In der gegenwärtigen Rockszene ist
man ja nicht gerade sparsam mit Superlativen. Manchmal allerdings
auch zu recht. Mit ihrem 1996 veröffentlichten Album Theli
dürfte sich die Band um Christofer Johnsson endgültig
einen Platz im Olymp des Heavy Metals gesichert haben. Zehn Jahre
nach Bandgründung ist im Frühjahr 1997 mit A Arab
Zaraq Lucid Dreaming das Jubiläumsalbum erschienen.
Renald Mienert unterhielt sich mit dem Kopf der schwedischen Band.
Therion ging aus einer 1987 gegründeten
Band namens Blitzkrieg hervor. Damals spielte Christofer
noch Bass, wechselte aber, nachdem man sich getrennt, später
aber als Therion reformiert hatte, zur Gitarre.
Unser Debüt Of Darkness wurde
1991 veröffentlicht und war eine Art von Progressive Death
Metal. Aber schon bald entwickelten wir uns in eine mehr
symphonische Richtung. Wir arbeiteten mit sehr viel Keyboards und
ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie die Leute damals sagten:
Was zum Teufel haben Synthesizer in einer Metalband zu
suchen? Wir waren damals schon eine Art Vorreiter. Wir waren
nicht die ersten, aber doch eine der ersten Bands, die so etwas
machten.
Mit den Alben Symphony Masses - Ho
Drakon Ho Megas (1993) und Lepaca Kliffoth (1995)
wurde die einmal eingeschlagene Richtung konsequent weiter verfolgt,
wobei man neben den klassischen Einflüssen auch Musikelemente
aus dem Arabischen einsetzte und sogar mit Techno experimentierte,
lange bevor andere Bands das versuchten. Ständige Line Up -
Wechsel waren dabei an der Tagesordnung, so daß man Therion
eigentlich getrost mit der Person Christofers identifizieren könnte.
1996 dann folgte mit Theli der bisherige Höhepunkt
in der Bandgeschichte. Mit Nuclear Blast hatte man endlich ein Label
gefunden, daß den Mut - und die benötigten Finanzen -
aufbrachte, ein Metal - Album zu produzieren, bei dem neben der
Gitarre gleichberechtigt ein komplettes Orchester ( das Barmbecker
Symphonie Orchester) und zwei Chöre agierten. Während der
Norddeutsche Radiochor der Klassik verhaftet ist, kommen die
Sirenen aus der Rockecke.
Wobei sich die Arbeit mit klassisch ausgebildeten
Musikern zumindest als gewöhnungsbedürftig herausstellte.
Diese Leute konnten zum Beispiel nur
singen, was auf dem Papier vorgegeben war. Mit dem Rockchor war es
einfacher. Wenn ich da etwas anders haben wollte, konnte ich es
vorsingen oder auf Gitarre oder Keyboard vorspielen, und sie haben
es kapiert. Beim Radiochor war das anders. Auch wenn es nur die
kleinste Änderung war, du mußtest sie aufschreiben.
Soviel Bombast ist live natürlich nur
schwer zu realisieren. Auch eine Band wie Therion kann
es sich nicht erlauben, mit Chor und Orchester auf Tournee zu gehen.
Es ist natürlich alles eine Frage des
Geldes. Wir hatten tatsächlich diesbezügliche Angebote,
aber hätten wir zugesagt, wären wir vermutlich längst
bankrott.
Im Laufe der Zeit hat sich auch Christofers
Art des Songwritings geändert.
Jetzt schrieb ich die klassischen Parts
zuerst. Nicht wie früher, damals kam die Gitarre zuerst und
dann wurde der Rest hinzugefügt. So machen es auch die meisten
anderen Bands, die mit symphonischen Elementen arbeiten. Ich will
die orchestralen Passagen komplett integrieren. Die Gitarre ist
wichtig, aber sie ist nur ein Instrument neben den anderen.
Besonders beeinflußt hat ihn dabei ein
Album von Pink Floyd.
Ich bin absolut inspiriert von Atom
Heart Mother. Ich mag auch ihre ersten beiden Alben, The
Piper at the Gates of Dawn und A Sautherful of
Secrets, aber keins ist wirklich so gut wie Atom Heart
Mother. Als ich diese Platte hörte, habe ich zum ersten
Mal verstanden, daß es nicht immer so sein muß - zuerst
die Rockparts, und dann die Klassikparts einfach drangehängt.
Spricht man über Therion, kommt man
nicht umhin, über alte Religionen und magische Wissenschaften
zu reden. Bereits der Bandname ist ein altes griechisches Wort und
bedeutet soviel wie Biest. Und das Cover von Theli
zeigt eine moderne Variante des griechischen Gottes Seth.
Das besondere daran ist, bei allen anderen
ägyptischen Göttern mit dem Kopf eines Tieres kann man
genau sagen, um welches Tier es sich handelt. Bei Seth ist das nicht
der Fall. Entweder es handelt sich um ein ausgestorbenes Lebewesen
oder um ein Fabelwesen. Wir fanden, dies symbolisiert auch unsere
musikalische Richtung. Es ist eines dieser Cover, daß die
Leute entweder absolut mögen oder völlig beschissen
finden. Aber in jedem Fall ist es ein Cover an das man sich
erinnert.
Obwohl es der Komplexität der Figur
Seths widerspräche, sie in ein simples Gut-Böse-Muster zu
zwängen, wird sie doch in der Regel mit negativen Eigenschaften
versehen, so galt Seth als Gott der bösen Mächte wie
Dürre, Unwetter und Stürme, die aus der Wüste kommen.
Für dieses billige
Christenhasser-Image vieler Düster-Metal-Bands bin ich wohl zu
intellektuell. Ich bin kein besonderer Freund des Christentums, aber
in Schweden ist ja der Einfluß der Christen wesentlich
geringer als zum Beispiel in Bayern. Aber es gibt so viele andere
Glaubensrichtungen, die ich wesentlich interessanter finde.
Da ist es auch nicht verwunderlich, daß
Christofer in der Dragon Rouge Loge involviert ist, mit deren
geistigen Kopf Thomas Karlsson er eng befreundet ist.
Dragon Rouge ist eine Organisation, die
sich mit den magischen Wissenschaften beschäftigt. Sie hat
circa 500 Mitglieder und die meisten kommen aus Schweden, vielleicht
zwanzig Leute kommen aus anderen Ländern. Mittlerweile haben
wir auch eine Internetseite, da kann man sich näher
informieren.
Das letzte Output A Arab Zaraq Lucid
Dreaming kann man wohl am ehesten als Geschenk an die Fans
verstehen.
Zunächst einmal möchte ich ganz
deutlich sagen, daß es sich hierbei nicht um ein reguläres
neues Studioalbum handelt. Anstatt irgend so ein Best of
- Album zu veröffentlichen, mit ein oder zwei Bonus-Tracks mit
dem man den Leuten nur das Geld aus der Tasche zieht, wollten wir
etwas anderes machen. Das Album soll auch vom Preis her günstig
sein, irgendwo zwischen Midprice und dem Durchschnitt.
Neben Songs aus den Theli-Sessions gibt es
ein Remake des Therion Klassikers Symphony of the Dead
aber auch diverse Cover-Versionen von Metal-Klassikern wie Iron
Maiden, Judas Priest aber auch den Scorpions.
Ich bin bestimmt kein großer
Scorpions-Fan. Wenn man daran denkt, was die Scorpions in den
letzten Jahren so gemacht haben... Aber die Scorpions in den
Siebzigern, als noch der alte Gitarrist Uli Roth dabei war, die
waren völlig anders, das waren wirklich gute Alben. Nicht
wirklich symphonisch, auch nicht düster, aber schon irgendwie
melancholisch und besonders Flying to to the Rainbow
waren sehr progressiv. Und das wollte ich den Leuten zeigen, nach
dem Motto: Schaut her, die Scorpions waren auch mal gut.