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Rockenfied/Speer: Es geht auch ohne Frickelei

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Instrumentalalben sind oft geprägt von purer Selbstverliebtheit – auch wenn es natürlich keiner zugibt. Trotzdem hat man häufig des Gefühl, es ginge den Künstlern überhaupt nicht darum, Songs zu schreiben, sondern dem Hörer – und vor allem den Kollegen – zu demonstrieren, wie technisch versiert man doch ist. Scott Rockenfield – den meisten Lesern sicher bekannt als Drummer von Queensryche – und Paul Speer beweisen mit "Hells Canyon" dass es auch anders geht.

Renald Mienert fragte Paul Speer nach Einzelheiten.

Paul Speer ist einer der Künstler, die eher im Hintergrund agieren. Dabei hat er schon als Kind angefangen, gemeinsam mit seinen Geschwistern in einer Band zu spielen – damals war er gerade mal elf Jahre alt. Später verschlug es den in Idaho geborenen Künstler noch Los Angeles, wo er seine Liebe zum Job eines Produzenten entdeckte. Gerade auf diesem Gebiet hat Paul es zu einer wahren Perfektion gebracht, die sich in zahlreichen Auszeichnungen widerspiegelt – aber darüber hinaus wird er auch immer wieder als Musiker aktiv, und das nicht weniger schlecht, wie "Hells Canyon" zeigt.


Meine Heimat ist nicht weit entfernt vom Hells Canyon. Als ich diesen Ort einmal besuchte, wurde mir so richtig bewusst, wieviele historischer Ereignisse mit diesem Platz verknüpft sind und diese Erkenntnis inspirierte mich. Ich sprach mit Scott über die Idee für dieses Album – über diese Legenden und Geschichten - und ihm gefiel sie auch.

Aber "Hells Canyon" ist nicht die erste Zusammenarbeit dieser beiden Künstler.

Ein Freund machte uns 1993 miteinander bekannt, das war in Seattle während eines Konzertes von Tangerine Dream.

Kurz danach gab Scott Rockenfield einen Gastauftritt auf Pauls Album "Bridge Of Dreams", das Paul gemeinsam mit David Lanz aufgenommen hatte, einem anderen langjährigen Freund. Aber dabei sollte es nicht bleiben. Es folgte "Televoid", der Soundtrack für eine Computeranimation, die prompt für den Grammy nominiert wurde. Das war 1998, und ein Jahr später begannen die Arbeiten zu "Hells Canyon"

Alle meinen vorherigen Alben waren instrumental, und Scott wollte schon immer ein solches Album machen. Wir waren also das ideale Team. Wir hatten ohnehin sehr schnell festgestellt, dass jeder die Musik des anderen mochte und wurden sehr schnell sehr gute Freunde. Man kann wirklich sagen, dass jeder von uns den gleichen Anteil an diesem Album hat – es handelt sich um absolutes co-writing. Natürlich bringt gelegentlich der eine die Ausgangsidee, aber von diesem Punkt an ist es wirklich Teamwork. Wir saßen oft einfach nur da und jammten. Manches was dabei herauskam, war wirklich gut, aber natürlich verwarfen wir auch viel.

Doch auch bei absoluten Profis klappt nicht immer alles.

Die Arbeit mit Scott ist wirklich eine unglaubliche Erfahrung für mich, wir habe einen ähnliche Geschmack und können uns gegenseitig anspornen. Es hat aber recht lange gedauert, bis das Album schließlich im Kasten war. Zum einen hat jeder von uns noch andere Verpflichtungen einzuhalten, aber vor allem hat es daran gelegen, das ich mit dem ersten Mix nicht zufrieden war, also gab es einen Remix des ganzen Albums.

"Hells Canyon" wurde zunächst als Eigenproduktion nur über das Internet vertrieben, wird jetzt aber in Europa mit neuem Artwork über das holländische Laben Bee & Bee Records vertrieben.

Die Sache war denkbar einfach. Wir suchten Progressive Rock Websites aus dem Internet und schickten ihnen Promotionmaterial. So gelangte eine CD auch an Dolores und Wouter von Bee & Bee. Sie nahmen sehr schnell Kontakt zu uns auf und schlugen uns einen Europadeal vor. Ihnen gefiel unser Album einfach und sie zeigten sich sehr kooperativ.

Auch wenn Paul und Scott sehr vielbeschäftigte Leute sind – Paul produziert im Durchschnitt acht bis zehn Alben im Jahr – so wird es definitiv noch weitere gemeinsame Projekte geben – Soundtracks wären eine der Möglichkeiten. Und man hofft sogar, auch einmal gemeinsam live auftreten zu können. Geprobt hat man jedenfalls schon.


© 06/2001 Renald Mienert
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