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Spock's Beard: Von Trekkies, emotionaler Musik und Duschen

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview


Keine Prog-Band hat wohl den Sprung vom Geheimtip zu den absoluten Top-Acts der Prog-Szene so schnell geschafft wie Spock's Beard. Im Rahmen ihrer Deutschlandtournee unterhielt ich mich in Offenbach mit Neal Morse. Der behauptete zwar von sich, recht müde zu sein und dringend unter die Dusche zu müssen, entpuppte sich aber ansonsten schon mal als echter Witzbold.

Du bist ja nun nicht gerade mehr ein Teenager. Warum hat es solange gedauert, bis du eine Prog-Band gegründet hast?

Nun, ich mache ja auch noch diese Sänger/Songwriter-Solosachen. Aber irgendwie hat mich das gesamte Business dann so frustriert, daß ich gesagt habe: Also gut, dann mache ich eben etwas, was sich einen Teufel um kommerzielle Aspekte kümmert und nur dazu da ist, mir Spaß zu machen. Die Musik einfach nur der Musik wegen zu machen, deshalb wurde „The Light“geschrieben.

Ich bin zwar nicht gerade ein Star Trek - Experte, aber ich habe noch nie etwas von Spock's Bart gehört. Ich hätte ja noch verstanden, wenn ihr euch „Spock's Ears“ genannt hättet!

Der Name ist mehr ein Witz. Mein Bruder Al hatte die Idee. Wir hatten eine riesige Liste mit Vorschlägen, als wir einen passenden Namen suchten. Einige der Namen klangen richtig seriös, aber das war nicht unser Ding. Dann kam Al mit Spock’s Beard und wir sagten, O.K. warum nicht.

Magst du eigentlich alle diese Sachen mit Kirk und Spock?

Doch, ich mag Star Trek, allerdings kann man mich wohl nicht als Trekkie bezeichnen.

Eure Musik orientiert sich sehr stark an den Siebzigern. Das ist in der Prog-Szene allerdings eher die Regel als die Ausnahme. Was macht das Geheimnis eures Erfolges aus?

Ich weiß nicht. Wir machen, was mir machen wollen, weil es genau das ist, was wir lieben. Und natürlich freuen wir uns, wenn andere Leute unsere Musik auch mögen. Die Sache läuft ganz gut, O.K. - es könnte noch besser laufen, aber das kann es immer. Aber ein Geheimnis, das gibt es wirklich nicht.

Ihr habt ja auch eine Live-CD veröffentlicht. Meint ihr nicht, das war ein wenig früh?

Nun ja, der finanzielle Faktor war sehr wichtig. Ich meine, wir hatten die Live-Tapes, sie waren da - also warum sie nicht auf CD pressen und veröffentlichen. Sie ist ja auch nur eine Art Fan-Club CD und wird nicht so vertrieben wie die regulären Studioalben. Sie ist nur in einigen Läden zu haben. Es war so eine Art Nebenprodukt. Aber sie rockt. Wenn du sie mit den Studio-Versionen vergleichst, die Live-CD hat einfach mehr Drive.

Du hast schon deine Arbeit als Solist erwähnt. Die Mitglieder von Spock's Beard haben aber schon für eine Vielzahl wirklich sehr bekannter Künstler gearbeitet. Am bekanntesten dürfte die Beteiligung eures Drummers Nick D' Virgillo am neuen Genesis-Album sein. Aber er gibt noch mehr...

Nick arbeitet ebenfalls mit Tears for Fears und Peter Gabriel zusammen. Unser Keyboarder Ryo Okumoto hat unter anderem für Aretha Franklin gearbeitet. Ich und unser Bassist Dave Meros sind in der Live-Band von Eric Burdon. Alle diese Dinge machen eine Terminplanung nicht gerade leicht. Aber wir ziehen diese Sachen durch - irgendwie muß jeder sehen, wie er finanziell über die Runden kommt. Spock's Beard ist aber für uns alle das wichtigste.

Auf dem neuen Album ist mit „June“ ein Song enthalten, der zwar wunderschön ist, aber für euch eigentlich vollkommen untypisch.

Ich habe „June“ vor allem geschrieben, um es live zu präsentieren. Ich denke, es kommt bei den Leuten sehr gut an, wenn man ihnen in der Mitte des Sets mal eine Verschnaufpause mit einem einfach nur schönen Titel gönnt. Und wir haben ja nun mal mehrere sehr gute Sänger in der Band, also bietet sich ein solcher Harmoniegesang ja regelrecht an. Wir haben den Titel mit auf das Album genommen, obwohl er kein typischer Progsong ist, aber ich glaube die Progfans sind auch ziemlich offen, wenn es um andere musikalische Richtungen geht. Nimm nur Greg Walker von Sym-Phonic - er hat sicher einen ziemlich ungewöhnlichen Geschmack - aber sogar er mag June. Und unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß es wirklich funktioniert.

Der Titelsong eures zweiten Albums ist ein George Harrison - Cover. Ich kenne das Original zwar nicht, kann mir aber vorstellen, daß es mit eurer Version nicht mehr viel zu tun hat.

Ich stand unter der Dusche, als mir die Idee dazu kam. Ich mochte den Song sehr, aber wir haben ihm dann dieses typische Prog-Gefrickele verpasst.

Und George Harrison war es wohl egal?

Wahrscheinlich. Ich kann nicht gerade behaupten, daß ich allzuoft mit den Beatles telefoniere.

Wenn man eure Texte betrachtet - so tue zumindest ich mich ziemlich schwer damit, immer eine vernünftige Interpretation zu finden. Bei „In the mouth of darkness“ denkt ihr wohl darüber nach, ob das Leben nicht einfacher wäre, würden wir alle durchdrehen.

Du hast schon recht, es geht darum, wie cool es doch wäre, wenn wir alle einfach verrückt würden. Aber da ist auch diese dunkle Seite, eine böse Seite. Was in unseren Texten eigentlich wichtig ist, sie müssen sich gut singen lassen, das Gefühl muß stimmen. Es geht nicht unbedingt um große Inhalte. Du mußt sie also nicht unbedingt lesen.

Bei „The Kindness of Strangers“ hab ihr im Gegensatz zu den beiden ersten Alben auf einen Titelsong verzichtet.

Tatsächlich? Mann, wir haben einen Song vergessen, oh Scheiße!

Wie steht ihr zu der Aussage, Prog fehle es an Gefühlen?

Ich glaube, Progressive Rock ist die emotionalste Musik, die es überhaupt gibt. Jedenfalls für mich. Mich hat ein Song wie „Heart of the Sunrise“ mehr berührt, als alles andere auf der Welt. Es geht nicht um die Instrumentalparts, es geht um die Songs an sich. Es ist egal, ob die Texte einen Sinn machen oder nicht, das Gefühl, das der Song vermittelt, ist wichtig. Eine Menge unserer Songs bewegen mich wirklich. Das Ende von „Walking on the wind“ hat mich bei einem unserer Konzerte sogar einmal zum weinen gebracht, so gerührt war ich.

Wenn du nach der Produktion eines Albums das Studio verläßt, bist du immer hundertprozentig zufrieden oder gibt es Dinge, die du anders machen würdest - hättest du noch mal die Gelegenheit.

Ja, immer. Allerdings betrifft das nicht die Songs, sondern solche Fragen der Produktion und des Mixes - der Bass ist zu laut, der Gesang zu leise, solche Sachen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Prog-Bands hat es bei euch mit Label und internationalem Vertrieb recht schnell geklappt.

Na gut, es hat auch eine Weile gedauert. In den Staaten haben wir mit Greg Walker und Sym-Phonic begonnen, und es war wirklich gut. Radiant Records ist nun mein eigenes Label - die Major Companies wissen mit einer Band wie uns einfach nichts anzufangen. Vielleicht wird’s ja irgendwann...

Ihr seid die Nummer Eins im Rock Hard gewesen. Ich weiß nicht, ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.

Ja, wir werden wohl bald Black Sabbath covern müssen. Im Ernst, wie sind natürlich sehr froh darüber, daß unsere Musik im Rock Hard so gut ankommt. Sie unterstützen uns auch bei dieser Tour - Wir lieben euch, wir lieben euch .....



© Renald Mienert
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