Adagio heißt
das neue Album dieser Doom - Metalband aus Texas. Adagio, das
bedeutet in der klassischen Musik soviel wie langsam.
Und auch wenn Doom-Metal etwas aus der Mode gekommen ist, langsam
aber sicher gehen Solitude Aeturnus ihren Weg. Ich sprach mit
Gitarrist John Perez.
Adagio ist euer
fünftes Album, das erste bei Massacre. Mit euren ersten Labels
wart ihr offensichtlich nicht so glücklich.
Wir sind jetzt seit elf Jahren im
Geschäft. Unsere beiden ersten Alben Into The Depths Of
Sorrow und Beyond The Crimson Horizon erschienen
1991 und 1992 bei Roadrunner. Danach kam es zur Trennung, weil wir
für ihre Ansprüche einfach nicht genügend Platten
verkauften. Wir wiederum waren unzufrieden mit der Art, wie wir
promotet wurden. Ich glaube, sie hätten weitaus mehr für
uns tun können. Danach signten wir bei einem amerikanischen
Label, bei Pavement. Hier erschienen dann auch die nächsten
zwei Alben, Through The Darkest Hour 1994 und Downfall
1996. Hier kam es zur Trennung, weil sie in bestimmten Dingen
einfach nicht fair zu uns waren. Wir erfuhren nie, wie sich unsere
Alben verkauften und sahen keine müde Mark. Auch Pavement waren
ziemlich schwach in Sachen Promotion und außerdem hatten sie
permanent finanzielle Probleme. Was wir dann suchten, war ein Deal
in Europa, am liebsten in Deutschland. Ich glaube, daß wir
hier einfach auch einen besseren Markt für unsere Musik finden.
Europa ist generell ein besserer Platz für traditionellen Metal
und generell aufgeschlossener den verschiedenen Stilen gegenüber.
Natürlich gibt es überall Trends, aber in Europa ist man
längst nicht so trendorientiert wie hier. Massacre hat uns
kontaktiert und uns ein gutes Angebot gemacht und wir haben
zugesagt.
Wie würdest du das Gefühl
beschreiben, das eure Musik am treffendsten charakterisiert?
Ich glaube, unsere Musik, auch
wenn es sich dabei um Metal handelt, hat viel mit dieser Dark Music
gemeinsam. Gut, man nennt unsere Musik normalerweise Doom Metal,
auch wenn ich bevorzuge, einfach nur von Metal zu sprechen. Fakt ist
aber auch, daß wir diesen Doom - Einfluß haben. Wie
willst du nun diese Musik beschreiben? Schau aus dem Fenster und der
Himmel ist voller Wolken und es regnet. Das ist so in etwa das
Gefühl hinter unserer Musik. Die Kraft des Donners gemischt mit
der Melancholie eines verregneten Tages. Wir möchten eine
bestimmte Atmosphäre mit unserer Musik erzeugen. Wir sind
bestrebt wirklich anspruchsvolle Songs zu schreiben, ich denke, das
wird in der Metalszene oft ein wenig vernachlässigt.
In wie weit besteht aber eine
direkte Beziehung zwischen eurer Musik und euren Persönlichkeiten?
Du sprichst hier einen wirklich
interessanten Punkt an. Doom Metal spielen bedeutet nicht, daß
wir keinen Spaß haben. Wir sind nicht diese Black Metal Typen,
die sich nackt in den kalten Wind der norwegischen Wälder
setzen, dort den Mond anheulen und sich den Arsch abfrieren. Wir
nehmen unsere Musik sehr ernst und dieses dunkle Gefühl, das
sich in ihr widerspiegelt, ist ein wichtiger Teil unserer
Persönlichkeit - aber eben nur ein Teil. Es ist wie bei einem
Maler. Wenn ein Maler ein Bild malt, mit einem sehr depressiven
Motiv, von mir aus ein Schlachtfeld, dann heißt das noch lange
nicht, daß er selbst ständig depressiv ist. Er drückt
einfach ein bestimmtes Gefühl aus, und genau das machen wir mit
unsere Musik.
Auch wenn Doom momentan nicht
gerade angesagt ist, uns steht ja ein neues Jahrtausend bevor, da
werden ja üblicherweise genügend Stimmen laut, die das
Ende der Welt verkünden. Das könnte dem Doom-Metal ja zu
einem Aufschwung verhelfen.
Weißt du, je älter ich
werde, um so weniger gebe ich auf solche Aussagen. Ich kümmere
mich nicht darum. Jedesmal, wenn ein Jahrhundertwechsel bevorsteht,
und natürlich erst recht bei einem Jahrtausendwechsel,
entstehen diese Theorien - irgendwelche drastischen Veränderungen
stünden uns bevor - aber sie treffen nie ein. Natürlich
leben wir in einer Welt, in der es viele schlechte Dinge gibt, die
man alle als ein Zeichen der Apokalypse deuten kann. Ich habe mir
vorgenommen, so gut zu leben, wie ich kann.
Heißt das, daß du
mit der Existenz im musikalischen Underground zufrieden bist?
Wenn mir jemand das Angebot
machen würde, mit meiner Musik eine Million Dollar zu
verdienen, ich würde innerhalb einer Sekunde zusagen. Natürlich
würde es mir gefallen, wenn unsere Art von Musik bei der
breiten Masse populärer wäre, wenn wir in großen
Hallen spielen würden, tonnenweise Platten verkaufen und
stinkreich werden würden. Aber so ist es nicht. Wir sind elf
Jahre im Geschäft, haben fünf Alben veröffentlicht
und haben nicht einen einzigen Dollar dabei verdient. Es ist
wirklich keine Übertreibung - wir haben nicht hundert Dollar
verdient, nicht zweihundert - keinen einzigen. Die einzige
Motivation, die Band am Leben zu halten, ist der starke Wunsch,
diese Art von Musik zu schaffen.
In Deutschland ist es ja schon
fast Tradition, daß auf einem Heavy-Album eine Coverversion
vertreten ist. Ihr habt mit Heaven and Hell einen Black
Sabbath - Titel ausgewählt.
Ursprünglich war es
eigentlich gedacht, diese Coverversion nur als Bonustrack zu
verwenden. Massacre haben uns gebeten, einen Bonustrack aufzunehmen,
der dann auf die japanische Version des Albums kommen sollte und auf
das Digi-Pack. Das Stück hat Massacre dann aber so gut
gefallen, daß es kein Bonustrack wurde, sondern eine
Bestandteil des offiziellen Albums. Und warum gerade dieses Stück?
Nun, natürlich ist Black Sabbath eine der wichtigsten Metal
Bands aller Zeiten. Aber uns war es wichtig, ein Stück zu
covern, mit Ronny James Dio als Frontmann. Zig Leute haben Black
Sabbath gecovert, aber alle sprechen sie in dem Zusammenhang nur von
Ozzy Osbourne und Black Sabbath. Keiner denkt an die Periode mit Dio
als Sänger. Aus meiner Sicht sind die Alben, die Sabbath mit
Dio machten, mindestens genauso gut wie die mit Ozzy. Dio ist einer
der besten Sänger der Rockgeschichte, und das Covern dieses
Songs ist unsere Art zu sagen, he Leute, vergeßt nicht, daß
es neben Ozzy auch eine Zeit gab, als Dio den Sabbath-Sound
mitbestimmte. Ich glaube, wir sind die erste Band, die einen Song
mit Dio und Black Sabbath gecovert hat.
Als ich zur Vorbereitung auf
dieses Interview durchs Internet surfte, war ich ziemlich
überrascht, euch auf einer Progressive Metal - Site zu finden.
Ich bin ebenfalls überrascht,
das zu hören. Vielleicht trifft es auf die beiden ersten Alben
zu, weil man da eventuell Einflüsse der frühen Fates
Warning heraushören konnte. Für mich war es aber nicht
progressive, für mich war es einfach Metal. Fakt ist aber, daß
wir uns definitiv vom Sound der beiden ersten Alben entfernt haben.
Wir klingen jetzt mehr heavy, geradliniger und dunkler. Ich glaube
mit Adagio haben wir einen Punkt erreicht, mit dem wir
alle unseren bisherigen Erfahrungen - im Songwriting und in der
Produktion - zu einem gewissen Abschluß gebracht haben. Das
nächste Album wird sicher stark davon abweichen. Es wird
Solitude Aeturnus bleiben, aber es wird vielleicht experimenteller
werden oder Psychedelic-Einflüsse haben. Es wird nicht mehr nur
heavy sein, weil wir glauben, in diesem Bereich alle Möglichkeiten
ausgeschöpft zu haben. Natürlich kann man durch einen
drastischen Soundwechsel Fans verlieren, aber man kann auch neue
gewinnen. Es ist ein Glückspiel.
Hoffen wir, daß Solitude
Aeturnus in diesem Spiel zukünftig zu den Gewinnern gehören.