum wie man es sich eigentlich nur wünschen kann. Naja außer, daß es mit einer Gesamtspielzeit von 39:43 min für mich zu kurz ist. Nicht, weil wir hier irgendwelchen Maßstäben von 70 Minuten (ich denke da zum Beispiel an Dream Theater's "Awake") verfallen sind, nein, vielmehr weil wir von solcher Musik, die zudem noch perfekt abgemischt ist, nicht genug kriegen können !

Zurück zur Kategorisierung der Musik von Watercage. Ich denke, in der Schublade des Grunge, Alternative und des vielzitierten Seattle-Sounds sind Watercage am treffendsten untergebracht. Nur fehlen mir (und das geht nicht nur mir so) hier wirklich die Vergleiche. Sagen wir es mal so: 'Alice in Chains' und 'Soundgarden' kommen dem Sound von Watercage recht nahe, aber so einfach will ich mir die Kategorisierung nicht machen. Denn was mir auf "Moist your eyes" so angenehm auffiel, sind die tragenden, schleppenden, schweren Elemente und doch ist es kein destruktives Album.

Das Album verbreitet einen solch charakteristischen Flair, eine solch aufwühlende melancholische Stimmung, wie ich es selten bei einem Album dieser und benachbarter Schubladen erlebt habe. Dort traf man ja bislang zumeist nur entweder das destruktive Extrem (z.B. 'Nirvana' und deren Plagiate) oder das andere, das unbeschwerte, schon fast britpopschwangere, Extrem an. Selbst Queensryche's wahrlich gelungener Alternative-Ausflug "Hear in the new frontier" wirkt gegen diese sanft Sturmflut wie ein easy-listening Album und auch die zu Alternative-Helden stilisierten "Live" oder "R.E.M." schaffen es nicht, mich so vom Hocker zu reißen.

Schwerdahinwogende Riffs, nie aufdringliche aber doch immer stimmungsvolle Energie, einfühlsame Passagen (sowohl seitens der Instrumente als auch des Gesangs), angenehm groovende Elemente ebenso wie aggressiv aufbrausende Parts. Was sich einem da als Klangwelt eröffnet, ist bei weitem kein seichtes Gewässer, nein, wir stehen an der Klippe, die See ist unruhig und weich zugleich. In der Ferne braut sich was zusammen, uns fetzt der Wind um die Ohren und trotz allem fühlen wir uns irgendwie sicher. Ein Gefühl, das mir bislang eigentlich nur Wagner's Ouvertüre zum "Fliegenden Holländer" glaubhaft vermitteln konnte.

"Moist your eyes" ist sicher kein Konzeptalbum im modernen Sinne, denn mittlerweile werden Konzeptalben ja eher durch eine zusammenhängende Story definiert, als durch die Musik. "Moist your eyes" erzählt zwar keine Story, ist jedoch mal endlich wieder eines der Alben, die aufgrund der Summe der Einzeltexte - hier immer wieder das Spiel mit der Wasserthematik - und aufgrund des Vermögens, vom ersten bis zum letzten Song einen musikalischen Bogen spannen zu können, eine kompakte Einheit bilden. Also ein Konzeptalbum im eher klassischen Sinne von z.B. Genesis oder so mancher David Bowie-Scheiben (insbesondere jener, an der sich 'Peter Schilling' mit "Major Tom" bediente).

Mir fällt es wirklich schwer, aus diesem kompakten und erstaunlichen Debütalbum einen Song besonders hervorzuheben. Müßte ich mich auf zwei Songs festlegen, dann wären das wohl das schwermütig tragende "Endless water falls (Xini)" sowie das Juwel "Time, Space and Sun burning shoes".

Bleibt abschließend nur zu hoffen, daß die Band ihre Tour-Aktivitäten durch Nachfragen weiter ausbauen kann und sich ein Label findet, das die unübersehbaren Zeichen der anrollenden Flut erkennt.

Fazit

"Moist your eyes", ein Album wie Wasser: Erquickend, sprudelnd, aufbrausend, mitreißend, sanft, aufwühlend und hinuterziehend. Die Nährstoffkontrollanalyse ergibt hochverdiente natriumhaltige und quellfrische 8 Punkte.

Gruß an TUI und Neckermann-Reisen - den nächsten Tauch- und Schnorchelurlaub gibts auf dem heimischen Sofa - mit CD-Player und Kopfhörer !

Die Demo-CD ist gegen 20 DM + 3 DM Porto (Vorauskasse per V-Scheck/bar oder Bestellung per Nachnahme zzgl. Nachnahmegebühr) unter folgender Kontaktadresse/Telefonnummer erhältlich:

UNDERWATERLOVE
Joachim Schulz
Am Wartberg 18
97877 Wertheim
Tel.: 09342/7625
Bitte mit kurzem Hinweis darauf, daß Dein Interesse an der CD von dieser Review-Page ausging.


english summary

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© 08/1997 Markus Weis / Die Ultimative Review Page - https://durp.cf2.de