progressive Interview , progressive band talk Pendragon: Zurück nach fünf Jahren |
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Interview |
Lange mussten die Fans auf den Nachfolger zu "The Masquerade Ouverture" warten, doch jetzt steht "Not Of This World" in den Läden. Die Band ist ihrem Stil treu geblieben, und hat genau das Album abgeliefert, das die Fans haben wollten: Überlange Neoprogsongs, verpackt in einem wunderschönen Artwork.
Renald Mienert unterhielt sich mit Nick Barrett.
Für mich ist das neue Album ein absolut typisches Pendragonalbum geworden. Ihr setzt damit den Stil fort, den ihr seinerzeit mit "The World" (1991) begonnen habt. Aber das war ja nicht euer erstes Album, davor gab es – was offizielle Studioalben angeht - 1985 "The Jewel" und 1988 "Kowtow". War "The World" ein Meilenstein für euch?
Ich stimme dir absolut zu. Als wir "The World" aufnahmen, war das für uns der Beginn einer neuen Ära. Die Achtziger waren eine sehr schwierige Zeit für uns. Es gab einige Veröffentlichungen von uns, die musikalisch unterschiedliche Richtungen einschlugen., es gab Problem was die Plattenfirmen betraf. Wir standen praktisch vor dem Nichts, wir hatten keinen Plattenvertrag, aber so konnten wir wenigstens frei von jedem Druck ein Album produzieren – so entstand "The World". Erstaunlicherweise wurde das Album für uns dann auch kommerziell sehr erfolgreich, man kann es fast eine "Wiedergeburt" nennen.
Ihr standet ja damals kurz vor einem Majordeal. Warum hat es schließlich doch nicht geklappt?
Wir hatten damals für unsere Musik durchaus beachtliche Verkaufszahlen. So gelang es uns, immerhin ein wenig Interesse bei EMI zu erwecken, wenn auch nicht übermäßig viel, so reichte es aber doch aus, dass sie uns die Produktion eines Demos finanzierten. Aber als wir damit fertig waren und das Produkt EMI vorstellen wollte, hatte derjenige, der die Aktivität ausgelöst hatte, EMI schon wieder verlassen. Und sein Nachfolger hatte mit Pendragon nichts mehr am Hut. Aber das war nur eine Station in einer ganzen Reihe von unglücklichen Umständen in den Achtzigern.
Eines der Markenzeichen von Pendragon sind auch die Cover von Simon Williams, mit dem ihr ebenfalls seit "The World" zusammenarbeitet. Wie kam es dazu?
Ich war auf der Autobahn unterwegs und hielt an einer Tankstelle. Heute verkauft man dort ja alles mögliche, auch CD’s. Ich entdeckte eine CD mit dem Titel "The Classic Experience" und das Artwork war einfach umwerfend, ähnlich etwa dem der frühen Marillion-Alben. Dieses Album war ebenfalls bei EMI erschienen und so rief ich dort an und fragte nach der Telefonnummer des Künstlers. So kamen wir zusammen. Simon ist einer der professionellsten Künstler, mit denen ich jemals zusammen gearbeitet habe und seit dieser Zeit hat er für alle unsere Alben das Artwork gestaltet. Die Bilder entstehen exklusiv für unsere Alben. Ich gebe ihm die Ideen unserer Songs vor, und er zeichnet sie dann.
Auch wenn die meisten eurer Fans sicher in Europa Zuhause sind, so haben euch Tourneen doch auch nach Übersee geführt. Wie kamt ihr dort an?
Südamerika lief für uns wirklich sehr gut. Das Publikum ist sehr leidenschaftlich, vergleichbar mit dem Menschentyp am Mittelmeer. Was Nordamerika angeht, so ist die Situation dort eine andere. Meine persönliche Meinung ist, dass das Publikum dort die Musik mehr unter dem spieltechnischen Aspekt betrachtet und nicht so sehr nach dem emotionalen.
Eure Veröffentlichungspolitik ist nicht immer ganz leicht nachzuvollziehen. Es gibt verhältnismäßig viele Livealben, darüber hinaus erschienen vor dem neuen Album diverse unterschiedliche Versionen von "The Masquerade Ouverture", zwei Raritätenalben...
Wenn man ein unabhängiges Label betreibt, muss man sich auch auf die finanziellen Aspekte konzentrieren. Solche Veröffentlichungen sind einfach nötig, um das nächste Studioalbum zu produzieren. Es gab ja auch eine große Lücke zwischen dem letzten und dem aktuellen Studioalbum. Es gab also nichts neues, was wir veröffentlichten konnten, aber wir wollten den Fans schon zeigen, dass es uns noch gibt. Also haben wir diese Raritäten-Alben herausgebracht, IQ hatten es ja auch getan, und es lief sehr gut. Allerdings gebe ich zu, dass ein Teil des Materials wirklich schrecklich ist –aber es ist nun mal ein Teil unserer Geschichte.
Und eine Best Of gab es auch noch....
Diese Compilation war hauptsächlich für die Länder gedacht, in denen wir unsere Fangemeinde noch vergrößern wollten – in den USA, Brasilien, Argentinien oder Polen. Sie sollte sich aber von den übrigen Veröffentlichungen abheben, weil wir den Markt zum Beispiel in Deutschland nicht zu sehr strapaziern wollten. Uns war natürlich immer bewusst, dass die Fans ein neues Studioalbum haben wollten, und keine Best Of.
Und die haben sie nun endlich. Aber warum hat es solange gedauert?
Nach "The Masquerade Ouverture" sah alles bestens aus. Das Album verkaufte sich gut, wir gingen auf Tour. Aber danach begannen die Probleme in meiner Ehe. Ich hatte natürlich von viele Leuten gehört, wie man sich dabei fühlt, aber es ist etwas völlig anderes, davon zu hören, als es selbst zu erleben. Jedenfalls dauerte es lange, bis die Trennung endlich vollzogen war und es kamen sehr viele Emotionen mit ins Spiel. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese zu verarbeiten – entweder du schlägst jemandem ins Gesicht, oder du schreibst ein Album.
Du hast ein Album geschrieben, und sicher bist du überzeugt davon, dass es dein bestes ist!
Es ist natürlich immer schwierig als Künstler über ein eigenes Album zu urteilen. Ich bin aber sicher, dass das neue Album viel öfter und intensiver gehört werden muss, bis die Hörer es wirklich verstehen können. In diesem Album stecken viel mehr wirkliche Gefühle als in den vorhergegangenen.
Zum Abschluss noch eine Frage zu Clive Nolan. Clive ist es ja normalerweise gewohnt, in einer Band den Ton anzugeben. Gibt es da nicht manchmal Probleme, da ja bei Pendragon eindeutig du das Sagen hast?
Ich glaube, er empfindet das im Gegenteil als sehr angenehm. Wenn du normalerweise in einer Position bist, in der du für vieles die Verantwortung trägst, da ist es doch auch mal sehr entspannend, wenn ein anderer dir dies abnimmt. Es war nie ein Problem bei Pendragon, dass ich für die Musik und Texte von Pendragon verantwortlich bin. Die anderen Bandmitglieder haben ihre eigenen Wege gefunden, ihre Kreativität auszuleben.