progressive Interview , progressive band talk

Avalon: Eintopf eurasischer Art

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Mit "Eurasia" haben die Münchner Melodic Progmetaller das beste und wohl auch reifste Album ihrer Laufbahn hingelegt. Grund genug, uns mit Keyboarder Jens Kuckelkorn mal kurzzuschliessen.

Was sagt Euch Euer Gefühl, wenn Ihr "Eurasia" in Händen haltet ?

Nach monatelanger Arbeit, die von jedem alles gefordert hat, erfüllt es einen auf jeden Fall mit Erleichterung, all die Ideen in "fester" Form vor sich zu sehen.
Ein Hauch von Selbstbewusstsein schleicht sich ein, da wir es uns nicht leicht gemacht haben: Die Meßlatte wurde sehr hoch gehängt und wir haben mit über zwanzig Musikern und Toningenieuren in vier Studios gearbeitet. Zudem war es für alle die erste Zusammenarbeit mit uns, selbst für unseren Drummer Jacques Voutay war es ja die erste AVALON-Produktion.

Die Zusammenarbeit mit Producer Sascha Paeth hat sich hörbar gelohnt. Das Album hat wirklich einen Klasse-Sound !

Ist das eine Frage? Bestimmt fällt auf, daß wir auf eine vielseitige Instrumentierung und gefühlvolle Interpretation wert gelegt haben und nicht, wie manch andere, mit Samplern herumprogrammiert haben. Sascha hat es mit unendlicher Geduld prima hinbekommen, alles im Mix so zusammenfließen zu lassen, daß sich die europäischen und asiatischen Einflüsse nahtlos zu einem druckvollen und dennoch sehr gefühlvollen Konzeptalbum fügten.

In Eurer Bandinfo wird Jacques Voutay erst ab Anfang 2000 als Bandmitglied genannt. Täusche ich mich oder hat Jacques nicht schon im Sommer 1999 z.B. während Eures Gigs im Münchner Theatron an der Schießbude gesessen ?

Nein ... damals spielte der Jazz-Drummer Pietro Ramaglia mit uns, übrigends war das für uns ein sehr schönes Konzert. Man hat bestimmt auch gesehen, daß das tolle Publikum und der charismatische Pietro uns voll mitgerissen haben.

Tja ... im Theatron ohne Brille ... das kommt davon ;-). Wie seid ihr auf Jacques aufmerksam geworden. Der Mann hat nun wirklich einen Mörderanschlag.

Es ist sehr schwer, ein neues Bandmitglied zu finden. Es zählt ja nicht nur das spielerische Niveau, sondern auch die Persönlichkeit. Wir setzten alle Hebel in Bewegung, gute Leute zu finden, die bei uns spielen wollten. Letzendlich gab es ein "Casting", bei dem Jacques uns gerade durch seinen unglaublichen Punch beeindruckte. Daß er ansonsten auch auf unserer Wellenlänge liegt, spürten wir sofort.

Wie kamt Ihr eigentlich zu Chitral Somapala ? Lebte er zuvor schon in Deutschland ?

Chitral ist ein echter Glücksgriff für uns. Wir starteten gerade die Produktion von VISION EDEN, als sein Vorgänger das Handtuch warf. Über unseren damaligen Verleger Limb Schnoor kam der Kontakt zustande, und Chitral, der schon seit ein paar Jahren in Trier musizierte, kam für vier Stunden nach München zu einer Probeaufnahme. Kurz darauf riefen wir ihn an, er solle doch sofort nach München kommen. Am nächsten Tag war er da, zwei Stunden später nahm Charlie Bauerfeind mit ihm "In Between Us" auf...

Kommen wir zu "Eurasia". Wer oder was war ausschlaggebend für den - zugegebenermaßen höchst stimmungsvollen - asiatischen Einschlag des Albums ?

Wenn man in einer international besetzten Band spielt, kommt man auf solche Ideen. Als wir uns erstmals mit EURASIA beschäftigten, erstellten wir zunächst ein Konzept, wie man europäischen Metal und die indischen Instrumente aus Chitral´s Heimat Sri Lanka zusammenbringen könnte. Später wurde dieses Konzept auch auf Lyrics, Cover usw. ausgedehnt. Bei der Komposition war Chitral dann auch maßgeblich gefordert, da er in einer sengalesischen Musikerfamilie aufwuchs und mit den Instrumenten bestens vertraut ist. Er ist diesmal ja auch als Musiker(Chapman Stick) auf dem Album zu hören.

Kannst Du unseren Lesern das inhaltliche Konzept von "Eurasia" kurz umreissen ?

Wir wollten Asien und Europa wieder zu einem Kontinent EURASIA zusammenfügen. Die Lyrics sind etwas zweideutig, da sie in Wirklichkeit von verschiedenen historischen Persönlichkeiten aus Eurasien handeln, z.B. Buddha oder Dareios III von Persien. Um die gemeinsame Entwicklung in ganz Eurasien auszudrücken, könnte man ganze Buchregale vollstellen, wir wählten einen musikalischen Weg und verbinden mit EURASIA die scheinbar gegensätzliche Musik.

Man setzt sich leider selbst viel zu wenig aktiv mit der indischen Kultur auseinander. Insbesondere in Indien/Asien hat die (traditionelle) Musik in Religion und Kultur ja auch heute noch eine enorm tiefe Verankerung und Bedeutung.

Ich glaube, daß fast überall auf dieser Erde traditionelle Musik eine große Bedeutung hat. Für unser Album hat Indien einen besonderen Stellenwert, einerseits wegen der indogermanischen Völkerwanderung, andererseits wegen der Nähe zu Sri Lanka., Chitrals Heimat.

Dagegen sehen wir Deutsche mit unseren Big Brother Nummer 1 Hits ja nicht gerade kultiviert aus. ;-) Aber sowas passiert wohl in einer Konsumgesellschaft, die sich nur noch passiv bzw. informativ mit ihrer Kultur und Religion beschäftigt.

Sicherlich neigt unsere Konsumgesellschaft zur Wegwerf-Musik und Kulturlosigkeit, aber so etwas fordert auch Gegenströme heraus. Bedenklich finde ich, daß außerhalb der Popmusik in den Medien kaum was passiert und staatliche Musik-Förderung hauptsächlich nur für Millionensubventionen im klassischen Bereich lockergemacht werden. Fusion-Jazz oder Prog.-Metal ist wohl vielen zu anspruchsvoll... ich hoffe, daß sich das ändert, wenn die Hörer die Ohren voll haben von Fast-Food-Musik.

Ich nehme mal an, ihr werdet alles daran setzen, "Eurasia" vor allem live zu promoten, denn die Scheibe hat ja nun wirklich das Potential zum Schallmauer-Durchbruch. Stehen schon spruchreife Live-Auftritte fest ?

Zunächst werden wir vom 20.10. bis 10.12. mit Metalium auf Europa-Tournee durch 13 Länder ziehen. Dabei wird es auch etwa 10 Konzerte in Deutschland geben, wir freuen uns schon riesig drauf, denn wir sind eine natural born live band. Die Konzerte kann man unter www.omegarecords.de abrufen.

Na dort sieht man sich ja dann auf jeden Fall ... wir drücken AVALON bzgl. dem Erfolg von "Eurasia" schonmal die Daumen.


© 11/2000 Markus Weis
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