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Interview |
"Space Revolver" ist zwar kein Doppelalbum geworden, aber unterstreicht einmal mehr deutlich die Qualität der Ausnahmeband um Roine Stolt.
Als ich dich im Rahmen des Transaltlantic-Interviews nach dem neuen Flowerkings-Album fragte, klangst du eher skeptisch, sagtest aber auch, das dies typisch für die Situation nach Fertigstellung einer CD sei. Wie betrachtest du "Space Revolver" heute?
Es ist eigentlich noch genau die gleiche Situation. Natürlich gibt es Teile, die mir schon immer gefallen haben. Für anderen Sachen benötige ich noch etwas Abstand. Ich habe jetzt einfach Monate lang an diesem Album gearbeitet, es wieder und wieder gehört, und irgendwann kommt dann einfach der Zeitpunkt, an dem es dir zu viel wird. Wenn ich es jetzt höre, habe ich immer wieder das Gefühl, dies oder jenes hätte besser gemacht werden können. In ein paar Monaten werde ich wahrscheinlich beginnen, das Album von einem anderen Standpunkt aus zu hören - mehr so, wie es die Fans tun, und dann werde ich die Musik wohl auch wirklich genießen können. Es ist schon ein wenig verrückt, und ich glaube, ich bin auch der einzige in der Band, dem es so geht. Aber es liegt wahrscheinlich daran, dass eben auch ich es bin, der den meisten Input für die Flowerkings-Alben liefert.
Erklär doch bitte mal den Titel des neuen Albums. Der Begriff "Revolver" könnte ja für Missverständnisse sorgen-
Ich glaube, die meisten Leute denken bei "Revolver" zunächst einmal an eine Waffe. Aber darum geht es uns natürlich nicht, es bedeutet ja auch, dass sich etwas einfach nur dreht, und nimmt man dann noch "Space" hinzu, dann ist "Space Revolver" also einfach etwas, was sich im Weltraum dreht. Ursprünglich ist "Space Revolver" der Titel eines Songs. Als wir im letzten Jahr durch Japan tourten, da wollte der Promotor eine Extra-Single mit nicht veröffentlichtem Material. Ich glaube, meine Ausgangsüberlegung für diesen Titel war einfach unser Planet, die Erde. Aber es könnte sich natürlich auch um jeden anderen Planeten handeln, einfach um etwas, dass sich im Kosmos dreht. Jeder Hörer mag sich selbst vorstellen, um was es sich handelt. Es hat auch etwas mit diesem Größenunterschied zu tun - auch wir winzigen Geschöpfe drehen uns mit der Erde in diesem unendlichen Universum. Aber unterm Strich haben wir einfach geglaubt, es wäre ein guter Titel für ein Album.
Den Rahmen für euer neues Album bietet mit "I Am The Sun" ein Song, den ihr in zwei Parts geteilt habt. Wie kam es dazu?
Ursprünglich haben wir den Titel als einen kompletten Song aufgenommen, der eben 25 Minuten lang war. Ich weiss natürlich, dass viele Progfans diese Longtrax lieben und sie natürlich auch von uns erwarten. Für viele gilt die Regel - je länger der Song, je besser ist er auch. "Flowerpower" war da natürlich etwas ganz besonders, mit diesem 59-Minuten Track. Damit waren die Leute natürlich überglücklich - aber mal abgesehen von der Länge, ist es auch wirklich ein guter Song geworden. Aber zurück zu "I Am The Sun". Wir hatten also diesen Song und es gab einige Punkte, die dafür sprachen, dass er einen wirklich guten Opener für das Album abgeben würde - ein schönes Intro, dann werden die Gitarren härter, schließlich kommen der Gesang hinzu. Aber dann betrachteten wir die anderen Stücke und stellten fest, dass wir keinen anderen Track finden konnte, der das Album zu einem vernünftigen Abschluss bringen würde. Und plötzlich hatten wir ein Problem, wir hatten einen Song für den Anfang, und den gleichen für das Ende der CD. Wir mussten nun also einen Punkt des Songs, an dem eine Teilung möglich war, einen Punkt, an dem wir uns faktisch ausblenden uns später wieder einblenden konnten, ohne dass der Song dabei zerstört wird. Ich hatte zunächst meine Probleme damit, war nicht sicher, ob das funktionieren würde. Die Idee zur Teilung kam auch ursprünglich nicht von mir, sondern von Tomas Bodin. Ich sagte, wir machen die Leute unglücklich, die Fans haben lieber einen 25-Minuten Song, als einen von 15 und einen von 10. Aber auf der anderen Seite haben wir schon so viele wirklich extrem lange Songs auf unseren Alben gehabt, dass ich schließlich gesagt haben, ok, lasst es uns versuchen und warten wir ab, was die Leute sagen.
Aber ich glaube, die Prog-Fans lieben es genauso, wenn Songs in mehrere Abschnitte untergliedert sind...
Ja, es macht Spass, wenn man eine Platte hört, und dann plötzlich, ein paar Songs weiter, erkennt man ein Motiv wieder dass man zuvor bereits gehört hat.
Nach dem Opener gibt es dann eine Runde Kuschelrock, aber wenn der Hörer nach "Dream On Dreamer" sanft in das Reich der Träume gleitet, holt ihn "Rumble Fish Twist" doch recht unsanft zurück....
"Dream On Dreamer" ist ein sehr schöner, sehr ruhiger Song, er hat schon fast etwas von einem Wiegenlied. Aber danach wollten wir mit "Rumble Fish Twist" ganz bewusst eine Art Schockeffekt setzten. Nach dem Opener versinkt der Hörer praktisch in dieser schönen, harmonischen Traumwelt, und dann holen wir ihn wieder zurück. Das ist ein gutes Beispiel, wie wir versuchen, unsere Alben dynamisch zu gestalten,
"Rumble Fisch Twist" ist ja auch der einzige Instrumentaltrack.....
Das war beabsichtigt, wir wollten dieses mal wieder ein Album machen, bei denen die Vocals nicht zu kurz kommen. Auf den letzten Alben gab es sehr viele rein instrumentale Passagen. Es ist schön, wenn du die Möglichkeit hast, bestimmte Parts weit auszudehnen, wie Soundtracks für einen Film, und die letzten Alben waren ja auch Doppel-CD's. Bei einem normalen Album muss man effektiver, rationeller Arbeiten, mehr songorientiert vorgehen. Was natürlich nicht heisst, dass die instrumentalen Passagen vernachlässigt werden.
Was mir an dem neuen Album auffällt ist der Fakt, dass viele Song recht harmonisch und leichtverdaulich beginnen, aber plötzlich zu schrägen und teilweise harten Nummern mutieren...
Genau diese Kombination ist es ja, die die Flowerkings ausmacht, genau das ist das Anliegen unsere Musik. Du hast eine wunderschöne Melodie auf der einen Seite, und plötzlich entwickelt sich der Song in eine Richtung, die kein Mensch erwartet hat. Wir versuchen so den progressiven Charakter unsere Musik auch in Titel zu integrieren, die vielleicht primär etwas kommerzieller angelegt sind. Und diese Art von Songs geben auch ziemlich genau den Geschmack der einzelnen Bandmitglieder wieder. Wir alle lieben natürlich Prog und experimentelle Musik, aber gleichzeitig haben wir auch kein Problem mit kommerziellen Bands.
Bei "Underdog" klingen einige Sounds nach Dudelsack und Trompete. Man findet aber im Booklet keine Hinweise auf entsprechende Instrumente oder Gastmusiker.
Sowohl der Dudelsack als auch die Trompete sind Samples, aber speziell der für die Trompete hat mich eine Menge Arbeit gekostet, bis ich schließlich den Sound hatte, den ich wollte. Natürlich spricht viel für das Einsetzen der Original-Instrumente, aber es bringt auch Probleme. Man muss die entsprechenden Musiker auftreiben, muss sie instruieren, unter Umständen können sie das Material dann doch nicht so spielen, wie du es dir vorstellst. Wenn es dumm läuft, endet es dann damit, dass es dir den ganzen Song kaputt macht.
Auf dem neuen Album ist Tomas Bodin wieder der Mann an den Keys, ihr habt im letzten Jahr aber auch mit Robert Engstrand gearbeitet...
Es ist ein wenig kompliziert, wie ich die Rolle von Robert Engstrand beschreiben soll. Tomas Bodin hatte einen Job beim Theater, der gut bezahlt wurde - eine Sache, die ich verstehen kann, schließlich braucht jeder Geld. Also hat Robert dann die Gigs mit uns gespielt. Sagen wir es einfach so, wann immer jemand mit den Flowerkings spielt, dann ist er auch ein Bandmitglied. Unser zweiter Sänger hat auch noch einen Full-Time-Job neben den Flowerkings. Falls wir irgendwann einmal wirklich extrem ausgiebig touren sollten, dann stünde auch er vor der Situation, entweder seinen Job hinzuschmeißen, oder die Gigs mit uns zu canceln. Bis jetzt hat es funktioniert, aber man weiss nicht, wie es sich entwickelt. Was die Keyboards angeht ist aber jetzt Tomas wieder in der Band, und ich denke, er ist auch für die meisten der Fans der eigentliche Mann an der Tasteninstrumenten, einfach, weil er ja auch in das Songwriting mit involviert ist. Robert ist natürlich auch ein sehr guter Keyboarder, hatte aber nichts mit den Kompositionen zu tun.
Wie beurteilst du im Nachhinein die gemeinsame Tour mit Spock's Beard im letzten Jahr?
Ursprünglich hatten sowohl wir als auch Spock's Beard unabhängig voneinander ihren Tourneen geplant, ohne voneinander gewusst zu haben. Eines Morgens rief mich dann die Plattenfirma an und machte den Vorschlag, gemeinsam auf Tour zugehen. Ich fragte wann, und da erst wurde mir bewusst, dass wir ja zeitgleich unterwegs waren, und auch in der selben Gegend. Wir haben dann also ein paar Gigs in Deutschland und einen in Holland zusammen gespielt, und danach hat jeder seine eigene Tour fortgesetzt. Was das Publikum anging, waren die Gigs sehr erfolgreich, wir hatten als Support ja nur ein recht kurzes Set zu spielen. Unglücklicherweise waren wir aber bei einigen der Gigs auf den Plakaten nicht ausgewiesen, da stand nur Spock's Beard und Special Guest, aber nicht dass wir dieser Special Guest waren. So ist es eben passiert, dass einige Fans erst im Nachhinein erfahren haben, dass wir in ihrer Nähe gespielt haben.
Vor einigen Wochen machte ja die Nachricht die Runde, dass ihr auch in diesem Jahr wieder zusammen tourt. Aber dies wurde ja n der Zwischenzeit korrigiert....
Wir sind mit der Plattenfirma zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinen Sinn machen würde, wenn wir noch einmal als Support für Spock's Beard agieren würden. Wir haben jetzt auch ein neues Studioalbum auf dem Markt, und da ist es viel sinnvoller mit einer kompletten Show zu kommen, als nur mit einer halben Stunde. Spock's Beard hätten wieder Headliner sein wollen, was ja auch verständlich ist, aber es gibt immerhin eine Menge Fans, die der Meinung sind, dass -auch wenn Spock's Beard mehr Platten verkaufen - doch wir die führend Band in der Szene sind. Ich meine Spock's Beard und wir sind zwar befreundet, aber auf der anderen Seite ist es auch ein Geschäft. Aber wir touren dann wahrscheinlich im November und werden wohl mindestens vier Gigs in Deutschland haben.