progressive Interview , progressive band talk Magenta: Ein neuer Stern am Prog-Himmel |
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Interview |
Das im letzten Jahr erschienene Debütalbum der britischen
Band MAGENTA hat sich langsam aber sicher zu einem Geheimtipp in der Prog-Szene
entwickelt. Was eigentlich kein Wunder ist, bietet die Doppel-CD doch alles,
was dem Prog-Fan üblicherweise gefällt: Songs um die 20-Minuten-Marke, Melodien
und Komplexität in schönstem Einklang, eine angenehme Mischung aus Retro - und
Neoprog, Instrumentalisten, die ihr Handwerk verstehen, und eine Sängerin, die
dem Ganzen den letzten Schliff verleiht.
Mit Rob Reed, dem Kopf von Magenta, unterhielt sich
Renald Mienert
Bevor wir zum üblichen
Frage-Antwort-Spiel kommen, aber einige Informationen zum musikalischen
Hintergrund von Magenta. Rob Reed gründete 1984 zunächst Cyan. Die Band
orientierte sich an Interpreten wie Genesis, Mike Oldfield oder It Bites, brach
aber schon bald wieder auseinander. Immerhin produzierte man ein Demo, und 1991
nahm Rob dann fünf der alten Cyan-Songs ein weiteres Mal auf, wobei er
sämtliche Instrumente spielte und auch den Gesang übernahm. Damals war für SI -
Music die Welt noch in Ordnung, drei neue Songs wurden geschrieben und 1993
erschien "For King & Country". Für das zweite Album von Cyan
"Pictures From The Other Side" übernahm Nigel Voyce die Lead Vocals,
während Christina - die weibliche Stimme von Magenta - hier bereits die
Background Vocals sang. Parallel zu Cyan war Rob aber auch an diversen anderen
Projekten beteiligt - erwähnt seien "The Fyreworks", über die er nach
dem Ende von SI auch bei F2 Music landete - oder vor allem "Trippa"
(ebenfalls mit Christina als Sängerin), die zwar nicht in die Prog-Ecke
gesteckt werden können, aber immerhin die Aufmerksamkeit von Radio und TV auf
sich ziehen konnten. Nachdem auf dem neuen Label das dritte Cyan-Album
"The Creeping Vine" erschien und Rob ebenfalls in "The Othello
Syndrom" eingebunden war, begann die Idee zu "Revolutions" in
ihm zu reifen.
Warum startest Du mit Magenta ein weiteres neues Projekt?
Ich wollte etwas anderes machen als
früher, etwas größeres, mit konzeptionellem Charakter. "Revolutions"
sollte ein völlig ehrliches Album werden, ohne sich der musikalsichen Einflüsse
zu schämen. Es sollte eine Art musikalisches Gemälde werden - voller
leuchtender Farben. Ich habe den Eindruck, dass heutzutage viele Progbands sich
nicht mehr trauen, ihre musikalischen Wurzeln aus den Siebzigern einzugestehen.
Ich stehe dazu und hoffe, dass es mir dennoch gelungen ist, etwas
Gleichwertiges zu schaffen.
Die Arbeiten an dem Album dauerten über zwei Jahre - eine lange Zeit!
Für den Großteil der Demos brauchte ich
nur eine Woche! Aber bis alles fertig war, gingen eben doch zwei Jahre ins
Land. Es begann mit dem musikalischen Grundgerüst, anstelle eines Textes singe
ich dazu nur "La La La". Es klingt sicher etwas gewöhnungsbedürftig,
aber Steve versteht es, die passenden Lyrics dazu zu schreiben. Es is jedesmal
ein großartiger Moment, wenn das erste
Mal der richtige Text aufgenommen wird. Bis dahin ist die Produktion eher
minimal. Ich bin der Meinung, wenn ein Song nur mit Bass, Keyboards und Drums
schon gut klingt, dann wird auch die fertige Produktion hervorragend klingen.
Aufgenommen wurde das Album in den F2-Studios in Wales, ohne Tapes, alles am
Computer. Es gab zwar auch Momente, in denen ich dachte, das Ergebnis wäre
nicht gut genug, aber die gibt es bei jedem Album. Wenn man so lange so eng an
einer bestimmten Sache dran ist, braucht man wieder etwas Abstand, um sie
wirklich genießen zu können. Man muss auch den Punkt finden, an dem man
aufhört, an jeder Kleinigkeit zu basteln und sagt, das war's jetzt!
Warum hast im Booklet ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Ähnlichkeiten mit anderen Band beabsichtigt sind?
Jeder ist von irgendetwas beeinflusst,
keiner kreiert etwas aus dem luftleeren Raum. Ich höre Bands wie Pink Floyd,
Genesis oder Yes und liebe es, Musik zu machen, die Stilmittel eben jener Bands
benutzt. Aber die Melodien sind für mich das wichtigste, und genau die vermisse
ich heute bei vielen Prog-Bands. Jeder kann sich Ideen und Stile bei anderen
ausborgen - das ist der leichte Teil. Der schwere ist es, emotionale Songs
daraus zu machen!
Beide CDs sind zusammen etwas über 90 Minuten lang. ca. 10 Minuten weniger und eine CD hätte gereicht - was deutlich billiger geworden wäre....
Die meisten Alben sind heute einfach zu
lang. Die traditionelle LP hat eine Spielzeit von 45 Minuten. Heute scheinen
viele Bands zu glauben, eine CD muss zu 80 Minuten mit Musik gefüllt sein. Das
geht oft zu Lasten der musikalischen Qualität. Ich mag auch die Pause, die beim
Wechseln der CD's entsteht. Man kann kurz abschalten, wie beim Umdrehen einer
Platte....
Was gibt es zu Christina und Steve
zu sagen?
Christina singt seit ihrer Schulzeit.
Sie war sogar mal in einer Punkband, ihren größten Erfolg hat sie bisher mit
Trippa. Die Arbeit mit "Magenta" ist für sie stilistisch etwas völlig
Neues. Ich habe zunächst die kompletten Texte selbst eingesungen und ihr
gegeben. Später wurden ihr Gesang dann aufgenommen. Steve ist mein Bruder und
war ursprünglich Sänger im ersten Line Up von Cyan. Seither hat er die meisten
Texte für mich geschrieben. Aber wir betrachten "Magenta" definitiv
als Band, die festen Mitglieder neben mir und Christina sind Gitarrist Chris
Fry und Drummer Tim Robinson. Steve ist sozusagen der Mann für das lyrische
Konzept.
Das heisst also, dass Du mit Magenta weitermachen wirst?
Definitiv! Das zweite Album ist bereits
zur Hälfte fertig und soll "Seven" heissen. Es wird auch genau sieben
Songs beinhalten, die alle miteinander verknüpft sind. Wir planen auch, noch in
der ersten Hälfte dieses Jahres live zu spielen. Christina liebt es
theatralisch, so werden wir auch visuell auf der Bühne einiges zu bieten haben.
Renald Mienert