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Lana Lane: Der Griff nach den Sternen

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Es ist nicht anzunehmen, dass die Geheimnisse der Astrologie viel dazu beitragen, die Ursachen für den Erfolg der amerikanischen Künstlerin, der zwar in erster Linie immer noch in Japan gegenwärtig ist, mittlerweile aber auch nach Europa überspringt, herauszufinden. Aber Lana selbst sollte es ja eigentlich wissen.

Mitte der Neunziger Jahre wurde man in der deutschen Progszene auf die Rocket Scientists aufmerksam, eine amerikanische Band um Mastermind Erik Norlander. So nebenbei bekam man damals schon mit, daß dieser Erik Norlander der Ehemann von Lana Lane war, und diese wiederum gerade ihre erste Solo-Scheibe "Love Is An Illusion" veröffentlicht hatte. Lana's Musik war deutlich mainstreamiger als progressiv, dennoch wurde schon das Debüt durchaus wohlwollend aufgenommen - wenngleich es auch nur eine Handvoll Leute kannten Doch dann geschah etwas Sonderbares. Schon das nächste Album "Curious Gods" zeigte, dass man in Japan offensichtlich einen Narren an Lana und ihrer musikalischen Mischung aus melodisch-symphonischem Rock mit einer Prise Prog gefressen hatte.

Ich glaube, dass liegt vor allem daran, dass ich eine Frau bin. Das japanische Burrn - Magazin veranstaltet ja auch diese jährlichen Umfragen. Und in der Kategorie "Sänger" belegte ich den Platz 17 - und ich war die einzige Frau. Die Japaner scheinen auch die Art wie unser Songwriting mit meinem Gesang eine Einheit bildet sehr gut klar zu kommen.

Die Verkaufszahlen schnellten in fünfstellige Bereiche und was folgte war eine wahre Veröffentlichungsflut speziell für den japanischen Markt. So sind neben den regulären Studioalben ("Garden Of The Moon", "Queen Of The Ocean") außerdem zwei EP's, ein Live-Album, eine Ballad-Collection und eine Best-Of erschienen.

Diese ganzen Veröffentlichungen gingen von meiner japanischen Plattenfirma aus. Die EP's zum Beispiel waren vor allen Dingen gedacht, um die jeweilige Japan-Tour zu supporten. Mit der Best Of allerdings habe ich so meine Schwierigkeiten. Das klingt so, als wäre ich schon über zwanzig Jahre im Geschäft. Und ich hoffe doch, dass ich meine beste Zeit noch vor mir habe. Wenigstens habe ich geschafft, dass die Platte jetzt "Best Of Lana Lane 1995-1999" heisst.

Und auch in Deutschland wurden die Plattenfirmen aufmerksam. Nachdem "Garden Of The Moon" zunächst auf dem kleinen Prog-Label Angular erschien, wechselte man mit "Queen Of The Ocean" zu Limb Music, wo auch der neue Lonplayer veröffentlicht wird.

Wir haben über Empire-Music auch die Kontakte zu Angular hergestellt. Angular macht einen sehr guten Job, ist aber ein eher kleines Label. Wenn man aber wächst, muß man sich auch nach entsprechend anderen Partnern umsehen, Partner, die auch einen größeren Vertrieb sicherstellen können. Das hat nicht zu bedeuten, dass es zwischen Angular und uns keine freundschaftlichen Beziehungen mehr gibt.

Aber auch wenn das Label geblieben ist, so gibt es doch einige Veränderungen, vor allem im personellen Bereich. Natürlich spielt neben Lana immer noch Ehemann Erik Norlander eine entscheidende Rolle, aber ansonsten hat man kräftig umgebaut. Bassist Tony Franklin ist zwar noch mit im Boot, ansonsten arbeitet auch Lana Lane jetzt mit dem Holländer Arjen Lucassen zusammen. Der geneigte Leser weiß natürlich, dass dieser einst bei "Vengeance" aktiv war, und gegenwärtig mit seinem eigenen Projekt "Ayreon" doch beträchtliche Erfolge feiert (und das völlig zurecht). Der Gitarrist hat auch schon dafür gesorgt, dass das jüngste Opus der "Rocket Scientists" recht heavy aus den Boxen dröhnte, so daß diese Zusammenarbeit nicht ganz überraschend kommt.

Genau genommen war es so, dass Arjen mit mir Kontakt aufnahm. Das hängt auch wieder mit meiner Japan zusammen. Als dort "The Electric Castle" veröffentlicht wurde und man die entsprechenden Liner Notes verfasste, erwähnte man, dass ich ein großer Fan von ihm war. Arjen suchte dann meine Website und wir tauschten E-Mails aus. Er schlug mir vor, als Gast auf seinem neuen Album mitzuwirken, wovon ich natürlich begeistert war. Irgendwann kamen dann die Kosten ins Spiel, und wir einigten uns einfach darauf, uns gegenseitig zu unterstützen. Es hat gut funktioniert, denn wir haben beide die gleichen musikalischen Vorlieben, unter anderem Bands wie Deep Purple oder Rainbow. Das passierte aber alles, bevor das neue Album der Rocket Scientists erschien.

Mit David Victor ("Velocity")heuerte man noch einen zweiten Gitarristen an, für die Drums verpflichtete man Ed Warby ("Gordfest") der auch schon am letzten Ayreon-Album beteiligt war.

Lana Lane war schon immer mehr ein Solo-Projekt als eine Band, die beiden wirklichen Konstanten sind eigentlich Erik und ich. Durch unsere Kontakte sind wir in der Lage auf eine so große Anzahl verschiedener Musiker zurückzugreifen, dass wir so immer neue, frische Einflüsse integrieren können. Wenn du permanent mit dem gleichen Team zusammen arbeitest, besteht die Gefahr, dass du zu bequem wirst, die eigentliche Herausforderung fehlt.

Aber nicht nur was die Musiker betrifft, gibt es einen Wechsel. Schon immer war auch das Artwork von Lana's Alben ein optischer Hochgenuss. Verantwortlich dafür war der Pole Jacek Yerka. Doch das neue Cover - freilich nicht weniger gelungen - basiert auf einem Gemälde der Amerikaners Michael Parkes und hat einen deutlich surrealistischen Touch.

Ich liebe die Arbeiten von Jacek und ich möchte nicht ausschließen, dass ich in Zukunft wieder auf ihn zurückkommen werde. Aber auch in diesem Aspekt suche ich die Veränderung. Genau wie die Musik ist das Cover des neuen Albums eine Spur anders, wirkt aber immer noch wie ein typisches Lana Lane - Artwork.

Bleibt natürlich die Frage, wie es sich denn nun mit der Musik verhält. Gibt es grundsätzliche Unterschiede zu den früheren Alben?

Ich glaube, diese Unterschiede sind auch nicht so gravierend, sie liegen mehr im Finetuning. "Garden Of The Moon" war ein ziemlich hart ausgefallen, "Queen Of The Ocean" symphonischer. Die neue Scheibe kann man als eine Kombination aus diesen beiden Alben sehen. Ich habe mehr diesen Hardrock-Background, genau wie Arjen, während Erik mehr von der symphonisch-progressiven Seite kommt, die ich auch sehr liebe und die auf "Curious Gods" recht dominant war. "Secrets Of Astrology" ist ein weiterer Schritt in die Richtung einen wirklich eigenen Lana Lane - Sound zu kreieren. Ich glaube, wenn man als Künstler den Punkt erreicht hat, an dem man glaubt, sich nicht mehr verbessern zu können, dann sollte man wahrscheinlich besser aufhören. Das wirklich besondere an der Musik ist das sich ständig weiter entwickeln. Man probiert neue Gesangstechniken aus, oder arbeitet mit Künstlern zusammen, die aus anderen musikalischen Richtungen kommen.

Bei all den Aktivitäten kann man schon den Eindruck gewinnen, als gerieten die "Rocket Scientists" dann doch ein wenig in den Hintergrund. Zwar hat man - wie bereits erwähnt - Ende letzten Jahres das dritte Studio-Album veröffentlicht - mittlerweile auch mit deutschem Vertrieb - aber rein quantitativ verglichen mit den Veröffentlichungen Lana's zieht man doch deutlich den kürzeren. Also wieder einmal die Kapitulation des hehren Progressive Rock vor der schnöden Anziehungskraft des kommerziell lukrativeren Mainstreams?

Ein interessanter Aspekt. Erik und ich arbeiten natürlich sehr gut musikalisch zusammen - er ist ja schließlich auch mein Mann. Aber was die Rocket Scientists angeht, so sind diese eigentlich nur das Ergebnis der Kreativität von zwei Leuten, von Erik und von Mark McCrite. Erik ist in meine Alben sehr stark eingebunden, aber ich greife auch auf viele andere Künstler zurück. So kommt es einfach, dass die Lana Lane - Alben wesentlich schneller entstehen, als die der Rocket Scientists. Lana Lane ist in Japan erfolgreicher, die Rocket Scientists in Europa.

Wobei es durchaus möglich scheint, dass Lana Lane mit dem neuen Album dem Durchbruch in unseren Breitengraden entscheidend näher gekommen ist.


© 05/2000 Renald Mienert
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