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Metalium: Metal-Krieger in der zweiten Runde

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Sie waren die Metal-Newcomer des Jahres 1999, gerieten dann wegen Streitigkeiten in der Band in die Schlagzeilen und sind jetzt mit neuem Line Up und neuem Album zurück. Renald Mienert sprach mit Bassist LARS RATZ und Sänger HENNING BASSE

"STATE OF TRIUMPH" ist jetzt seit einigen Wochen veröffentlicht, wie sind die Reaktionen?

Also bisher haben 99% aller Leute die wir danach gefragt haben, gesagt, dass die zweite Scheibe noch besser geworden ist als das Debüt. Wir sind freilich auch keinem böse, wenn er es anders herum sieht, weil wir auch nach wie vor voll zum ersten Album stehen. Ich denke, auf der neuen CD sind sowohl Songwriting als auch Produktion homogener ausgefallen. Die Texte sind besser, kurz gesagt, wir sind rundum zufrieden.

Auch auf diesem Album gibt es kompromisslosen Heavy Metal, ohne Schnörkel oder Experimente.

Experimente waren auch nie unsere Absicht. Wir werden zum Beispiel nie anfangen und irgendwelche Jazzparts in unsere Songs integrieren, nur weil wir anders sein wollen. Ich denke unsere musikalische Bandbreite ist schon ziemlich weit, in dem Umfeld, in dem wir uns bewegen geht da gar nicht viel mehr. Von balladesk bis heavy haben wir schon immer alles abgedeckt und so soll es auch sein.

Euer Debüt war ein Konzeptalbum und das aktuelle Album erzählt die Geschichte weiter. Diese Fantasy-Stories im Metal sind ja nun nicht neu, dass man eine Story von Album zu Album fortsetzt ist eher selten. Wird das jetzt so weiter gehen?

Solche inhaltlichen Konzepte sind halt doch immer sehr aufwendig und erfordern eine Menge Zeit. Wir haben so angefangen und werden sehen, wie es weitergeht. Aber wir arbeiten eigentlich immer von Album zu Album und denken nicht so weit voraus.

Nach dem musikalischen Erfolg des Debüts gab es ja erst mal jede Menge Ärger um euren alten Drummer. Doch das Thema scheint ja mittlerweile erledigt zu sein?

Wir stehen nach wie vor zu dem, was wir damals geschrieben haben. Wir sind halt keine Weicheier oder Duckmäuser, die nicht sagen, was sie denken. Dir wäre es sicher nicht anders ergangen, wenn du ein Festival spielen sollst und der Drummer kommt einfach nicht. Und wenn dieser Drummer dann noch anfängt, irgendwelche Geschichten zu erfinden, dann nervt das noch mehr, die Wellen schlagen hoch und so kommt eins zum anderen. Wir haben dann gesagt, OK, von uns kommt jetzt noch dieses eine finale Statement und dann ist Schluss. Der Fan draussen weiss durch die unterschiedlichen Aussagen sowieso nicht, was wirklich Sache ist, also war's das. Machen wir eine neue Platte und beweisen wir den Leuten einfach durch die Musik, was wir können. Hätte man gesagt, ich spiele diese Gigs noch und steige dann aus, wäre ja alles OK gewesen, aber dieser Abgang war alles andere als ehrenhaft.

Sind solche Streitigkeiten eher die Regel oder mehr die Ausnahme im Metal?

Andy Deris, Kai Hansen, D.C. Cooper - da war es doch immer ähnlich. Eine Weile ist das Gerede groß, und dann hat es sich auch schon wieder erledigt. Letzten Endes muss die Musik ohnehin entscheiden.

Worin unterscheiden sich das alte und neue Line Up?

Metalium war nie als Projekt geplant, sondern immer als Band. Allerdings war uns natürlich bewusst, dass für Chris immer Savatage im Vordergrund stehen würde. Es war schon eine recht spontane Geschichte, und als dann klar war, dass wir der erfolgreichste deutsche Metal-Newcomer des Jahren waren und dass die Tour sehr erfolgreich war, stand auch fest, dass wir im Jahr 2000 genauso beschäftigt sein würden, wie im Jahr zuvor. Chris hat natürlich mit dem neuen Savatage - Album genug zu tun gehabt, und stand so dann leider für uns nicht mehr zur Verfügung, aber wir haben mit Jack Frost eine gleichwertigen Nachfolger gefunden, mit dem wir gut klar kommen. Das gleiche gilt für den neuen Drummer Mark Cross, der auch wirklich das Ziel hat, in einer Band spielen zu wollen. Wir sind wie ein Formel Eins Rennwagen, bei dem Reifen und Öl getauscht wurden. Die Tour hat sehr viel dazu beigetragen, dass wir uns alle besser kennen gelernt haben. Wenn man im Nightliner auf engstem Raum zusammen ist, dann weiss man dann schon, wie die Socken von den anderen riechen. Wir sind zusammengewachsen.

Auf euren beiden Alben findet man am Ende eine Coversion....

Ein Großteil der Band spielt ja auch in einer Coverband. Henning in einer Maiden-Coverband, Matthias cover Priest und ich Kiss. Daher sind Coversongs ein ganz normaler Bestandteil unseres Lebens. Was freilich nicht heissen soll, dass es jetzt zwangsläufig auf jedem Metalium-Album einen Coversong geben muss.

Woran liegt es, dass Metal trotz Höhen und Tiefen nicht klein zu kriegen ist?

Ich glaube, das liegt primär an den Fans. Einem Modern Talking - Fan ist es wahrscheinlich egal, wenn die Musik bei einem Konzert Playback ist. Ein Metal - Fan legt großen Wert auf Echtheit, auf das handgemachte. Techno Kids wiederum können nicht verstehen, was manche Leute so geil daran finden, einem langhaarigen, schwitzenden Typen auf der Bühne zuzujubeln, die finden das vermutlich eher eklig. Aber auch wenn die Szene lebt, sie ist trotzdem klein. Geh mal auf eine ganz normale Strasse und frage hundert Leute, sie sollen dir eine Metal-Band nennen, zwanzig sagen Maiden, zehn sagen Priest und drei sagen irgend was anderes und das war es dann auch schon.

Mit wem würdet ihr gerne giggen?

Maiden wäre schon toll, aber wenn ich ehrlich sein soll, so ist mir das ziemlich egal. Am liebsten ist mir eigentlich, wenn die Leute kommen und wollen Metalium sehen, so wie in Paris, wo sechshundert Leute ausgerastet sind.

Was nervt euch am Rockzirkus?

Politik in der Szene und Engstirnigkeit. Ich nenne keine Namen, aber es gibt definitiv Journalisten, die haben Null Ahnung, haben aber durch die Magazine für die sie arbeiten, den Hebel in der Hand. Keiner ist natürlich hundertprozentig objektiv, aber ein guter Journalist sollte sich zumindest darum bemühen. Nimm dir irgendein Magazin und lies die Plattenkritiken durch. Du wirst garantiert etliche finden, wo du sofort merkst, der hatte gar keine Bock, diese Scheibe zu reviewen. Wenn wir Musiker mit dieser Einstellung unseren Job machen würden, dann würden wir nur Schrott produzieren.


© 10/2000 Renald Mienert
DURP - eZine from the progressive ocean
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