progressive Interview , progressive band talk Kip Winger: Auf Solopfaden |
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Interview |
Kip Winger wurde 1961 in Colorado geboren und begann sich sehr früh für Rockmusik zu interessieren. Bereist mit acht Jahren gründete er gemeinsam mir seinen Brüdern und einem Freund aus der Nachbarschaft seine erste Band und begann 1976 klassische Gitarre zu studieren. Er lernte den Produzenten Beau Hill kennen, aber mit einer eigenen Band oder Solokarriere wollte es lange Zeit nicht klappen. Statt dessen arbeitete Kip gelegentlich für andere Künstler, am wichtigsten hier wohl seine Arbeit als Bassist für Alice Cooper. Ende der Achtziger hatte er es endlich geschafft. Die Band "Winger" – man hatte sich auf keinen besseren Namen einigen können und der Vorschlag sich einfach "Winger" zu nennen kam von Alice Cooper – war geboren. Man veröffentlichte bis 1991 drei Alben, tourte mit den Scorpions oder Kiss und erntete Goldene Schallplatten. Dann kam Grunge und damit wie für viele andere Hard-Rock-Bands auch das Aus für Winger. Kip zog nach Sante Fe, baute sein eigenes Studio auf und veröffentlichte schließlich "THISCONVERSATIONSEEMSLIKEADREAM" im Februar 1997. Es folgte eine Akustik-Tour, deren positive Resonanz zur Produktion des Albums "Made By Hand" führte. Und jetzt liegt "Songs From The Ocean Floor" vor, ein sehr emotionales Album, in dem Kip vor allem den tragischen Tod seiner Frau verarbeitet. Schade, dass ein so großartiges Album vor einem solchen Hintergrund entstehen musste.
Wie kam es zu dem musikalischen Wechsel von dem klassischen Hard Rock Wingers hin zu deinen Soloalben, die damit ja nichts mehr zu tun haben?
Ich empfinde es eigentlich gar nicht als eine so drastische Wandlung. Schon bevor ich für Alice Cooper spielte hatte ich eigene Songs geschrieben. Als dann Schluss mit Winger war, bewegte ich sozusagen wieder zu meinen Wurzeln zurück und gleichzeitig vorwärts, experimentierte mit neuen Einflüssen und ähnliches. Wenn man auf die harten Gitarren verzichtet, dann klingt das Ergebnis völlig anders, obwohl die Songs von Winger und meinen Solo-Alben eigentlich gar nicht wesentlich unterscheiden. Würde ich heute noch mit solch heavy Gitarrensounds arbeiten, die Sachen würden so klingen wie bei Winger.
Hätte es die Grunge-Welle nicht gegeben, gäbe es Winger dann immer noch?
Diese Frage kann ich wirklich nicht beantworten. Es wäre sicher falsch, alles auf die veränderte Situation in der Rockszene zu schieben. Fakt ist, dass ich immer daran dachte, als Solist zu arbeiten.
Dein neues Album erscheint bei Frontiers, einem Label das spezialisiert ist auf Melodic Rock. Mit Winger wärst du hier sicher bestens aufgehoben, aber mit deinem Solomaterial?
Das stimmt schon, aber der Boss von Frontiers liebt das neue Album und er wollte es unbedingt veröffentlichen. Ich habe bemerkt, dass er wirklich verstanden hat, welches Gefühl hinter meiner Musik steckt. Du findest nicht unbedingt viele Label, die heute noch Interesse an solcher Musik haben.
Du warst mit der Band Winger ja wirklich sehr erfolgreich. Mit deinen Soloalben wirst du was die Verkaufszahlen angeht wohl deutlich schlechter abschneiden. Ein Problem für dich?
Unter solchen Gesichtspunkten arbeite ich nicht. Ich schreibe kein Album mit dem Ziel einen wirklich großen Hit zu landen. In dem Genre, in dem ich mich musikalisch bewege, ist es ohnehin nahezu ausgeschlossen, einen weltweiten Charterfolg zu landen.
Gibt es nicht viele Leute, die von dir eigentlich Material hören möchten wie zu Winger-Zeiten?
Man muss das neue Album einfach mehrmals hören. Ich habe noch keinen getroffen, der es einmal gehört hat, und die Musik auch wirklich schon verinnerlicht hatte. Aber die Reaktionen die ich bekomme, sind wirklich gut. Und auch die Leute, die sich WINGER wieder wünschen, hoffen doch gleichzeitig, dass ich auch mit meiner Solokarriere weiter mache. Man hofft natürlich, dass die Leute das Album verstehen, aber was nutzen zum Beispiel die besten Kritiken, wenn man zu sich selbst nicht ehrlich war, und Dinge schrieb, die sich zwar verkaufen mögen, aber hinter denen man nicht steht.
Warum der Entschluss für ein eigenes Studio?
Ich experimentiere sehr viel. Ich habe für dieses Album 18 Monate gebraucht. Hätte ich für diese Zeit ein Studio mieten müssen, es wäre unbezahlbar gewesen.
Du arbeitest erneut mit Gitarrist Andy Timmons (u.a. Ex – Danger Danger) und Drummer Rod Morgenstein zusammen-
Ich kenne Andy Timmons schon sehr lange, er ist der Freund meines ehemaligen Gitarristen bei Winger. Ich bin ein großer Fan seines Gitarrenspiels und so war es für mich ganz natürlich auch jetzt wieder mit ihm zusammen zu arbeiten. Ich brauchte jemand, der verschiedene Stile beherrscht und der auch Noten lesen kann, und all das traf auf Andy zu. Rod ist ein technisch absolut versierter Drummer. Mit ihm kannst du viele Dinge machen, die andere einfach nicht können.
Wofür steht der Titel des aktuellen Albums?
Der Titel steht als Symbol für etwas, was aus dem Tiefsten deiner Seele kommt. Ein Walfisch, der abtaucht und für Stunden alles hinter sich lassen kann. Die Songs auf dem neuen Album sind alle sehr persönlich, und der Albumtitel sollte ausdrücken, wie sehr ich in mein Innerstes dringen musste, um sie überhaupt schreiben zu können.
Du scheust dich aber auch nicht vor neuen Technologien und setzt zum Beispiel bei einem Song einen Drum-Loop ein.
Ich liebe diesen Drum-Loop von "Sure Was A Wildflower". Peter Gabriel mach so etwas seit Jahren, arbeiten mit Loops und parallel dazu mit einem Drummer. Es ist einfach eine gute Möglichkeit, bei Songs eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen.
Bei einigen Texten hattest du einen Co-Writer. Ist das nicht ein Widerspruch, besonders wenn man sehr persönliche Songs schreibt?
Noble Kime ist mein Cousin. Ich hatte einfach an bestimmten Stellen das Gefühl, mit den Texten alleine nicht weiter zu kommen. Wir sind zusammen aufgewachsen und so ist es natürlich ziemlich einfach für ihn, auch genau die passenden Worte zu finden. Es war also nicht so, dass ich hier mit einem völlig Fremden gearbeitet hätte. Aber die persönlichsten Stücke – wie zum Beispiel "Two Lovers Stand" oder "Only One World" habe ich schon komplett alleine geschrieben, einschließlich der Texte.
Auf deinem neuen Album gibt es auch orientalische Einflüsse?
Es war nach dem Tod meiner Frau. Ich hielt mich in Berlin auf, es war Dezember und sehr kalt und ich musste einfach irgendwo hin, wo es wärmer war. Ich wählte Ägypten, wo ich schon immer einmal hin wollte, auch wenn es in dieser Situation eher ungewöhnlich war, aber es hat sich als eine gute Entscheidung herausgestellt. Als Musiker wird man dann natürlich auch von der einheimischen Musik beeinflusst.
Was sind deine nächsten Projekte?
Wir arbeiten momentan sehr intensiv an einer Winger – Reuinion im Sommer. Es ist zwar noch nicht endgültig, aber die Chancen stehen nicht schlecht. Wir könnten zunächst einige Gigs absolvieren, eine Live-Scheibe veröffentlichen und dann ins Studio gehen.
Discographie
1987 - Winger: Winger (Sahara)
1991 - Winger II: "In the Heart of the Young"
1993 - Winger: "Pull"
1997 - Kip Winger: "This Conversation Seems Like a Dream"
1998 - Kip Winger. "Made by Hand" (Europe), "Another Way" (Japan), "Down Incognito" (U.S.)
2000 - Kip Winger: "Songs From the Ocean Floor"