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Five Fifteen: Der Clown ist tot !

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Das fünfte Album von Five Fifteen trägt den Titel "Death Of A Clown" und ist ein Konzeptalbum. Und ich muss gestehen, die CD zählt momentan zu meinen absoluten Favoriten. Die Mischung aus klassischem Hardrock und wunderschönen Balladen im Stil der Siebziger Jahre läuft vom ersten bis letzten Song sauber durch und überzeugt außerdem durch intelligente Texte. Höchste Zeit, die hierzulande noch recht unbekannte Band etwas genauer vorzustellen.

Renald Mienert sprach mit Bandleader Mika Järvinen.

Five Fifteen aus Finnland gibt es schon seit etwa 1986. Mika erinnert sich:

In dieser Zeit wechselten wir noch unseren Bandnamen fast monatlich. Aber wir veröffentlichten dann recht bald unsere ersten Singles und EP’s in Finnland, die hierzulande sogar ziemlich erfolgreich war. Und das lustigste daran: Wir sangen finnisch! Es passte zwar nie so richtig zu unserer Musik, aber die Plattenfirma hatte diese Idee. Da der Erfolg aber so groß dann doch nicht war, stiegen wir später auf englisch um.

Von Anfang an gehörte auch Keyboarder Pate Kivinen zur Band, den Mika schon aus der Schule kannte, ansonsten kann man wohl kaum von einem konstanten Line-Up sprechen, zumal es seit dem vierten Album "Six Dimension Of The Electric Camenbert" erneut zwei Wechsel im Line Up gab. Aber soweit sind wir noch gar nicht. Der Name der Band stammt aus dem Song gleichen Namens aus dem Album "Quadrophenia" von "The Who" und wurde zunächst nur in Ziffern geschrieben.

Der Wechsel neben den Ziffern auch die Buchstaben zu verwenden kam etwa zur gleichen Zeit, als wir mit dem Singen in Englisch begannen. Die Idee hinter den Zahlen war ja die, dass man sie in jeder beliebigen Sprache aussprechen konnte. Der Bandname kommt übrigens von einem Song der Who. Aber immer wenn wir Gigs gemeinsam mit anderen Bands spielten, von mir aus in Clubs in Helsinki, dann sah es immer so aus, als wären mit 5:15 nicht wir gemeint, sondern die Anfangszeit einer der anderen Bands. Es hat eben nicht funktioniert. Es waren eben eher praktische Gründe, außerdem sieht es mit Buchstaben im Logo besser aus.

Bis zum ersten Album vergingen dann aber doch noch einige Jahre, "Progressive Hardrock Beyond The Mainstream" erschien 1994.

Man sollte immer ausreichend üben, bevor man ein Album veröffentlicht. Es gibt Tonnen von Tapes aus dieser Zeit. Ich kenne Bands, die haben über dreihundert Gigs gespielt, bevor sie an das Veröffentlichen ihres Materials dachten. Aber irgendwann ist dann der Zeitpunkt gekommen und dann geht es ziemlich schnell. Das erste Album ist immer ein ziemlicher Kraftakt, aber es muss gemacht werden! Und jetzt sind wir schon beim fünften! Die ersten vier Album erschienen bei Bluelight Records, einem finnischen Label zu dem wir heute noch guten Kontakt haben. Aber die Leute sind nicht die Experten für unsere Musik, sondern mehr für den klassischen 50er-Jahre Rock’n’Roll. Bei einem Festival kam dann der Kontakt zu Record Heaven zustande, die musikalisch deutlich mehr auf unserer Wellenlänge sind. Außerdem ist es praktisch mit einem Label aus Schweden, da wir hier recht oft unterwegs sind. In Finnland haben wir praktisch alles abgegrast, es wurde Zeit den Blickwinkel zu erweitern.

Der Vollständigkeit halber hier noch die Titel des zweiten und dritten Albums, die da wären "Armageddon Jam Session Number Four" (1995) und "Psychedelic Singalongs For Stadiums" (1997). Das schon erwähnte vierte Album existiert mittlerweile in drei verschiedenen Versionen.

Die erste Version gab es als Doppel-CD. Wir sind definitiv eine Liveband, es ist eine andere Welt, wenn du auf der Bühne stehst, so ähnlich wie es bei The Who war, die waren auf der Bühne auch wie eine andere Band. Jedenfalls enthielt die erster Version des Albums eine Live-CD. Die zweite Version ist dann die einfache CD, aber mit komplettem Artwork. Record Heaven schließlich wollten ein Album mit mehr Musik, sie haben nochmals das Artwork verändert und Songs von den Singles mit dazugepackt. Was mich angeht, die "echte" Version ist die erste, die mit dem Live-Album. Aber davon wurden nur 500 Kopien für die Hardcore – Fans in Finnland gepresst.

 

Auf den meisten der ersten Studioalben gibt es versteckte Bonustrax, die häufig recht verrückt sind, so einen Song über Aliens auf der Suche nach Elvis oder Konversation über Eishockey.

Solche Hidden-Tracks sind das einzig Gute an einer CD, außer natürlich dem Sound.

Auf eine Besonderheit muss man natürlich noch bei Five Fifteen eingehen, und zwar auf die goldene Bemalung von Gesicht und Oberkörper, wenn Mika live spielt.

Irgendwie gehört es ja auch zu unserem Geschäft, dass man sich für die Gigs in ein besonderes Outfit wirft, auch wenn es für uns nicht so wichtig ist, aber solche Sachen wie etwas cooler aussehende T-Shirts haben wir schon angezogen. Aber irgendwann hat es mich dann gelangweilt, ich habe T-Shirt und Stiefel ausgezogen und nur in den Lederjeans dagestanden. Und dann sah ich den Film Velvet Goldmine, und so kam die goldene Farbe ins Spiel.

Und jetzt also das neue Album "Death Of A Clown". Ein Album das sich zumindest thematisch deutlich von den Vorgängern unterscheidet, keine kilometerlangen Wortspiele mehr, kein ausgeflippter Humor, kein Hidden-Track - sondern ein Konzeptalbum.

Die Geschichte ist sozusagen versteckt. Die Idee ist vergleichbar mit der von solchen Alben wie "Aqualung" oder "Ziggy Stardust". Wenn du aufmerksam genug zuhörst, bildest du dir deine eigene Geschichte. Es ist natürlich nicht die Geschichte einer Prostituierten. Es geht um das Rockbusiness und darüber hinaus geht es auch um die Liebesbeziehungen des Helden. Die Idee zu dem Album hatte ich übrigens auch aus dem Film "Velvet Goldmine". Der Golden Boy macht einen Deal mit dem Teufel, er will einen Nummer 1 Hit, den kriegt er auch, aber nur einen. Bei Konzerten klettere ich immer auf das PA-System, einmal bin ich heruntergefallen. Es war nicht weiter schlimm, ich habe mich nur gefühlt, als hätte mich ein Traktor überrollt. Aber es hätte auch schlimmer kommen können, auch andere verletzen. Iggy Pop hat auf der Bühne alles gemacht, was man nur machen kann, es ist dem Publikum nie genug. Mick Jagger singt in einem Lied: Would it be enough for your teenage heart if i made a suicide on stage? Aber irgendwie ist das auch in Ordnung,, wenn man einen Job anfängt, muss man wissen, auf was man sich einlässt. Um all die Dinge geht es in dem Album, aber es ist keine Story wie "The Wall", wo praktisch alles gesagt wird. Ich wollte der Phantasie des Hörers mehr Spielraum geben.

Die Musik ist sehr stark vom Sound der Siebziger Jahre geprägt – David Bowie, Led Zeppelin, Steve Harley. Aber mit dem Begriff "Retro" hat Mika kein Problem.

Wenn sie das Album mögen, dann ist es mir egal. Wenn es wirklich Retro-Rock ist, dann ist es wahrscheinlich auch gut. Ich liebe die Idee, dass gute Musik auch nach zwanzig Jahren noch interessant sein sollte.

Auf dem Album gibt es auch einen äußerst populären Gastmusiker – Ville Valo von HIM.

Ich habe HIM auf einigen Tourneen durch Finnland begleitet. Wir kennen uns ziemlich gut, Ville hat eine ähnliche Beziehung zur Musik wie wir sie haben und er weiss was es heisst, heute in diesem Job zu arbeiten, er kam eine Nacht zu uns und hat einige Songs mit gesungen. Sein Name mag natürlich den Verkauf des Albums ankurbeln, er hat uns etwas geholfen und es hat obendrein noch Spaß gemacht.

Mit Atte hat die Band jetzt einen neuen Drummer, aber wesentlich schwieriger gestaltete es sich, einen Ersatz für die langjährige Sängerin Marika zu finden.

Marika ist eine sehr gute Sängerin, aber sie hat nun ein Kind und da ist touren natürlich nicht mehr möglich. Wir hatten zwanzig Sängerinnen angesprochen und mit einem Teil davon auch geprobt, bis wir endlich Hanna fanden. Ein Sänger erzählte mir, dass seine Freundin eine ziemlich gute Sängerin sei. Zu der Zeit war auch Ville hier, und ich fragte ihn, ob er sie kenne. Ville kennt nämlich auch so ziemlich jeden hier in Helsinki. Er kannte sie tatsächlich und konnte bestätigen, dass sie einiges drauf hatte. Hanna passt wunderbar zu uns. Meine Idee von Five Fifteen war ohnehin immer in etwa "Alice Cooper meets Abba-Girls". In dem Geschäft ist ja alles andere ohnehin schon gemacht worden, aber diese Idee, die könnte sich verkaufen.

Zu wünschen wäre es der Band!


© 10/2001 Renald Mienert
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