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Salem Hill: Bald mehr als ein Geheimtipp für Proggies

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

"Not Everybody’s Gold" heisst die im letzten Jahre erschienene aktuelle CD der amerikanischen Band SALEM HILL, ein Album, dass die Band deutlich weiter noch vorne brachte und Anlass genug, sie in unserem Magazin etwas näher vorzustellen.

Renald Mienert unterhielt sich mit Bandgründer Carl Groves, der in der Band Gitarre spielt und auch für die Vocals verantwortlich ist.

SALEM HILL gibt es bereits seit Ende der Achtziger. 1992 veröffentlichte man ein erstes Album, zwei Jahre später das nächste. Beide Alben erscheinen seinerzeit lediglich auf Kassette und erregten kaum größeres Interesse. Das änderte sich mit "The Robbery Of Murder", einem Konzeptalbum, das 1995 ebenfalls zunächst auf Kassette veröffentlicht wurde. Die erste CD der Band war dann "Catatonia", ebenfalls ein Konzeptalbum aus dem Jahre 1997. Ein Jahr später dann wurde "The Robbery Of Murder" auf CD nachgeschoben. Beide CD’s sind thematisch gesehen starker Tobak. "The Robbery Of Murder" erzählt die Geschichte eines Jungen, dessen Vater bei einem Autounfall stirbt. Der Verursacher ist betrunken, und der Junge sinnt auf Rache. Später treffen beide aufeinander, und es stellt sich die Frage nach dem Sinn von Vergeltung. "Catatonia" erzählt die fiktive Geschichte eines Mannes, der nicht träumen kann. Statt dessen kann er sich in eine Art katatonischen Zustand versetzen, in dem er diverse Traumwelten besuchen kann. Das Problem ist nur, je mehr er solche Ausflüge unternimmt, je schwerer wird es ihm zurückzukehren. Da ihn das alltägliche Leben aber mehr und mehr anwidert, entschließt er sich schließlich, erneut nach Catatonia zurückzukehren, dieses Mal jedoch für mit der Gewissheit, dass es für ihn keine Wiederkehr gibt. Beide Alben sind sehr emotional und kommen weitestgehend ohne die für die Progszene üblichen Frickeleien aus. Emotional ist "Not Everybody’s Gold" auch, allerdings kommen jetzt auch Frickel-Freaks auf ihre Kosten. Doch bis das Album im Kasten war, verging wieder einmal mehr Zeit, als eigentlich geplant.

Wir haben die Situation einfach unterschätzt. Bislang haben wir für unsere Alben immer etwa fünf Monate gebraucht. Nachdem wir dieses Mal drei Monate für die Proben benötigten, gingen wir anschließend ins Studio. Wir wussten, dass es etwas länger als sonst dauern würde. Früher nahmen wir zuerst die kompletten Drums auf, fügten dann den Bass dazu und so weiter. Aber das waren Konzeptalben, und jetzt wollten wir jedem Song ein ganz bestimmtes Gefühl geben, also haben wir die Songs einzeln aufgenommen. Die Bandmitglieder leben auch verhältnismäßig weit voneinander entfernt, und dieses Mal war es besonders schwierig, immer zusammen zu kommen. Außerdem gab es noch Probleme, bis die Druckerei dass Artwork so auf die Reihe brachten, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Das erste Mal auf einem SALEM HILL Album zu hören ist der Keyboarder Michael Ayers. Zuvor hatte Carl auch die Keyboardparts übernommen.

Ich hatte einfach die Nase voll, dass ich die meiste Zeit mit den Keyboards beschäftigt war. Darüber hinaus kann uns Michael Dearing live nur gelegentlich unterstützen, da er noch in einer anderen Band spielt, Wir brauchten einfach noch ein paar Hände, also haben wir Michael Ayers im Sommer 1998 in die Band geholt.

Verglichen mit den Vorgängern gibt sich das neue Album deutlich abwechslungsreicher und progressiver. Kalkül jedenfalls steckt keines dahinter.

Wir machen was wir machen. "Riding The Fence" oder "We Don’t Know" sind einfach nur Rocksongs und "The Last Enemy" könnte genausogut von den beiden letzten Alben sein. Und was den Longtrack "Sweet Hope Suite" angeht, so wollte ich mich einmal mehr durch die Musik ausdrücken. Bisher achteten wir eigentlich immer sehr auf das Gleichgewicht zwischen Musik und Texten. Ich würde ohnehin eher sagen, dass neue Album ist nicht progressiver, sondern einfach nur anders.

Schon bei "The Robbery Of Murder" arbeiteten SALEM HILL mit dem Kansas-Geiger David Regsdale zusammen, eine Kooperation, die auf dem aktuellen Album wiederholt wurde.

Wir trafen uns 1997, nachdem unser Manager MB Sheppard David hinsichtlich des ProgDay97 kontaktierte. Wir waren bestätigt, und David brauchte eine Band. MB sorgte dafür, dass ich in seiner Band Gitarre spielen konnte, und von da an entwickelte sich eine feste Freundschaft. Wir haben die gleichen was die Musik und das Geschäft angeht, und als ich ihn bat, auf unseren Alben mitzuspielen, willigte er ein.

Widmen wir uns einzelnen Songs des neuen Albums.

"Riding the Fence" ist ein Song über die Feigheit, sich um Entscheidungen zu drücken, musikalisch wollte ich ausdrücken, wie schnell Dinge sich ändern können, wenn man einfach immer nur da sitzt und zuschaut, wie das Leben an einem vorbeigeht. "The Last Enemy" beschreibt den Sieg über den Tod, "We Don’t Know" beschreibt zwischenmenschliche Beziehungen, speziell wie unvollkommen unser Verständnis von Liebe ist. Bei "Sweet Hope Suite" dreht sich alles um eine spirituelle Suche, ein stark religiös geprägter Song. Die Gitarre steht für diesen Funken, den Gott in unsere Herzen bringt. . Dieses Motiv zieht sich durch den ganzen Song und tritt immer wieder auf. Diese Suche dauert sehr lange, und die Antworten, die man findet, werfen oft nur neue Fragen auf.

Eine Frage, die sich auch SALEM HILL stellte, war die Frage nach dem Label. Immerhin gelang es der Band dank "The Robbery Of Murder" bei dem britischen Proglabel Cyclops zu signen. Besagtes Album gab es dort mit einem Bonustrack. Aber nicht immer bedeutet ein Labeldeal auch in jedem Fall einen Vorteil.

Was das Artwork angeht, so ist die Druckqualität bei der Cyclops-Version leider nicht so gut wie unsere, sonst gibt es keinen Unterschied.

Aber immerhin plant Cyclops jetzt die Veröffentlichung der beiden ersten SALEM HILL Alben auf CD. Parallel dazu hat Carl Groves gerade sein erstes Soloalbum veröffentlicht. Wir werden also von der Band auch zukünftig noch einiges erwarten können.


© 06/2001 Renald Mienert
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