Ivanhoe waren für viele
so etwas wie die deutsche Antwort auf Dream Theater. Doch nach drei
Alben ging dem tapferen Ritter dann die Puste aus. Ex-Ivanhoe Sänger
Andy B. Franck meldet sich nun mit seiner neuen Band Symphorce und
dem neuen Album Truth To Promises zurück. Mit
Prog-Metal hat das alles zwar nichts mehr zu tun, aber wir waren ja
schon immer für unsere Toleranz berühmt.
Die drei Ivanhoe-Alben
erscheinen bei WMMS, einem deutschen Prog-Label. Wie so oft, steckt
dahinter nicht viel mehr als ein Ein-Mann-Betrieb, und der Laden
läuft, wenn überhaupt, eher schlecht als recht. Für
alle Beteiligten ist oft mehr draufzahlen als Geld verdienen
angesagt, und Idealismus ist nicht unbedingt ein vollwertiger Ersatz
für Professionalität.
WMMS war natürlich eine
sehr kleine Plattenfirma. Da war nicht viel dahinter und ich hab
fast alles alleine machen müssen. Dadurch ging natürlich
viel vor die Hunde. Ich habe kein Problem mit den alten
Ivanhoe-Scheiben. Ich distanziere mich nicht davon. Es war eine
andere Zeit, es war eine andere Mucke. Aber der Cut ist jetzt da.
Ivanhoe war mal. Diese Art von Musik, diesen Progressive Metal werde
ich nicht mehr machen. Symphorce geht in eine völlig andere
Richtung - und die ist im Augenblick für mich genau richtig.
Aber bleiben wir noch mal bei
Ivanhoe. Immerhin gab es mit der dritten Scheibe ein Novum für
das Label. Polarized war die erste (und einzige?)
WMMS-Veröffentlichung, die mit Intercord einen größeren
Vertrieb vorweisen konnte-
Ich habe damals bei Intercord
gearbeitet. Peter Wustmann wollte sofort eine neue Platte, ich habe
aber gesagt, die mach ich nur, wenn der Deal über IRS läuft.
Es gab ein Riesentheater, aber ich habe mich schließlich
durchgesetzt. Man muß ja schließlich auch versuchen, die
Scheibe an den Mann zu bringen. O.K., das Album stand dann zwar
irgendwo im Laden, aber viel mehr ist nicht passiert. Es gab ja
praktisch keine Promotion. Die Interviews, die es gab, habe ich
selbst organisiert indem ich ein paar Leute anrief, die ich halt
kannte. Es gab eine einzige Anzeige im Heavy oder was?, und die habe
ich mit Horst zusammen auch noch selbst verfaßt. Das war's
aber dann auch schon. Mehr Unterstützung war nicht, und
natürlich ging das Album voll den Bach runter. Wir haben keine
zweitausend Scheiben verkauft.
Na ja, Verkaufszahlen sind ja
auch nicht alles. Aber was die Kritiken anging, besonders die in
Szene-Magazinen, wurde die Band immer in höchsten Tönen
gelobt und das nicht einmal zu unrecht. Und noch etwas haben
Ivanhoe geschafft.
Wir waren mit Iced Earth auf
Tour. Welche andere Band bei WMMS hat je eine Tour gespielt? Und wir
haben die Sache aus unserer eigenen Tasche bezahlt. Ivanhoe war wohl
eine der wenigen Bands bei WMMS, die einigermaßen bekannt
wurde. Aber es blieb halt einfach zuviel an mir hängen. Auch
die Band war mir da kein großer Rückhalt. Die anderen
haben Promotion auch eher für überflüssig gehalten.
Aber sie muß nun mal sein - natürlich neben
Live-Auftritten. Aber wenn es immer nur heißt, mach mal, dann
hast du irgendwann die Nase voll. Du telefonierst den ganzen Tag in
der Weltgeschichte rum und kriegst nicht mal die Kosten ersetzt.
Leere Versprechungen gab es jede Menge, darin war Wustmann der
Mega-Chef. So was ist auch eine Zerreißprobe für jede
Band.
Im letzten Jahr gab es dann ja
zunächst die Meldung, Ivanhoe hätten bei Noise gesignt.
Daraus ist dann aber nichts geworden.
Der alte Drummer und ich sind
dann zu Noise gegangen. Die Sache ist dann nur gescheitert, weil er
das gleiche machen wollte, wie mit Ivanhoe, wieder diese Tausend
Breaks. Ich habe dann einfach gesagt, Nein, ich mache keine Breaks
mehr, ich mache jetzt straight - Melodie und Power. Die Sache lief
dann auch über seinen Anwalt. Ich wurde wirklich plötzlich
aus jeder Ecke mit Anwaltsschreiben bombardiert. Der Deal mit
Ivanhoe und Noise wurde dann aufgelöst und ich habe mit
Symphorce komplett neu gesignt. Aber so wie die Sache jetzt gelaufen
ist, bin ich absolut glücklich damit. Hätte ich noch
einmal die Wahl, ich würde nichts anders machen.
Das klingt ja nun alles fast so,
als ob Andy mit Prog eigentlich nie etwas am Hut hatte.
Ich fand diese Prog-Sachen
damals durchaus interessant. Vor allem, sie selbst zu singen war für
mich eine große Erfahrung. Aber meine Roots sind eben völlig
andere, das sind Kiss, Judas Priest oder Iron Maiden. Zunächst
eben der mehr konventionelle Metal, und dann bin ich ja fast zum
Thrash übergegangen, mit Megadeath oder Testament. Auch Melodic
- Sachen, Dokken zum Beispiel, die sind richtig geil. Da steh ich
auch heute noch drauf.
Wenn man über Symphorce
spricht, spricht man immer über Andy B. Franck. Da liegt der
Verdacht nahe, hier handelt es sich eigentlich um einen Sänger
auf dem Egotrip mit ein paar Gastmusikern. Damit liegt man aber
völlig falsch.
Wir sind eine Band. Ich hatte
schon in der Endphase von Ivanhoe ein Side-Projekt laufen gehabt. Da
habe ich schon mit Mike und Stefan gearbeitet. Als der Split dann
endgültig war, habe ich die beiden einfach gefragt, ob wir
nicht eine Band gründen sollten. Ein Projekt läuft ja
immer nur so nebenher, wird immer stiefmütterlich behandelt.
Der Keyboarder kam dann über eine Anzeige zu uns. Mit dem
Drummer hat es etwas länger gedauert. Der kam dann von sich aus
auf uns zu. Wir haben wirklich eine gute Beziehung in der Band. Es
gibt kein Theater, weil wir alle in die gleiche Richtung wollen. Wir
sind jetzt richtig heiß auf Gigs, im Herbst gibt es eine Tour,
Weihnachten ein paar Festivals, danach beginnt schon wieder die
Arbeit für das nächste Album. Wir haben das Brot nicht neu
erfunden, aber ich glaube, man merkt, daß unsere Musik von
Herzen kommt. Gut, ich schreibe die Texte, und habe einen Song
alleine komponiert. Bei vier anderen war ich lediglich Co-Autor.
Jedes Bandmitglied gibt seinen Input zu den Songs. Es hat zwar jeder
seinen eigenen Song auf dem Album, das war aber nie beabsichtigt
sondern ist purer Zufall. Der Witz ist nur, es fällt
musikalisch nicht auf. Die Platte ist völlig rund. Diese Breaks
haben wir aber definitiv nicht mehr drin. Aber wir wollen natürlich
trotzdem keinen Null-Acht-Fünfzehn-Metal abliefern. Wir wollen
nicht auf diesen True Metal Boom aufspringen. Wir wollen schon
Metal, und das machen wir auch, aber - wie der Bandname schon sagt -
Symph steht für Symphonie, also den melodischen Teil und Force
eben für die Power und die Härte. Und die Sache soll einem
gewissen Anspruch gerecht werden. Der Hörer soll was kriegen
für sein Geld. Nicht nur Zack, runtergespielt und das wars.
Die Leute sollen die Songs hören und sagen, die Jungs denken
sich auch was dabei. Du legst die Platte nicht nach dem ersten Hören
weg und sagst O.K. ich kenne Track One, und kenne alle. Jeder Song
ist eigenständig mit einer persönlichen Note. Ich versuche
da auch, meinen Gesang zu variieren. Mal hoch, mal tief, mal klar,
mal rauh. Ich versuche jedem Song durch den Gesang meinen Stempel
aufzudrücken. Und so macht es jeder andere mit seinem
Instrument.
Ein Song fällt aber doch
aus dem Rahmen. Sea Of Live hätte auch auf einer
Kuschelrock-CD mit Bravour bestanden.
Du hast recht. Der Song ist
völlig anders. Wir haben auch lange überlegt, soll er
rauf, soll er nicht rauf. Wir sind uns dann aber in der Band doch
sehr schnell einig geworden. Wir wollen uns doch nicht selbst
irgendwelche Grenzen setzen. Der Song ist geil, der Song ist anders,
aber er Song ist trotzdem Symphorce. Es wäre doch jetzt
wirklich zu eindimensional zu sagen, wir machen nur das und das. Der
Song ist sehr soft für eine Metal-Band, aber das heißt ja
nicht, das wir zukünftig noch mehr in diese Richtung machen.
Der Song zeigt einfach auch, daß die Band etwas andere kann.
Und ich finde sehr wichtig, daß das die Leute auch mitkriegen,
und zwar in Form eines Songs. Erzählen kann ich schließlich
viel.
Und wenn man den Song nach dem
Ende einfach laufen läßt, dann gibt es ja nach einer
Pause noch ein paar sonderbare Klänge als Zugabe.
Da wurde ich einfach
reingelegt. Wir waren mit Antje von Noise essen und sie fragt, wie
die Songs klingen. Und ich sage, ich kann dir das nicht erzählen.
Ich kann nicht mit Worten sagen, wie Musik klingt. Dann habe ich
halt angefangen zu singen, der Song geht doing, doing, doing...Und
Antje lacht sich natürlich kaputt. Alle Leute liegen unter
Tisch, und Mike sagt, den da finde ich aber auch gut, dudaladoin,
dudaladoin....Wir sind dann in das Studio und Rüdiger sagte,
das müssen wir unbedingt aufnehmen. Wir sind dann ins Studio
und der Producer sagt, O.K., ihr könnt noch bißchen
Quatsch machen, ich sag euch, wenn ich soweit bin. Und mir kaspern
uns einen ab, und sagen dann, gut, jetzt sollten wir aber ernst
machen, und er sagt, hat sich schon erledigt. Die gesamte Crew hat
sich über unsere dummen Gesichter lustig gemacht. Im Computer
hat das Teil sogar einen Namen: Scheißdreck mit zwei Deppen.
Geiler Name für eine Band.
Enttäuschte Progger könnten sich damit bestimmt
anfreunden....
Zunächst denke ich, daß
unsere Musik immer noch sehr anspruchsvoll ist. Aber jetzt steckt
mein Herzblut darin. Ich betrachte es auch nicht als Rückschritt.
Wenn jemand das macht, was er wirklich schon immer machen wollte -
das kann kein Rückschritt sein. Ein Rückschritt wäre
es, wenn ich gesagt hätte, ich spiele jetzt True Metal, nur
weil True Metal jetzt angesagt ist. Das habe ich allerdings nie in
Betracht gezogen. Vielleicht sagen ein paar Prog-Fans jetzt "Der
Judas!" Ich habe aber auch nicht das Bedürfnis,
everybody's darling zu sein. Es gibt genug Leute, die mir schon
jetzt gesagt haben, mit Ivanhoe konnte ich nie etwas anfangen,
Symphorce finde ich schweinegeil. Es ist schade um jeden Fan, aber
wenn ein Prog-Fan mit Savatage etwas anfangen kann - ohne daß
ich mich mit denen vergleichen will - dann kann er vielleicht auch
etwas mit uns anfangen.