In diesen Tagen erscheint
mit Legend Part II der zweite Teil eines Projektes, das
in der Geschichte der Rockmusik wohl einzigartig ist. Der
inoffizielle Soundtrack zum Ende der Welt wird insgesamt
drei CDs mit etwa fünf Stunden Musik umfassen. Ich
unterhielt mich mit Bandleader Eric Clayton und wieder einmal
stellte sich heraus, ein Gespräch mit ihm, ist so ziemlich das
Interessanteste, was einem passieren kann.
Welche Eigenschaften muß
ein Künstler haben, um ein solch gigantisches Projekt wie
Legend auch wirklich durchzuziehen?
Um die Sache mal etwas humorvoll
zu betrachten: Jeder Künstler, der ein solches Projekt in
Angriff nimmt, muß schon ein wenig verrückt sein. Um
ehrlich zu sein, dieses Projekt ist für mich eine Berufung.
Gott selbst hat diese Idee in mein Herz gebracht, die meine Seele
und mein ganzes Dasein als Künstler inspiriert. Ohne die
Inspiration Gottes hätte etwas wie Legend nicht
gemacht werden können. Weißt du, wir hatten zwei
Studioalben, die sehr gut liefen und dann das Live-Album. Wir hätten
die Möglichkeit, genauso weiterzumachen und an unserem Erfolg
zu bauen. Wir hätten uns nur an einem herkömmlicheren
Sound orientieren zu brauchen. Da war wirklich eine Chance, ganz
groß zu werden. Natürlich haben wir uns da Fragen
gestellt - was machen wir, wenn wir viel Geld wollen, was machen
wir, wenn wir berühmt werden wollen? Es gibt viele Dinge, von
denen ich mich abwenden kann. Aber Gott hat diese Idee in mein Herz
getragen, und wenn du an Gott glaubst so wie ich an Gott glaube,
dann mußt du es einfach machen. Dieses Projekt ist das Eine
auf der Welt, vor dem ich nicht davonlaufen kann.
Wenn Ende nächsten Jahres
der dritte Teil erscheint, nahmen die Arbeiten an Legend
insgesamt sieben Jahre in Anspruch. Gab es auch Momente, in denen du
geglaubt hast, der Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein?
Es gab diese Momente. Dieses
Projekt ist so komplex, so riesig, daß es natürlich sehr
schnell dazu kommen kann - du wirst von dieser Größe
einfach niedergewalzt. Natürlich gab es diese Zweifel auch im
Umfeld, wenn du das rein Geschäftliche siehst. Es ist nun nicht
gerade ein Projekt, mit dem man eine Menge Platte verkauft. Es war
vom Beginn an also auch ein Kampf, die Leute in der Band, die Leute
im Umfeld, an Legend glauben zu lassen. Aber es hat
funktioniert. Saviour Machine ist mit diesem Projekt gewachsen, ist
immer stärker geworden.
Musikalisch hat ja Legend
mit euren ersten beiden Studioalben kaum noch etwas gemein. Legend
hat genau genommen mit der ganzen Rockmusik kaum noch etwas gemein.
Ist es überhaupt noch Rockmusik?
Ich weiß es wirklich nicht.
Legend ist mit Worten nicht zu beschreiben. Man könnte
es natürlich als eine Art Soundtrack betrachten oder eine
moderne Form der Rockoper. Es sind so viele musikalische Elemente
darin enthalten - symphonische, gothic, dark metal, progressive. Wir
arbeiten auch viel mit Rhythmen aus dem Mittleren Osten, was
natürlich am Inhalt von Legend liegt. Der
Ausgangspunkt der Apocalypse liegt ja in einem Konflikt zwischen
Israel und der Welt des Islam. Dies alles vereint, ergibt einen
Sound, den man nur schwer beschreiben kann. Nennen wir es einfach
eine Moderne Symphonie.
Ich finde es erstaunlich, daß
eine Band wie Saviour Machine, für die ja das Bekenntnis zum
Christentum an vorderster Stelle steht, bei einem Label wie Massacre
signt, das ja nun doch eher in der Black/Death-Metal-Szene zu Hause
ist.
Wir haben mit Massacre einen
Lizenz-Deal. Wir sind immer noch eine Art Independend Act. Massacre
war damals definitiv auf Black und Death - Metal spezialisiert ,
aber ich glaube, sie haben auch versucht, aus diesen engen Grenzen
auszubrechen und sich einem breiterem musikalischem Spektrum zu
öffnen. Das haben sie mit uns probiert um dann zu sehen, was
passiert. Wir sind zwar die einzige christliche Rockband, die bei
ihnen gesignt hat, aber das zeigt schon, daß man auch dort
sehr aufgeschlossen anderen Stilen gegenüber geworden ist. Und
sie haben ihre Sache auch gut gemacht. Ich glaube, sie haben
manchmal ganz schön Probleme damit, uns zu vermarkten, denn es
ist definitiv schwer uns zu vermarkten. Wir bewegen uns nun mal
musikalisch auf einem sehr schmalen Pfad, und es ist immer schwierig
etwas zu vermarkten, was man nicht in eine bestimmte Schublade
stecken kann. Und wir haben auch keine Schwierigkeiten mit diesen
anderen Stilen, wir haben mit Black-Metal-Bands getourt, mit Gothic
und Progressive - Bands. Wir gehören zu keinem dieser Stile,
aber Elemente daraus findest du auch bei uns. Es ist auch schon eine
Herausforderung, sich als Saviour Machine inmitten all dieser
dunklen Musik zu behaupten.
Aber wie stehst du denn nun zu
deinen Kollegen von der Black-Metal-Front, grimmig schauend,
schwerterschwingend, bepinselt wie ein Pandabär, auf ihrem
ewigwährenden Kampf gegen das verhaßte Christentum?
Ich kann die meisten dieser
Äußerungen nicht wirklich ernst nehmen. Es kommt mir oft
vor wie ein Witz. Ich glaube, viele dieser Black Metal Acts haben
einfach keine neuen Ideen. Und in sehr vielen Fällen steckt
nichts dahinter als nur Promotion und Imagepflege. Es gibt aber auch
Künstler, die wirklich diesen dunklen Background haben, und so
etwas verursacht mit Kummer. Unglücklicherweise erreichen ihre
Botschaften besonders junge Menschen. Viele Jugendliche sind
unsicher und verwirrt, haben ihren Platz noch nicht gefunden, und
diese Musik trägt dazu bei, diese Verwirrung noch zu
verstärken. Diese Konzepte der allgegenwärtigen Gewalt,
oder des Aufgebens, weil es nichts gibt, für das es sich zu
Leben lohnt, halte ich für sehr schädlich. Unsere Welt ist
so schon dunkel genug.
Und auch du hast ja selbst
genügend Erfahrungen auf der dunklen Seite
gesammelt...
Es ging mir wie vielen anderen
jungen Menschen. Als Teenager ist man noch ohne konkrete
Orientierung. Ich war ziemlich experimentierfeudig, wenn es darum
ging, Antworten auf meine Fragen zu finden. Ich habe alle Sorten von
Drogen ausprobiert, alle möglichen Chemikalien. Aber anstatt
mir Antworten zu geben, haben sie alles nur noch schlimmer gemacht.
Nach vier, fünf Jahren erreichte ich schließlich einen
Punkt, an dem ich praktisch nicht mehr am Leben war. Körper,
Gehirn und Geist waren wir komplett gestorben - wie ein Zombie. Am
Ende dieses Abschnittes meines Lebens war ich ein gebrochener Mann.
Aber du hast diese Probleme
gelöst und dich Gott zugewandt. Mit der Instituition Kirche
hast du allerdings so deine Schwierigkeiten....
Es besteht ein großer
Unterschied zwischen dem echten Christentum und Religion. Dies sind
zwei völlig verschiedene Dinge. Unglücklicherweise hat die
Geschichte gezeigt, daß die Menschheit über das Talent
verfügt, alles zu verderben, mit dem sie in Berührung
kommt. Die Religion ist davon nicht ausgenommen. Das Wort von
Christus bleibt aber immer das Wort von Christus, egal, wie man auch
versucht es zu manipulieren. Ich möchte, daß die Menschen
die Wahrheit auf einem höheren Niveau finden, nicht, daß
sie die Wahrheit durch andere Menschen gesagt bekommen, sondern
durch ihre Herzen finden. Ich betrachte mich nicht als eine Art
Kreuzfahrer mit der Mission die Welt zu retten. Ich möchte den
Leuten die Wahrheit zeigen.
Ihr beschreibt auf Legend
das Ende der Welt. Betrachtest du dies als Fiktion, als eine
Prophezeihung oder als Fakt?
Es ist definitiv ein Fakt. Ich
folge der Bibel, und die Prophezeiungen der Bibel haben sich als
hundertprozentig richtig erwiesen. Meine Berufung besteht darin,
diese Prophezeiungen musikalisch umzusetzen. Es geht nicht darum,
meine Meinung oder meinen Standpunkt oder etwas ähnliches
darzulegen. Den Menschen dieses zu dann zu vermitteln - auf einem
bestimmten Level ist es auch einfach das Verbreiten von Kenntnissen
- darin sehe ich meine Aufgabe. Und wenn ich dann merke, daß
ich Leute erreicht habe, das ist riesig.
Aber angenommen, jemand hört
eure Alben und der Inhalt überzeugt ihn. Das würde im
Klartext ja bedeuten, daß es in absehbarer Zeit einen Dritten
Weltkrieg gibt, daß die Chancen für diesen jemand und
seine Familie zu überleben eher schlecht aussehen. Also was
soll er machen?
Ich bin selbst Vater, ich habe
zwei Töchter. Und ich werde oft gefragt, wie kannst du an einem
Projekt arbeiten, das das Ende der Welt ankündigt und dennoch
als zufriedener Mensch leben? Und ich gebe immer die gleiche
Antwort: Die Welt wird vielleicht sterben, aber das ist kein Grund
für uns, jetzt nicht zu leben. Ich möchte hier nicht wie
ein Prediger wirken, aber ich glaube an Gott. Je dunkler die Welt
sein mag, es gibt auch das Licht, und das Licht ist die einzige
Chance, die wir haben.
Ich kann mir beim besten Willen
nicht vorstellen, was Saviour Machine nach Legend noch
machen könnten. Ihr wart ja immer bestrebt, euch weiter zu
entwickeln. Jedes konventionelle Album, wäre nach
einem solchen Projekt aber einem Rückschlag gleichzusetzen. Wie
eine Steigerung jdoch aussehen sollte, ist mir absolut unklar.
Auch diese Frage wird mir oft
gestellt. Es sieht wirklich so aus, als gäbe es nichts, was wir
nach Legend noch machen könnten. Als wir mit den
Arbeiten begannen, war allen bewußt, daß es sich um ein
bahnbrechendes Vorhaben handelt, das aber unter Umständen auch
das Ende von Saviour Machine bedeutet. Wenn das Projekt
abgeschlossen ist, werden wir versuchen es komplett - die ganzen
fünf Stunden - weltweit aufzuführen. Natürlich kann
das auch so teuer werde, daß wir es nur ein - oder zweimal
machen können. Und wenn das geschafft ist, auch wenn mir diese
Vorstellung im Augenblick sehr schwer fällt, ist wahrscheinlich
der Zeitpunkt gekommen, sich anderem zu widmen. Ich sagte ja schon,
daß ich Familie habe. Ich möchte mehr Zeit mit meinen
Kindern verbringen. Legend ist ein Projekt, das mir
alles abverlangt, und das ist auch für meine Kinder sehr
schwer.