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Celtic Frost: Eine Metal-Legende aus der Schweiz

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Wenn man heute mit Musikern aus der Metal-Szene spricht und sie nach ihren Einflüssen fragt, wird häufig eine Band erwähnt: Celtic Frost. In den Achtzigern zählte man sie mit Sicherheit zu den innovativsten Acts der Szene, da war es längst überfällig, daß die (wichtigsten) Alben endlich in angemessener Form auch auf CD erscheinen. Jetzt ist es soweit und das war uns Grund genug, sich mit dem Kopf der Band Thomas Gabriel Fischer alias Tom Warrior zu unterhalten. Renald Mienert traf ihn in Nürnberg.

Wie kam es dazu, daß die Alben jetzt endlich wieder auf den Markt gebracht werden?

Die Initiative ging eigentlich gleichzeitig von uns und von Noise aus. Ich hatte einen detaillierten Plan dafür ausgearbeitet, weil wir schon immer eine Wiederveröffentlichung gewollt hatten, und dann stellte sich heraus, daß man bei Noise auch gerade darüber nachgedacht hatte, sich aber vielleicht noch nicht traute, darüber mit uns zu reden. Als das dann aber klar war, ging es Hand in Hand. Einige geschäftliche Sachen waren noch zu klären, aber im Prinzip war die Sache geritzt.

Die Alben gab es ja auch früher schon auf CD, aber wohl nicht so, daß ihr damit zufrieden sein konntet....

Cover und gesamtes Artwort sind stark verstümmelt worden. Damals war Noise aber auch noch eine komplett andere Firma, ohne die Kompetenz für unsere Art von Musik, wie sie heute eben wieder vorhanden ist. Die ersten drei CD's wurden komplett auf den Markt gebracht, ohne irgendein Zutun der Band, sogar gegen unseren ausdrücklichen Wunsch. Eigentlich war schon damals der Wunsch nach Wiederveröffentlichung gegeben, als unsere Alben zum ersten Mal auf CD erschienen. Celtic Frost ist aber über die Jahre hinweg immer noch eine Band geblieben, über die man in der Szene spricht. Vielleicht hat auch das Noise dazu gebracht, die Alben den Fans jetzt so zugänglich zu machen, wie es sich gehört.

Die Fans waren euch ja von Anfang an treu, und sind es bis heute noch. Es ist wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, daß es euch ja schon eine ganze Weile nicht mehr gibt. Und immerhin kommt ihr ja aus der Schweiz...

Komischerweise war unsere Herkunft für uns fast schon ein Bonus, wir waren solche Exoten, daß man uns immer zugehört hat. Skepsis gab es immer nur von der Plattenfirma, die nicht erkannt hat, was wir für ein Spektrum haben, wo wir hinwollen. Damals hat man uns wirklich Steine in den Weg gelegt und uns das Arbeiten fast unmöglich gemacht.

War es für den Zeitraum der Re-Releases auch relevant, daß es momentan doch so etwas wie einen Metal-Boom gibt, zumindest für den traditionellen Metal?

Bei Noise mag das sein, für mich hat das keine Rolle gespielt. Ich bin momentan nicht mehr so stark in die Metal-Szene involviert, ich wollte wirklich nur unsere Alben endlich so veröffentlicht sehen, wie sie es verdient haben.

Die Leute haben ja immer einige Schwierigkeiten damit, euch stilistisch einzuordnen. Da ist oft von Death oder Thrash die Rede, aber ihr seid auch durchaus melodisch und vor allem sehr experimentierfreudig...

Dieses ganze Schubladendenken ist oft sowieso ziemlich kleinkariert. Ich höre eine Band, und wenn sie mir gefällt, dann ist das OK, und wenn nicht, dann eben nicht. Ich muß nicht wissen, das ist eine Popband, und darum ist sie gut oder schlecht, das ist absolut egal. Klartext: Ich muß wissen, ob ein Musiker Feuer unterm Arsch hat oder nicht - das ist es, was zählt. Ich weiß nicht, ob uns das gelungen ist, aber auf jeden Fall haben wir es versucht. Wir wollten nicht einfach nur etwas machen, was unzählige Bands schon vor uns versucht haben. Es gab bei uns auch immer nicht nur einen Einfluss, wir waren vier Musiker, und da wäre es ja geradezu dämlich, nur eingleisig zu fahren.

In der Liste der wiederveröffentlichten Alben fehlt "Cold Lake" aus dem Jahre 1988, daß musikalisch eher der Poser-Mucke zuzuordnen ist. Ich habe oft mit Musikern gesprochen, die gesagt haben, heute würden sie diese oder jene Platte vielleicht nicht mehr machen, aber damals fanden sie es ganz OK. Du hast "Cold Lake" eigentlich immer abgelehnt.

Also wir wußten wirklich bereits beim Schlußmix, daß das Album nichts wird. Aber es war bereits zu spät, noch irgendwas zu ändern. Und wenn ich "Cold Lake" eben Scheiße finde, dann sage ich es auch. Auf der anderen Seite nehme ich es aber auch mit einem gewissen Humor. Wenn eine Band im Laufe ihrer Karriere halt doch sehr extrem arbeitet und auf jedem Album stark experimentiert, dann kann man ja auch nicht erwarten, daß immer alles klappt. Wir haben bei mehreren Alben gedacht, damit haben wir unsere Karriere verspielt - aber zum Glück ist es nur einmal wirklich schief gegangen. So gesehen gehört das Album schon irgendwie zu uns, und wir haben ja auch aus diesem Album gelernt, genauso, wie von den guten Alben. In Europa reagierte man auf das Album dann auch sehr kritisch, während man es in Amerika geradezu euphorisch aufnahm. Aber das war ja auch zu erwarten - dort lief gerade diese Glam-Metal- Welle und das Album war ja auch eher melodisch und tanzbar. Das hat den Amerikaner absolut gefallen.

Betrachtet man die Bandfotos zu den jeweiligen Alben fällt auf, daß ihr in Sachen Outfit mindestens genauso flexibel wart, wie musikalisch.

Genau wie sich unsere Musik von Platte zu Platte geändert hat, haben wir auch unser Outfit verändert. Für uns war es nie ein Problem, sich auch visuell zu verwirklichen. Ich weiß, daß viele Metalbands das nicht so gut finden, diese ganze Imagepflege. Aber wie haben das immer genossen. Für uns war Heavy Metal immer auch ein großes Theater - fünfzig Prozent Musik, fünfzig Pozent visuell. Es war immer auch die Reflexion von unserem jeweiligen Gefühlszustand.

Wie sieht es denn nun wirklich mit einer Reunion aus?

Wir haben alle über das Thema geredet und wollen zunächst sehen, ob es funktioniert wieder zusammen zu schreiben. Wenn es eine Reunion gibt, werden aber zunächst ein paar Konzerte gespielt, einfach um herauszufinden, ob die Chemie noch stimmt. Nur wenn das funktioniert, und nur wenn wirklich originelle neue Songs entstehen, die nicht den Ruf von Celtic Frost ruinieren, dann werden wir wieder ins Studie gehen. Wann das sein könnte, ist schwer zu sagen, da mein Hauptaugenmerk gegenwärtig auf meinem neuen Projekt Apollyon's Sun liegt. Und für die anderen Bandmitglieder gilt das genauso. Wir sind zwar immer noch gute Freunde, aber jeder hat natürlich seine eigene Karriere.

Bis es also mit der Reunion so weit ist, kann man sich an den Re-Releases erfreuen. Es handelt sich dabei konkret um folgende Scheiben: "Morbid Tales", "To Mega Therion", "Into The Pandemonium", "Vanity/Nemesis" und "Parched With Thirst Am I And Dying", wobei letztere ein Best Of - und Raritäten - Album darstellt. Die Alben sind natürlich remastered, die regulären Studioalben enthalten Bonus-Trax und Liner-Notes.

Renald Mienert


© 03/2000 Renald Mienert
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