progressive Interview , progressive band talk Jordan Rudess: Das Rad vorantreiben |
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Interview |
Jordan
Rudess ist einer größeren Anzahl von Rockfans wahrscheinlich erst seit seiner
Mitgliedschaft bei Dream Theater bekannt, wo er ja den Part von Derek Sherinian
an den Keyboards übernahm. Einige Monate, bevor die unumstrittene Nummer Eins
des Progressive Metals ihr neues Doppelalbum „Six Degrees Of Inner Turbulence“
auf den Markt bringt, hat Jordan sein Soloalbum „Feeding The Wheel“
veröffentlicht.
Jordan Rudess wurde 1956 in New York geboren. Mit neun nahm
er Klavierunterricht, mit 19 begann er sich für Keyboards zu
interessieren. Seit den Achtzigern
arbeitet er als Keyboarder, Komponist und Produzent.
„Feeding The Wheel“ ist zwar schon mein viertes Solo-Album,
aber es ist das erste, das mit einem Vertrieb, über den ein Label wie Magna Carta verfügt, in die
Läden kommt. Die Veröffentlichungen davor habe ich größtenteils selbst über das
Internet vertrieben. Auch die Musik war eine andere, eher piano-orientierte
Improvisationen, kein progressive Rock.
Auch wenn die ersten Soloalben musikalisch mit „Feeding The
Wheel“ nicht vergleichbar sein mögen, so müssen sie doch bereits deutlich die
Fähigkeiten von Jordan gezeigt haben, immerhin wurde er für sein Album „Listen“
1994 vom Keyboard - Magazin als „Bestes
neues Talent“ geehrt. Es folgten die Alben „Secrets Of The Muse“ (1997) und
„Resonance“ (1999), wobei der Vollständigkeit halber noch erwähnt sein soll,
dass auf der offiziellen Website von Jordan noch ein weiteres Album unter dem
Titel „Arrival“ aus dem Jahre 1988 genannt wird. Aber vor seiner Zeit mit Dream
Theater gab es natürlich nicht nur Soloalben. Er hat mit Vinnie Moore, Annie
Haslam aber auch mit David Bowie gearbeitet und war mit Jan Hammer auf Tour.
Und als Dream Theater dann in der zweiten Hälfte der Neunziger einen Nachfolger
für Kevin Moore suchten, erhielt er zum ersten Mal das Angebot, in die Band
einzusteigen – und er lehnte ab.
Es war eine sehr interessante Zeit für mich. Ich hatte
praktisch zeitgleich das Angebot, sowohl bei den Dixie Dregs als auch bei Dream
Theater einzusteigen. Natürlich war es
damals schon ein verlockender Gedanke, bei Dream Theater zu spielen, aber das
hätte natürlich auch diesen immensen Touraufwand bedeutet. Meine Frau hatte
damals gerade ihr Baby bekommen, ich hatte darüber hinaus einen Job für eine
Keyboardfirma und der Einstieg bei den Dregs hat es mir erlaubt, all diese
Dinge unter einen Hut zu bringen. Ich habe damals diesen einen Gig auf einer
Metal-Convention in Kalifornien für Dream Theater gespielt, aber dabei blieb es
zunächst auch. Es gab die beiden Alben mit Liquid Tension Experiment, und als
sich dann herausstellte, dass sie sich von Derek Sherinian trennen würden, habe
ich den Job schließlich doch noch angenommen.
Aus der Zeit bei den Dregs ging auch das Rudess/Morgenstein
Project hervor, aber bleiben wir noch kurz beim Liquid Tension Experiment.
Beide LTE Alben sind ja wahre Leckerbissen für Fans von instrumentalen
Frickelorgien, aber auch wenn neben Jordan mit John Petrucci und Mike Portnoy
(vierter im Bunde war Bassist Tony Levin) drei Dream Theater - Mitglieder dabei
waren, unterschied sich die Musik doch deutlich vom Sound der Stammband.
Die Liquid Tension Experiment – Stücke basierten zu einer
Hälfte auf Improvisationen und zur anderen auf Kompositionen. Dream Theater
machen eigentlich nichts, was auf Improvisationen basiert. LTE war eine Art
Schmelztigel – nimm etwas von den jeweiligen Musikern und vor allem das, was
man von einer etablierten Band nicht unbedingt erwartet, und sieh, was dabei
herauskommt. Wenn jetzt die gleichen Leute für Dream Theater Songs schreiben,
dann sind auch andere Dinge dabei zu berücksichtigen. Da ist eine Band mit
einer Geschichte, mit einer Reihe von veröffentlichten Alben, da passen
bestimmte musikalische Dinge eben nicht dazu.
Fakt ist, dass Jordan Rudess zu Dream Theater passt. Das hat
er auf „Scenes From A Memory“ deutlich gezeigt. Und plötzlich steht nun auch er
deutlich mehr im Rampenlicht....
Es ist in einer gewissen Weise schon so, als ob sich mir
plötzlich viele neue Möglichkeiten auftun. Viel mehr Leute kennen mich, die
Medien nehmen mehr Notiz von mir. Auch mein Lebensstil wurde beeinflusst. Eine
Tour für ein Jahr – so etwas hat es vorher nicht gegeben. Allerdings hat mich
dies alles nicht völlig unvorbereitet getroffen. Bevor ich ein festes Mitglied
bei Dream Theater wurde, habe ich die Jungs ja schon gekannt und auch schon mal
bei diesem einen Gig ausgeholfen.
Die Mitglieder von Dream Theater haben ja mittlerweile alle
ihre Ventile gefunden, wenn sie mal kreativen Dampf ablassen müssen, der zur
Band nicht richtig passen mag. Und so entstehen neben Bands und Projekten wie
Transatlantic, Platypus oder Mullmuzler auch Soloalben wie „Feeding The Wheel“.
Die Idee zu diesem Album entstand nach der letzten Dream
Theater – Welttournee. Ich erhielt einen Anruf vom Magna Carta – Boss, und der
fragte mich, ob ich nicht ein Soloalbum
für sein Label machen wollte. Ich war mir erst nicht sicher, ich war ziemlich
müde und ausgebrannt von der Tour. Es klang zwar verlockend, aber ich wusste
nicht, ob ich genügend Energie dafür aufbringen würde. Ich sprach mit meiner
Frau darüber, und sie sagte, ich müsse es unbedingt tun. Es hatten sich ja auch
während der letzten Jahre – egal ob mit den Dregs oder mit Dream Theater – eine
Mengen Ideen angesammelt, die noch nirgends verarbeitet würden. Es ist ein
ausgesprochen kreativer Prozess, in einer Band zusammen Songs zu schreiben.
Jemand hat eine Idee, sie wird aufgenommen und weiterentwickelt und am Ende
entsteht ein kompletter Song. Aber natürlich passiert es auch, dass nicht alle
eigene Ideen, in das Konzept der Band passen. Es war also nicht nur unter
kommerziellen Aspekten ein guter Zeitpunkt für ein Soloalbum, sondern auch
unter künstlerischen. Ich hatte mich schließlich eine ganze Weile nicht
ausschließlich auf mein eigenes Material fokussiert. Aber dafür habe ich ja die Solo-Alben!
„Feeding The Wheel“ ist eine Art instrumentales Konzeptalbum
geworden, deren einzelne Songs von der symbolischen Wirkung des Rades
inspiriert wurden.
Das Symbol des Rades steht für eine spezielle
Lebensauffassung, die ich mir zu eigen gemacht habe. Ich bin der Auffassung,
dass wir Menschen zu einem Großteil in der Lage sind, unser Schicksal selbst zu
bestimmen. Unsere Lebensweg ist wie die Bewegung eines Rades, und alles was wir
tun, treibt dieses Rad in eine bestimmte Richtung. Für den Hörer haben
Instrumental- Alben natürlich keinen so direkten Bezug zu den Ideen, auf denen
sie beruhen. Das lässt natürlich viel mehr Freiraum für ihre Fantasie. Ich habe
aber durch die gesprochenen Worte am Anfang des Albums und durch kleine
Statements zu den Songs im Booklet in einer gewissen Weise eine
Interpretationsweise vorgegeben – wenn auch nicht so, dass der Hörer jetzt
genau weiss, was ich mir wie gedacht habe.
Für „Feeding The Wheel“ konnte Jordan ein Reihe von
Gastmusikern verpflichten, neben alten Bekannten trifft man aber auch auf neue
Namen.
Die Gastmusiker auf dem Album sind zum einen Freunde von
mir, auf der anderen Seite Leute, mit denen ich schon immer mal gemeinsam
musizieren wollte. Es sind aber einige noch ziemlich unbekannte Künstler dabei.
Peter Ernst zum Beispiel ist ein deutscher Gitarrist. Ich traf ihn in New York
und war von seinem Spiel so begeistert, dass ich ihn fragte, ob er an dem
Projekt mitarbeiten wollte. Eugene Winter ist Cellist für Paul Winter, der ja
für seine Musik auch schon einen Grammy bekam. Er nennt seine Musik „Earth
Music“, es ist ziemlich jazzig. Ich habe für Paul Piano gespielt und daher
kenne ich Eugene. Über Leute wie John Petrucci oder Steve Morse muss man nicht
viel sagen, es war schön nach den Dregs mit
Steve mal wieder zu arbeiten. Was Terry Bozzio angeht, so kannte ich ihn
vorher noch nicht persönlich, bin aber schon lange ein großer Fan von seinem
Schlagzeugspiel. Über Magna Carta kamen wir nun zusammen. Auch Billy Sheehan
wurde durch das Label ins Spiel gebracht. Zunächst wollte ich ohne Bassist
auskommen, aber die Leute sagten, wie kann man ein Rockalbum ohne Bassisten
machen? So spielt nun Billy auf einem Track den Bass.
Sicher eine richtige Entscheidung, genau wie die, zu diesem
Zeitpunkt ein Soloalbum zu veröffentlichen. Wer weiss schon, wann Jordan wieder
dazu kommen wird, eigenes Material aufzunehmen. Wir wissen ja, wie das läuft,
zum neuen Album von Dream Theater kommt die nächste Welttournee. Aber
vielleicht gibt es ja danach wieder einen Anruf von Magna Carta.