Hatten Nuclear Blast im
vergangenen Jahr mit Hammerfall aus Skandinavien die
True-Metal-Newcomer des Jahres im Rohr, so schickt man sich jetzt
an, den 97ger Erfolg noch zu toppen. Primal Fear haben mit ihrem
schlicht nach dem Bandnamen betitelten Debüt ein Melodic-Metal
Album vorgelegt, das ihnen erst mal jemand nach machen muß.
Ich unterhielt mich mit Sänger Ralf Scheepers.
Die Geschichte von Primal Fear
beginnt eigentlich mit einer persönlichen Katastrophe.
Ex-Gamma-Ray-Sänger Ralf Scheepers machte sich berechtigte
Hoffnungen auf den vakanten Posten des Judast Priest - Shouters.
Ich hatte eine Priest-Coverband
namens Just Priest, weil ich mich so auf den Job des Leadsängers
bei Judas Priest vorbereiten wollte, für den ich mich ja
beworben hatte. Eine Show stand noch aus, allerdings brauchten wir
Verstärkung. Damals trommelte Ralf Schulz von Sinner bei uns,
und so fragten wir Sinner-Basser Mat, ob der nicht Lust hätte.
Wir spielten diese eine Show und Mat war es denn, der später
die Idee hatte, eigene Songs zu schreiben und Demos aufzunehmen. So
ist eigentlich Primal Fear entstanden.
Denn Priest hatten sich ja
bekanntlich für Tim Owens entschieden. Was sicherlich ihr gutes
Recht war. Aber Entscheidungen kann man so oder so treffen. Und
Versprechungen machen ist die eine Seite, sie halten, eine ganz
andere.
Es war schon sehr schwierig für
mich. Ich hatte sehr häufig Kontakt zum Priest-Management und
mir ist immer versprochen worden, daß ich zu einem Vorsingen
eingeladen werde. Ich habe mich wahnsinnig darauf gefreut und mich
intensiv vorbereitet - ich hatte Priest ja persönlich nie
kennengelernt. Da war die Enttäuschung natürlich riesig,
als ich erfuhr, daß die Entscheidung dann plötzlich schon
gefallen war. Nach dem Gamma Ray und Priest -Loch stand ich ja
komplett ohne Band da. Da gab es schon Momente, wo ich hinschmeißen
wollte, aber es hat sich dann doch herausgestellt, es geht einfach
nicht.
Aber (fast) alles hat auch seine
gute Seiten. Anstatt der Frontmann auf einer Priest-Scheibe zu sein,
die von der Masse der Fans doch eher zwiespältig aufgenommen
wird, macht man mit Primal Fear jetzt sein eigenes Ding - und das
richtig gut. Doch da mit Mat Sinner am Bass und Tom Naumann an der
Gitarre zwei Sinner-Mitglieder mit von der Partie sind und auch
Drummer Klaus Sperling eigentlich bei Prolopower hinterm Mikro(!)
steht, drängen sich natürlich Fragen auf, ob wir es hier
nicht vielleicht nur mit einer Eintagsfliege zu tun haben.
Eins ist uns in letzter Zeit klar
geworden. Primal Fear ist auf jeden Fall eine Band und kein Projekt.
Wir werden weiterhin Platten machen und auch live auftreten.
Prolopower von Klaus war ohnehin nur so ein Spaß-Ding und er
bezeichnet sich selbst auch nicht als Sänger. Prolopower ist
ein Fun-Projekt und da wird halt gebrüllt. Und was Sinner
angeht. Nun, ich will Mat und Tom die Entscheidung nicht abnehmen,
aber sie haben auch schon durchblicken lassen, daß sie
eigentlich mehr an Primal Fear interessiert sind. Es gibt auch kein
Konkurrenz-Denken. Mat singt ja auch bei Sinner, und bei Primal Fear
macht er zweite Stimme und Chöre.
Und was den neuen
Priest-Frontmann angeht, Ralf sieht es gelassen.
Ein paar Stücke auf der
neuen Scheibe sind ganz OK. Aber es sind nicht mehr die alten
Priest. Aber der neue Sänger ist in Ordnung. Ich weiß,
daß er die alten Sachen ganz gut hinkriegt, und an dem liegts
ja auch nicht.
Es scheint ja im deutschen
Melodic Metal zur Regel zu werden, einen Hard Rock Klassiker aus den
Siebzigern zu covern. Iron Savior wählten einen Song von
Nazareth, Gamma Ray einen von Uriah Heep. Hier nun ist Deep Purples
Speed King fällig. Alle Affen machen nach?
Nein, das lag nicht daran, daß
das jetzt jeder macht, wir fanden den Song einfach gut. Wir hatten
ihn mal im Proberaum gespielt, als wir noch nicht so viel eigenes
Material hatten.
Aber eigentlich hätte man
bei euch ja eher mit einem Priest Cover rechnen können. War man
vielleicht doch bockig?
Gedanken in diese Richtung gab es
schon. Wir hatten an Heart of the lion gedacht. Das
haben Priest komponiert und auch aufgenommen, aber nie auf Platte
gepreßt. Wir dachten, wir nehmen uns den Song mal vor, dann
war er uns aber doch zu modern und wir wollten lieber was altes
machen.
Einer der Songs auf dem Album
heißt Formula One. OK, dieses Thema ist natürlich
für eure Art von Metal geeignet - schnell und aggressiv. Oder
steckt noch mehr dahinter?
Ich bin ein absoluter Formel 1
Fan! Ich war 95 in Monaco und es war wirklich einmalig!
Was sagst du denn dann zu dem
verpatzten WM-Titel von Kollege Schuhmacher?
Fehler macht jeder mal! Er ist
immer noch einer der besten Fahrer - es war halt ein Black Out!
Ein solcher war der Ausstieg von
Ralf Scheepers bei Gamma Ray allerdings nicht. Überhaupt
gefällt ihm der Begriff Ausstieg nicht.
Das mit dem Ausgestiegen klingt
immer ein bißchen komisch. Besser ist eigentlich in
beiderseitigem Einverständnis. Wir hatten 93 ein
Bandmeeting als der Rest mich eigentlich mehr oder weniger zwingen
wollte, sofort nach Hamburg zu ziehen. Sozusagen innerhalb von einer
Woche. Das war im Oktober, ich hatte eine Kündigungsfrist für
meine Wohnung von drei Monaten, das wäre dann Januar. Ich hab
gesagt, ihr habt jetzt drei Jahre auf mich gewartet, dann werdet ihr
doch auch noch die paar Monate schaffen.
Haben sie aber offensichtlich
nicht.
Dann habe ich auch das Gefühl
gehabt, daß Kai wieder selbst singen wollte, er hatte wohl
wieder Blut geleckt, also war es besser, daß sich unsere Wege
getrennt hatten. Mir liegt schon daran eindeutig klarzustellen, daß
es speziell zwischen Kai Hansen und mir keinerlei Streitigkeiten
gibt. Wir sind immer noch befreundet und das wird auch so bleiben.
Sonst hätte Kai wohl kaum
als Gast auf Primal Fears Debüt mitgewirkt. Gar nicht mal so
untypisch für das Genre bekam man zunächst einen
Japan-Deal bei JVC/Victor. Auch nicht so untypisch, daß sich
das Album dort ausgesprochen gut verkauft. Hierzulande signte man
bei Nuclear Blast.
Markus von Nuclear Blast hat
unsere Scheibe gehört und wollte uns unbedingt haben. OK, die
Leute machen sonst eher diese Death Metal - Geschichten, aber das
muß ja nichts heißen.
Und was erwartet man in Puncto
Erfolg in heimischen Gefilden?
Wir rechnen auch mit einem
Charteinstieg und wenn man so die ersten Reaktionen sieht, dann
denke ich doch, daß wir in der Metal-Szene recht weit oben
dabei sind. Wir haben Spaß gehabt, wir haben unser bestes
gegeben und unabhängig davon, ob die Songs nun ankommen oder
nicht, haben wir das gemacht, was wir machen wollten.
Es gibt Leute die sagen, Melodic
Metal klingt immer gleich. Axel Rudi Pell, Helloween, Gamma Ray -
alles eine Brühe.
Es ist selbstverständlich,
daß es innerhalb einer Stilrichtung Ähnlichkeiten gibt.
Was die Bands unterscheidet ist meistens der Sänger, an dem du
eine Band erkennst und natürlich die Songs selbst.
Wenn ihr erst morgen ins Studio
müßtest um das Album einzuspielen, würdest du Dinge
anders machen?
Wir stehen hundertprozentig
hinter der Scheibe. Aber wenn du aus dem Studio raus gehst, weißt
du jedesmal, was du beim nächsten Mal anders machen würdest.
So richtig zufrieden ist man nie. Man freut sich, wenn die Fans
positiv reagieren, weil die es sind, für die wir die Musik
machen. Wir selbst betrachten uns schon als Perfektionisten, die
immer wieder Dinge verbessern wollen, die noch nicht so optimal
gelaufen sind.
So viele fallen mir da aber eigentlich gar nicht
ein.