Aller guten Dinge sind
drei, sagt man für gewöhnlich, was man im Falle von
Shadow Gallery durchaus für bare Münze nehmen kann.
Allerdings sollte man den Spruch vielleicht noch um Gut Ding
will Weile haben ergänzen. Wie auch immer, Tyranny ist
eines der besten Prog-Metal-Alben des Jahres geworden 1098
Eigentlich hatte ich Carl Cadden
James am Telefon erwartet, aber der Boss is busy, und so meldet sich
eben Gitarrist Brendt Allman. Etwas, womit ich kein Problem habe.
Die hatten allerdings die zahlreichen Fans der Band, da man sich mit
dem neuen Output doch etwas viel Zeit nahm. Immerhin erschien das
bis dahin letzte Studioalbum Carved In Stone bereits im
Sommer 1995. Aber es kamen halt so einige Dinge zusammen.
Zunächst einmal wollten wir
auf alle Fälle sicherstellen, daß das neue Album besser
wird als Carved In Stone. Das hat dazu geführt, daß
wir allein ein Jahr für das Songwriting benötigten. Hinzu
kamen dann allerdings noch diverse rein technische Schwierigkeiten.
Wir haben das Album ja selbst aufgenommen und haben unser Studio
komplett auf Digitaltechnik umgestellt. Als wir bereits einen guten
Teil von Tyranny aufgenommen hatten, hat sich eine
Festplatte verabschiedet und dummerweise hatten wir keine
Sicherheitskopie, so daß wir praktisch von vorn anfangen
mußten. Das hat uns alleine neun Monate gekostet. Hinzu kommt
natürlich, daß wir alle auch noch einen ganz normalen Job
haben, das heißt, die meisten Aufnahmen haben wir irgendwann
in der Nacht gemacht. Wir haben uns schon mächtig reingekniet,
aber mehr ging eben nicht.
Wo wir mal nicht meckern wollen,
denn mit dem fertigen Produkt sind dann ja wohl alle zufrieden. (Ich
weiß, bis auf Stefan). Musikalisch unverkennbar Shadow
Gallery, hat man sich diesmal auch was das inhaltliche Konzept
betrifft, ordentlich angestrengt. Und so ist Tyranny ein
Konzeptalbum geworden, und zwar eines, mit eine ziemlich
vielschichtigen Story. Es geht um einen Militär, der die
Sinnlosigkeit des Krieges begreift und daraufhin seinen Dienst
quittieren muß. Was dann passiert, ist so einfach nicht zu
beschreiben, es geht um Liebe, Cyberspace und alle möglichen
dunklen Machenschaften. Als Film mag das ja funktionieren, aber als
Rockmusik?
Ich glaube es funktioniert, und
zwar am besten, wenn du die Musik anhörst und gleichzeitig dazu
die Texte liest. Die Idee zu dem inhaltlichen Konzept kommt von
Carl. Er hat auch fast ein Jahr an der Geschichte gebastelt. Das
Album sollte schon als ganzes betrachtet werden. Wir haben es in
zwei Teile gegliedert, ein bißchen wie ein richtiges
Theaterstück eben. Aber ich glaube auch, daß jeder Song
genug Individualität besitzt, um für sich selbst zu
stehen.
Wo ich auch gar nicht
widersprechen will. Aber noch mal zu der Story. Das klingt doch
alles ziemlich fiktiv, fast schon nach Science Fiction, oder von mir
aus besser Science Fact. Aber von Fiktion will Brendt nichts wissen.
Leider ist es eben in erster
Linier Realität. So soll unser Album auch definitiv unsere
Kritik darüber zum Ausdruck bringen, wie die Dinge heute in
unserer Gesellschaft laufen.
Mittlerweile geistern ja bereits
Gerüchte durch die Welt, die von einem Sequel sprechen. Doch
Brendt gibt sich hier eher zurückhaltend.
Die Geschichte hat keinen
richtigen Abschluß, aber es gibt noch keine definitiven Pläne
für eine Fortsetzung. Aber wir halten die Idee nicht für
so abwegig.
Auf Tyranny arbeitet
man auch mit einigen Gastmusikern. Ich bin mal unhöflich und
beginne mit den prominenteren Herren von Royal Hunt und Dream
Theater.
D.C. Cooper hatte gerade ein
Album von Royal Hunt bei Magna Carta hier in den Staaten
veröffentlicht. Wir suchten jemand für die Figur des Bill.
D.C. ist ein großartiger Sänger, wir haben ihn gefragt
und er hat zugestimmt. Er kam zu uns und wir haben seinen Part in
unserem Studio aufgenommen. James La Brie haben wir bei der Arbeit
zum Rush Tribute Working Man kennengelernt. Als er dann
auch genau wie D.C.Cooper für das Explorers Club -
Projekt gearbeitet hat, haben wir ihm unsere Musik gegeben und er
hat seinen Part gesungen.
Während die beider Herren
ja bestens bekannt sind, hat man von der weiblichen Verstärkung
bisher nichts gehört.
Nun, Laura Jaeger ist eine
Sängerin hier aus unserer Umgebung. Sie hat auch eine eigene
Band. Als wir Time für das Pink Floyd - Tribute
Album aufgenommen haben, hat sie die Backing Vocals gesungen. Wir
haben sie dann gebeten, auch auf Tyranny zu singen. Der
Lustige daran ist nur, daß sie zu dem Zeitpunkt hochschwanger
war. Sie hat so heftig gesungen, daß wir glaubten, jeden
Moment könnte das Baby kommen.
Wäre doch mal was anderes
gewesen. Aber begeben wir uns an dieser Stelle zu den Anfängen
der Band. Aus einer Metalband namens "Sorcerer"
hervorgegangen, nannte man sich ab 1991 Shadow Gallery. Ein Name aus
einem Comic von Alan Moore V for Vendetta. Man schickte
ein Demo an Mike Varney, der damals gerade mit Pete Morticelli dabei
war, das mittlerweile renommierte US-Proglabel Magna Carta ins Leben
zu rufen. Man wurde sich schnell einig und im Sommer 1992 erschien
das Debüt, schlicht nach dem Bandnamen betitelt. Die Band hatte
damals keinen Drummer, und so versteckt sich hinter dem auf dem
Cover angegebenen Ben Timely ein Drumcomputer.
Es war einfach kein Trommler weit
und breit zu finden. Wir leben in Bergen. Sozusagen am Arsch der
Welt. Wir betrachten das Debüt auch mehr als Demo. Wir hatten
eigentlich vor, nachdem wir einen Deal gefunden hatten, das Album
komplett neu aufzunehmen. Aber Magna Carta wollte das Finished
Product so schnell wie möglich auf den Markt bringen, und so
ist es eben mit Drumcomputer erschienen.
Wobei ich das mit dem Demo mal
als falsche Bescheidenheit abhake. Zahlreiche Kapellen wären
froh, auf dem Zenit ihres Schaffens ein solches Album auf die Reihe
zu kriegen. Von Anfang an haben es Shadow Gallery verstanden, einen
wirklich bandtypischen Sound zu kreieren. Was für die Masse der
Bands ja gerade im Bereich des Prog-Metal ein scheinbar unlösbares
Problem darstellt. Freilich hat man auch das Glück zum einen
mit einem genialen Frontmann zu arbeiten, zum anderen aber auch, was
die Chöre angeht, ganz weit vorn mitzumischen.
Wir sind alle große Fans
von Queen und so legen wir großen Wert auf die Backing Vocals
und Satzgesang. Aber wir werden uns natürlich niemals mit einer
Band wie Queen vergleichen können. Außerdem legen wir
wirklich großen wert auf Melodien, besonders im
Gesangsbereich. Bei uns steht der Gesang im Vordergrund, nicht
instrumentale Selbstdarstellung.
Betrachtet man die Rollen der
einzelnen Bandmitglieder, entsteht schnell der Eindruck, daß
Carl Cadden James des kreativen Kopf von Shadow Gallery darstellt.
Brendt hat auch gar kein Problem damit.
Carl bringt eine Vielzahl von
Ideen ein. Er hat auch die meiste Erfahrung wenn es um den gesamten
Produktionsprozeß geht. Er trifft also auch die meisten der
Entscheidungen. Wir sind alle am Songwriting beteiligt, wenn wir
auch nicht wirklich gemeinsam komponieren. Jeder hat eine Idee zu
einem bestimmten Teil, gibt diese dann weiter und so entsteht
schließlich ein Song.
1995 folgte dann Carved In
Stone, diesmal mit einem Menschen hinter der Schießbude
und auch dieses Album wurde positiv aufgenommen. Und wenn ich schon
über die Musik nicht meckern kann, bleibt mir nur, mich auf
Nebenkriegsschauplätze zu begeben. So war es schon nervig, daß
zwischen der Numerierung der Titel auf dem Cover und dem, was dann
auf dem Display des CD-Players angezeigt wurde, offensichtlich kein
Zusammenhang bestand.
Wir wollten einfach dem Hörer
die Chance geben, zu beliebigen Stellen des Albums zu springen. Ich
glaube besonders Ghost Ship haben wir in viele kleine
Teile gegliedert. Am liebsten mögen wir es natürlich, wenn
man den Song komplett hört, aber falls dem einen oder anderen
ein Part besonders gefällt - bitte schön
Na ja - wer einen Song wie
Ghost Ship nicht am Stück hören kann, der wird
sich vermutlich auch die Hosen mit der Kneifzange anziehen. Aber wie
gesagt - es gibt Schlimmeres. Ziemlich genial auch die Idee für
das Coverartwork. Das Dollarsymbol als Mischung aus Schwert und
Schlange - darauf muß man erst Mal kommen. Die Umsetzung hat
dann Rainer Kalwitz besorgt, in der Prog-Szene mittlerweile ja fast
schon eine Art zweiter Roger Dean.
Er kam auf uns zu und schickte
uns einige seiner bisherigen Arbeiten. Wir dachten sofort, der Typ
ist Klasse und nahmen mit ihm Kontakt auf. Wir skizzierten dann
einige unserer Vorstellungen für ein Cover und schickten sie
ihm und daraus wurde dann sein Vorschlag. Ich denke, es drückt
genau das aus, was wir auch mit der Story von Tyranny
ausdrucken möchten.
Bleibt noch ein Kuriosum.
Trotz drei erfolgreicher Alben und immerhin schon acht Jahren Shadow
Gallery ist man bisher noch nicht ein einziges Mal live aufgetreten.
Wie so oft ist alles immer eine Frage des Geldes, aber was ist
nicht, kann ja noch werden.