Mit der Erwartungshaltung ist
das so eine Sache. Nach dem die Amerikaner sich mit ihrem dritten
Album The Divine Wings Of Tragedy gegenüber den
Vorgängern erheblich gesteigert hatten und ein reichlich
geniale Scheibe irgendwo an der Schnittstelle zwischen Melodic -
Progressive und Symphonic Metal ablieferten, denkt man natürlich,
so geht das nun Jahr für Jahr weiter. Weiter ging es auch, über
das wie und warum und eine Menge anderer Sachen unterhielt ich mich
mit Gitarrist Michael Romeo und Keyboarder Michael Pinella.
So also sehen Jung-Rockstars
aus. Ziemlich fertig von den Strapazen des Fluges und eher
schüchtern als wild auf Sex & Drugs & RocknRoll.
Was die beiden Amis sofort sympathisch macht. Zum ersten Mal sind
sie in Deutschland, gerade in München aus dem Flieger gefallen,
die A9 nach Erlangen gekarrt, wo heute Abend Dream Theater und
Vanden Plas spielen, aber was tut man nicht alles, um die neue
Scheibe zu promoten. Damit hatte sicherlich niemand in seinen
kühnsten Träumen gerechnet, als vor einigen Jahre alles
begann. Michael Romeo, sicher der Kopf der Band, erzählt.
Es war so um 1990. Es gab einige
Bands in denen ich mit Freunden kleine Sachen am Laufen hatte. Ich
beschloß, ein paar Instrumentalstücke zu schreiben,
speziell für Gitarre. Ich hatte einige Ideen, einige ganz nette
Melodien - solche Sachen halt. Ich habe die Songs dann in meinem
Schlafzimmer aufgenommen, eine ganz kleine Sache. Ich gab das
Material einigen meiner Freunde, hatte aber nie die Absicht, es
wirklich zu veröffentlichen. Es war just for fun. Aber einigen
gefiel das, und so schickte ich es auch an diverse Gitarrenmagazine.
An Mike Varney und solche Leute und die zeigten sich recht angetan.
Irgendwie gelangte das Band dann auch nach Japan. Jemand von ZERO,
unserem jetzigen Label, rief mich dann an, und wollte wissen, ob ich
eine Band hätte, die ähnliche Musik macht. Ich habe damals
bereits mit Tom, unserem Bassisten, zusammen gearbeitet und waren
auf der Suche nach einem Sänger, aber wir hatten das
Bandprojekt bis zu diesem Zeitpunkt nicht so intensiv
vorangetrieben. Unsere Musik hat in den Staaten schließlich
keinen interessiert, und was außerhalb passiert, darum hatten
wir uns bis dahin überhaupt nicht gekümmert. Was sich dann
natürlich geändert hat.
Und letzten Endes zur Bandgründung
und zum Debüt, das schlicht unter dem Bandnamen 1994 in Japan
veröffentlicht wurde. Und selbst das Solo-Tape von damals wurde
1997 von ZERO veröffentlicht. Beide Arbeiten sieht Michael
Romeo heute eher kritisch.
Wir haben dann sehr schnell neue
Stücke komponiert. Das wurde dann das erste Symphony X - Album,
aber wir betrachten es eher als ein Demo. Wir hatten uns wirklich
gerade erst getroffen und alles ging rasend schnell. Das Solo-Tape
ist echt nur Spaß. Die Japaner haben es dann auch
veröffentlicht, und ich denke, es ist ganz O.K. Es zeigt den
Leuten, wie wir einmal angefangen haben. Sie sollten aber nie
vergessen, daß es eine Weile her ist. Wenn ich es mir
allerdings heute so anhöre.....Wenn ich heute so etwas machen
würde, würde es sich anders anhören...
Ein ordentlicher Deutscher mit
durchschnittlicher Allgemeinbildung denkt bei Symphonie
natürlich an Beethoven. Besseren Abiturienten fällt in der
Regel jedoch auf, daß der Maestro mit der bahnbrechenden
Frisur es nur auf neun Symphonien gebracht hat. Keyboarder Michael
Pinella lacht.
O ja, wir sind Fans von
Beethoven. Aber der Name hat nichts mit ihm zu tun. Als wir die Band
gründeten suchten wir einen Namen, der für das stehen
würde, was wir musikalisch machen wollten. Das X sollte dem
ganzen einen geheimnisvollen Touch geben, das Symphony steht für
eine unserer musikalischen Wurzeln.
Nach dem Debüt ging es Schlag
auf Schlag. Nur acht Monate später war der Nachfolger The
Damnation Game im Kasten. Hier gab es auch einen ersten
Wechsel im Line-Up zu vermelden, Rod Tyler wurde durch Russel Allan
ersetzt, eine Änderung, die Michael Romeo als sehr wichtig für
die Band ansieht.
Ross verfügt über ein
sehr breites Gesangsspektrum, so daß wir uns beim Songwriting
an keine Grenzen mehr halten müssen. Das ist wirklich ein
großer Pluspunkt.
War das zweite Album schon eine
beträchtliche Steigerung gegenüber dem Debüt, das
96er Album The Divine Wings Of Tragedy aber kam
einer kleinen Sensation gleich. Nur selten gelang es einer
Metal-Band progessive, symphonische und melodische Elemente zu
verschmelzen. Da ist man im Symphony X - Lager mit (wen wunderts?)
einer Meinung.
Mit dem Debüt waren wir nie
so richtig glücklich. Die Aufnahmequalität ist nicht so
berühmt. Vielleicht waren ja einige der Ideen ganz OK, aber wir
mußten zunächst herausfinden, was wir wirklich können.
Beim zweiten Album konnten wir uns mehr auf das Songwriting
konzentrieren. Die Melodien, die klassischen Einflüsse, der
Satzgesang. Beim dritten Album haben wir es dann geschafft, das
alles zu vereinen. Wir hatten unsere eigene Identität gesucht
und mit dem dritten Album haben wir sie gefunden.
So weit, so gut. Aber mit der
Weiterentwicklung auf Symphonie Nr. 4 - dem aktuellen Twilight
in Olympus - hapert es dann ja wohl. Was auf The Divine
Wings Of Tragedy so perfekt funktionierte, will diesmal nicht
so richtig rüberkommen. Aber eine solche Aussage kann Michael
Romeo natürlich nicht so einfach im Raum stehen lassen.
Ich glaube, es ist nicht so ein
großer Schritt wie vom zweiten zum dritten Album. Aber ich
denke schon, daß wir uns weiter verbessert haben. Es hat sich
so ergeben, daß bei Twilight in Olympus die
Mehrheit der Texte zuerst geschrieben wurde. Wir hatten also schon
all diese Stories, um die die Musik dann herum komponiert wurde. Wir
haben versucht diese Ideen im Auge zu behalten, und dann versucht,
sie so melodisch wie möglich umzusetzen. Für mich ist
dieses Album sehr melodisch. Jeder Song hat seine eigene Identität.
Und wenn es vielleicht doch nicht
ganz so toll ist, ein Sündenbock ist schnell gefunden - das
Label ist an allem schuld. Daß die Japaner es lieben, bis zum
Umfallen zu arbeiten, ist ja bekannt, aber müssen sie das denn
auch von ihren Künstlern verlangen?
Wenn es nach uns ginge, wir
würden alle zwei Jahre ein neues Album produzieren. Nach dem
Album kommt die Tour, dann werden in Ruhe neue Songs geschrieben und
dann geht es wieder ins Studio. Aber ZERO legen sehr viel Wert
darauf, ein neues Album so schnell wie möglich zu bekommen. So
kommen wir nicht dazu live zu spielen, verbessern uns nicht in dem
Maße, wie wir es eigentlich könnten. Diesmal war die Zeit
zum Beispiel so knapp, daß ein Song nicht fertig geworden ist.
O.K., das Album funktioniert auch so,aber es ist für uns eben
nicht richtig komplett. Wir haben mit ZERO darüber gesprochen -
ich meine, wir reden über einen Zeitraum von einem Monat. Aber
sie sind wirklich sehr pingelig, wenn es um das Einhalten von
Deathlines geht.
Dennoch ist man bei einem
ausländischen Label sicher am besten aufgehoben. In der Heimat
würde man vermutlich keinen Blumentopf gewinnen. Michael Romeo
kann da auch nur abwinken.
Du meinst die Staaten? O Gott,
die kannst du vergessen! Da passiert in dieser Richtung gar nichts.
Und Michael Pinella ergänzt:
Bei uns ist alles sehr trendy.
Die Leute folgen Trends. Was auf MTV läuft und was du im Radio
hörst ist das, was jedem gefällt. Es gibt einen kleinen
Markt für unsere Musik, aber das ist der absolute Untergrund.
Wir haben auch hier Fans und bekommen eine Menge Post, aber es ist
Untergrund. Bands wie Rush oder Kansas haben schon ihre Fans, aber
was sie machen, ist eben auch nichts wirklich Neues.
Ein Thema für sich ist wohl
auch die Live-Präsenz der Band. Die gibt es bis dato einfach
noch nicht. Während es sich immer mehr Bands angewöhnen,
nach jedem zweiten Studioalbum eine (in der Regel überflüssige)
Live-CD hinterherzuschieben, haben Symphony X noch nicht einaml ein
einziges Konzert gegeben. Was keinen mehr ärgert, als die
Musiker selbst.
Ich schätze, jeder glaubt,
wir sind eine reine Studioband. Seit es Symphony X gibt, heißt
es nur noch, Deathtlines sind einzuhalten oder Macht
lieber ein neues Album und und und. Jeder von uns vermißt
es, live zu spielen, denn das war das einzige, was er in der Zeit
vor der Band gemacht hat! Wir haben jede Woche gespielt, und jetzt
ist genau das Gegenteil der Fall. Es sind eben auch Dinge, die wir
nicht beeinflussen können. Es gab Wechsel im Line Up. Nach
Divine Wings Of Tragedy wollten wir spielen. Wir
begannen mit den Proben, da verließ uns der Drummer. Mit dem
neuen Mann reichte die Zeit nicht mehr, und außerdem standen
bereits die Termine für das nächste Album...
Allzulange müssen die
zahlreichen Fans aber nun nicht mehr darauf warten, ihre Stars live
zu erleben. Im September/Oktober wird die Band (vorausgesetzt man
schiebt nicht wieder ein neues Studioalbum dazwischen) gemeinsam mit
den Labelmates von Without Warning touren. Und auch wenn ich so
richtig glücklich mit der neuen Scheibe nicht geworden bin,
Symphony X sind auch an schlechten Tagen der Masse der Konkurrenz
Längen voraus. Wie auch immer, freuen wir uns auf die
anstehenden Konzerte im Herbst und warten auf Symphonie Nummer Fünf.
Das Schlußwort überlasse ich Michael Romeo.
Wir werden unseren Sound nie
drastisch verändern. Ein Album mag progressiver klingen, ein
anderes aggressiver - aber die musikalische Ausrichtung wird immer
die gleiche bleiben.