Es ist zwar nicht mehr unbedingt eine Sensation, wenn eine
Band ihren zwanzigsten Geburtstag feiert, aber so oft kommt es ja
nun auch nicht vor. Mit der schwarzen Szene hat SAGA zwar so gut wie
nichts zu tun, doch da es sich in den Songs der Band gelegentlich um
phantastische Themen dreht, dürfte sie auch dem einen oder
anderen Grimoire-Leser ein Begriff sein. Spätestens nach dem
Lesen dieses Artikels. Grimoire gratulierte Leadsänger Michael
Sadler zum Band-Jubiläum.
Die Geschichte von SAGA begann vor zwanzig Jahren im kanadischen
Toronto: Jim Chrichton (b, key), Steve Negus (dr) und Michael Sadler
(voc) hoben die Band aus der Taufe. Schon bald erkannte man, dass
musikalische Trends in der Regel recht kurzlebig waren, und
beschloss folgerichtig, diese einfach zu ignorieren. So entwickelte
SAGA einen eigenen keyboardorientierten Sound, irgendwo zwischen
Heavy, Pop und Progressive und kümmerte sich nicht weiter um
Punk oder New Wave. Das schlicht und einfach SAGA
betitelte Debüt erschien dann 1978. Hatte man eigentlich damals
an einen solchen Erfolg geglaubt?
Ich habe nicht gedacht, dass es zwanzig Jahre dauert. Ich
hatte Vertrauen, dass wir erfolgreich seien würden, aber in
meinen wildesten Träumen habe ich nicht an diesen Zeitraum
gedacht. Dass es solange dauerte ist wie ein Segen für mich,
zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.
Die ersten Alben erreichten in Europa zwar Geheimtip-Status, bis zum
internationalen Durchbruch inklusive Chartnotierungen musste man
jedoch etwas warten.
Ich glaube, den Durchbruch im Rockgeschäft, dieses
einer breiten Masse bekanntwerden, schafften wir mir
Rock & Pop in Concert in der Westfalenhalle 1979
oder 1980. Wir spielten damals zusammen mit Spliff, Meatloaf und
Foreigner.
Das vierte Album schließlich, Worlds Apart, konnte
sich auch in den Staaten in den Hitparaden plazieren und
gelegentlich bekam man nun auf MTV auch Videos der Band zu sehen.
Mit Titeln wie The Flyer, Wind him up oder
On the loose konnte SAGA auch beachtliche Singlehits
vorweisen und war von nun an eigentlich eine feste Größe
im Rockgeschäft. Aber gab es eigentlich auch Probleme?
Eine Menge. Unsere neue Platte heisst Pleasure and
Plain. Es gab eine Menge Freude, und manchmal Streß.
Aber die Probleme waren nie so groß, dass wir daran dachten
aufzuhören.
SAGA gehörte auch zu den wenigen westlichen Bands, die bereits
in der ehemaligen DDR live spielten. Nicht nur ein oder zwei Songs
in einer Fernsehshow, die Band gab im September 1983 in Suhl ein
begeistert aufgenommenes Live -Konzert. Für den
Normal-Sterblichen waren Karten dafür so gut wie nicht zu
bekommen, immerhin wurde seinerzeit eine komplette Aufzeichnung des
Gigs im DDR-Fernsehen gezeigt. War dieses Konzert eigentlich etwas
besonders?
Es war schon ein komisches Gefühl, alle diese
Passkontrollen. Es war je eine ziemlich aufwendige Produktion. Wir
waren mit drei Trucks unterwegs und zwei oder drei Bussen. Musiker
aus dem ganzen Land sind damals gekommen und alle haben sie
gestaunt: Diese Technik, diese Synthesizer. Ich glaube wir waren
zwei Tage dort.
In der zwanzigjährigen Geschichte veröffentlichte man
bisher immerhin zwölf Studio-Alben. Gibt es da so etwas wie
einen Favoriten?
Natürlich gefällt mir immer die letzte Platte
besonders. Ich persönlich mag sonst vor allem Behaviuor
- aus verschiedenen Gründen.
Und auf der anderen Seite? Hat SAGA vielleicht auch einmal eine
Platte auf den Markt geworfen, von der man heute sagt, das hätten
wir besser nicht machen sollen? Nicht gerade eine leichte Frage. Wer
gibt schon gerne zu, auch mal Murks gemacht zu haben. Für
SAGA-Fans ist die Sache jedoch klar: Steel Umbrella aus
dem Jahre 1994 wird von vielen Anhängern der Band als
schlichtweg grausam empfunden.
Steel Umbrella? O ja, Danke! Bist du ein SAGA -
Fan? Die Platte ist ziemlich strange. Es ist keine typische
SAGA-Platte. Ich mag sie trotzdem, aber sie spiegelt nicht das
wieder, was die Leute unter SAGA verstehen.
Auf alle Fälle gelang der Band mit dem darauffolgenden Album
Generation 13 ein Werk, das ihr kaum noch jemand
zugetraut hätte. Das 1995 veröffentlichte Konzeptalbum
enthält fünfundzwanzig Tracks und erinnert an die großen
Rockopern wie sie einst von Bands wie The Who oder
natürlich auch Pink Floyd mit ihrem legendären The
Wall veröffentlicht wurden. Aber ein Konzeptalbum? In den
Neunzigern? So etwas ist ja nun wirklich nicht in. Das
gesamte Projekt war ja wohl ein ziemliches kommerzielles Risiko...
Und? Es ist ein wirklich gutes Album geworden. Und was heisst
schon kommerzielles Risiko? Kommerz interessiert mich
nicht, lediglich die künstlerische Seite. Und wenn du mit Fans
sprichst, auch mit Hard Core SAGA Fans, sie lieben diese Platte. Die
Entscheidung, dieses Album zu produzieren, fiel nur aus
künstlerischer Sicht, nicht aus kommerzieller. So ein Album
macht man nicht, um kommerziell Erfolg zu haben, wie du schon sagst,
es ist nicht modern. Man würde es wahrscheinlich mehr
anerkennen, gäbe es einen Film dazu.
Kommen wir noch zu dem Thema SAGA und Science Fiction. Man sagt der
Band ja häufig eine Vorliebe für phantastische Themen
nach...
Auf den ersten vier Platten gab es jeweils zwei Stücke,
die die Untertitel Chapter 1 bis 8 trugen. Alle zusammen bildeten
sie so etwas wie eine Science Fiction Storie.
Aber eigentlich steht man mehr auf Science Fact. Besonders der Komet
Hale-Bopp hat es Michael Sadler angetan...
Ist er nicht riesig? Du musst wissen, meine Frau arbeitet auf
dem Flughafen. Sie hatte Frühschicht, und ich brachte sie
gerade zum Auto. Da sah ich den Kometen das erste Mal. Ich hatte
vorher nichts davon gehört, und dachte, verdammt noch mal, was
zum Teufel ist das?
Aber zurück zu den irdischen Dingen. Besonders die Kritiker
meinten es nicht immer gut mit der Band. Unter anderem war von
unnatürlicher Synthetik oder übertriebenem
Spiel mit Effekten die Rede.
Ich glaube keinem Kritiker. Ich achte schon auf diese
Aussagen, aber wir veröffentlichen keine Platte, wenn wir nicht
damit zufrieden sind. Das war selbst bei Steel Umbrella
so. Wir standen unter Zeitdruck und mussten diese Songs für
eine Fernsehshow machen. O kay, letzten Endes ist es nicht meine
Lieblingsplatte, aber trotzdem waren wir mit dem Endprodukt
zufrieden. Wenn du etwas veröffentlichst, das du nicht magst -
warum veröffentlichst du es dann?
Und damit sind wir auch schon in der Gegenwart. Pleasure and
Pain, Album Nummer 13, kann man ja wieder als typisches
SAGA-Album bezeichnen....
Absolut.
Auf dieser Platte gibt es auch ein Wiedersehen mit der Figur des
Sam vom Generation 13 Album...
Nun, das ist mehr ein Scherz. In einem Lied steckt er
sozusagen den Kopf durch die Tür und sagt ein paar Sachen,
This is not a SAGA-Record oder so.
Es gibt auch eine neue Version eines alten SAGA-Songs zu hören.....
Nun, wir hatten alle eine Menge Spaß, als wir dieses
Album produzierten. Jeder hatte ein großes Lächeln auf
seinem Gesicht. Wir kamen ins Studio und hatten praktisch noch
keinen einzigen Song geschrieben. Schließlich kamen wir auf
die Idee, Youre not alone noch einmal aufzunehmen.
Womit wir bei der Zukunft wären. Da steht zunächst einmal
Michael Sadlers - Soloalbum ins Haus. Aber so ganz alleine wird er
es ja nicht einspielen können. Bleibt die Frage, wen er zur
Unterstützung anheuert..
Es gibt eine Menge Leute, mit denen ich zusammen arbeite
möchte. Vielleicht Tony Levin und Manu Katché in der
Rhythmus-Sektion. Ich bin noch in der Vorproduktion. Wenn es dann
zur endgültigen Aufnahmen kommt, werde ich entscheiden. Was die
Gitarre angeht, habe ich noch keine Idee. Jeder Song auf meiner
Soloplatte wird anders klingen, eigentlich braucht jeder Song einen
anderen Gitarristen.
Abschliessend noch eine persönliche Frage. Michael Sadler lebt
seit einigen Jahren in Saarbrücken. Was sind denn nun die
wirklichen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem
amerikanischen Lebensgefühl?
Genau genommen habe ich zwei Heimatländer. Geboren wurde
ich in Wales, wuchs dann aber in Toronto auf. Der europäische
Lebensstil liegt mir mehr als der amerikanische. Die Leute sind hier
einfach realistischer.
Da bin ich ja dann doch ziemlich verwundert, sagt man nicht immer,
im Amiland ist alles so easy? Aber es gibt noch einen Grund, der für
Deutschland spricht. Immerhin sind die Frauen hier wesentlich
schöner als sonst irgendwo...
Und da kann selbstverständlich auch Michael Sadler nicht
widersprechen. Schließlich ist er seit mehreren Jahren mit
einer Deutschen verheiratet.