Wenn Rocklegenden in die
Jahre kommen, strotzen sie nicht unbedingt immer vor Kreativität.
Betrachtet man die Regelmäßigkeit der Veröffentlichungen
von Michael Schenker in den letzten zwanzig Jahren, so kann im Falle
seiner Person davon bestimmt nicht die Rede sein.
Auch wenn im Bandnamen immer das
Wort Group auftaucht, so ist sie doch eigentlich
ausschließlich Michael Schenkers Baby. Die musikalischen
Mitstreiter wechseln ständig, so daß man es doch
eigentlich auch beim bloßen Michael Schenker belassen könnte.
Aber Namen sind ohnehin Schall und Rauch.
Michael Schenker Group ist meine
Gruppe. Das ist eine Sache, die ich jetzt schon seit 1980 mache. Es
ist ein Teil meines Lebens, etwas was ich immer machen werde. Das
mit dem Namen ist reine Gewohnheitssache. Es könnte auch nur
Michael Schenker heißen. Michael Schenker, oder Michael
Schenker Group, das ist im Prinzip egal.
Betrachtet man das aktuelle Line
Up, so sind mit Schlagzeuger Shane Galaas und Keyboarder und
Rhythmusgitarrist Seth Bernstein zwei Leute mit dabei, die immerhin
schon seit zwei Jahren bei MSG dabei sind. Sänger Kelly Keeling
und Bassist John Onder sind aber auch wieder zwei neue Leute mit
dabei. Melodic Rock Fans kennen Kelly sicher von Baton Rouge
und John ist auch bei den Prog-Metallern von Artension zugange.
Das neue Line Up ist reiner
Zufall. Den Sänger und Bassgitarissten hat mir Mike Varney
empfohlen.
Und Michael Schenker war sicher
gut beraten, dieser Empfehlung zu folgen. Auch wenn die Namen der
aktuellen Besetzung noch relativ unbekannt sind (was ja nicht so
bleiben muß), in der Vergangenheit zählten auch
zahlreiche Rockgrößen zu MSG egal ob jetzt Graham
Bonett oder der leider verstorbene Cozy Powell, beide auch von
Rainbow bekannt. Ein Wunsch Line Up gibt es aber nicht.
Ich weiß im grunde
genommen eigentlich gar nicht, was es draußen eigentlich gibt,
weil ich mich mit Rockmusik sonst gar nicht befasse. Ich höre
nämlich keine Rockmusik. Wenn ich eine Platte mache, rufe ich
die Leute an, die ich gut finde und mit denen ich gerne arbeiten
würde. Wenn sie nicht zur Verfügung stehen, dann muß
ich eben neue finden.
Beziehungsweise finden lassen,
zum Beispiel vom schon erwähnten Mike Varney. Der Shrapnelboss,
der bei The Unfogiven die Produzentenrolle übernahm,
gilt ja als unermüdlicher Talentescout in Sachen
Rockgitarristen.
Mike Varney macht sehr viele
Sachen. Er hatte mich schon öfter mal angerufen, wegen diverser
Projekte, aber bisher hat es nie geklappt. Er hat auch was mit
Mogg/Way gemacht, da hab ich ein Stück gehört, das mir von
der Produktion her sehr gefallen hat. Und da hab ich ihn gefragt,
und da hat er im Prinzip gleich die fehlenden Leute vorgeschlagen.
Da habe ich praktisch die Band gleich komplett gehabt.
Wo wir uns mit Mogg/Way schon
langsam dem Thema UFO nähern. Man fragt sich natürlich
schon, wie das ist, wenn man so ein Fast UFO
Album hört, auf dem man doch eigentlich selbst dabei sein
müßte. Kauft man sich vielleicht sogar das Teil vor
lauter Wehmut?
Auf Walk On Water
von UFO war ein Mogg/Way-Song drauf, sowie ein Michael Schenker Song
und ein Paul Raymond-Song. Daher kannte ich die Produktion. Und
kaufen würde ich mir die CD sowieso nicht. Ich hab sie von
irgendwem gekriegt und einmal gehört und da war ein Song drauf,
der mir sehr gefallen hat. Das war dann allerdings nicht der Song,
der als Bonustrack auf Walk On Water landete.
Das besagte UFO-Album, erschien
ja in Japan bereits 1995, in Europa erst zwei Jahre später.
Spät? Besser spät als
gar nicht. Es lag einfach daran, daß wir zunächst
versuchten, das Teil selbst zu verkaufen. Das war sehr viel Arbeit,
und dann mußten wir eben warten, bis sich die Möglichkeit
bot, das Album professionell zu verkaufen.
Was die folgende Tour betraf,
waren dann ja doch recht bald Schlagzeilen wie UFO abgestürzt
zu lesen. Und es gab auch Stimmen, die behaupteten, von einer Band
könne wohl nicht mehr die Rede sein, hier wird nur mit Routine
eine Tour abgerissen, um noch ein paar Mark zu verdienen.
Das hat mit dem Management zu
tun. Wir haben bisher noch kein Management gefunden, mit dem ich
zufrieden wäre. Es lag vor allem an der Organisation. Man muß
wissen, wo man hinfliegt, wo die Proberäume sind, wo das Hotel
ist. Da müssen Leute da sein. Wenn das nicht klappt, dann ist
man einfach nicht professionell organisiert, und ohne das, geht es
für mich nicht weiter. Eine Band braucht eine gute
Organisation. Wenn die nicht da ist, funktioniert da nichts.
Musikalisch war alles in Ordnung, Publikum war es auch, aber dann
muß da auch eine Organisation sein, die das alles
zusammenhält.
Stellt sich natürlich die
Frage, ob das abgestürzte UFO noch zu reparieren ist.
Das wird die Zukunft zeigen.
Als nix genaues weiß man
nicht. Michael Schenker war ja 1974 von den Scorpions zu UFO
gewechselt. UFO waren ja damals mit ihrer Kombination von Hard
und Spacerock bereits sehr erfolgreich. Wobei sich der Stil mit
Michael Schenkers Einsteig deutlich in Richtung Heavy verlagerte.
Das hat sich damals ziemlich
schnell entwickelt. Wir hatten unsere erste Platte gemacht, aber
Deutschland war noch nicht reif für diese Art von Musik. In
England war das alles schon alltäglich und wurde auch viele
ernster genommen. Es war also ein ziemlich ernster Entschluß.
Und was den Stilwechsel angeht, dazu kann ich nur sagen, daß
mein Einstieg wahrscheinlich auch den Stil der Band geändert
hatte.
Aber der Erfolg hatte auch seine
Schattenseiten, auch Michael Schenker kam um Suchtprobleme nicht
umhin.
Ich persönlich halte
überhaupt nichts von diesen Sachen. Jeder muß wissen, was
für ihn am besten ist. Ich fühle mich am wohlsten ohne den
ganzen Kram. Bei meinen Problemen handelte es sich auch mehr um das
Thema Tablettensucht. Die Ärzte hatten mir Medikamente
verschrieben, und wenn du davon mehr nimmst als verordnet, dann kann
das eben auch zu einer Sucht führen.
Aber verlassen wir die
Vergangenheit. Es wird ja demnächst eine Tour geben, aber um
ungelegte Eier kümmert sich Michael Schenker nicht.
Ich weiß nicht, was die
Fans erwarten. Wenn es soweit ist, eine Tour zusammenzustellen,
werden wir es tun. Zu de Songs kann ich noch nichts sagen, dazu
braucht man Zeit, und das ist eine Art Prozess, der von sich selbst
abläuft. Was dabei herauskommt, wird man erst dann sehen, wenn
ich mich darauf konzentriere.
Auch dem Standardvorwurf an
Rock-Gitarristen, sie seien einfach alle zu selbstverliebt, und
wollten der Welt nur zeigen wie genial sie wären, und darüber
die Songs vergessen, steht er gelassen gegenüber.
Ich paß immer auf, das
alles gut ausbalanciert ist. Wie es bei anderen ist, weiß ich
nicht. Ich kann da nur für mich selbst sprechen. Wenn es am
besten schmeckt, soll man aufhören.
Überhaupt ist es sehr
verwunderlich, daß Michael Schenker offenbar die gesamte Szene
absolut nicht interessiert. Er hört nicht gezielt Rockmusik,
auch keine Klassik, was eben grade läuft das läuft, und
auch davon, daß es dem konventionellen Metal schon seit
geraumer Zeit wieder besser geht, weiß er nichts.
Ich weiß nicht, warum
die Sachen so sind, wie sie sind, weil ich auch wenig damit zu tun
habe.
Was du mir da erzählst, das
höre ich immer nur von den Leuten, die Interviews mit mir
machen. Das da jetzt wieder irgendetwas in Sachen Metal passiert,
also gewußt habe ich das nicht. Ich mache das, was ich gerne
mache. Mir ist egal, was die andern machen. Wichtig ist, daß
man Freude und Spaß an dem hat, was man macht. Dadurch kann
man das auch länger durchhalten. Wenn man sich diese Musik dann
auch nicht permanent anhört, dann bleibt man frisch. Und wenn
man mit einem neuen Album beginnt, hat man mehr Freude. Die
Sehnsucht nach einem neuen Album ist dann größer.
Und wenn das dann fertig ist,
dann ist das Thema auch erledigt. Was Fans und Kritiker dann meinen,
ist so ziemlich schnuppe.
Kritiken sind relativ
uninteressant, weil man es sowieso nicht allen Leuten recht machen
kann. Natürlich ist man um so zufriedener, je mehr Leute es gut
finden, was man macht. Oft passiert es ja auch, daß sich die
Szene verändert, Journalisten vollziehen diese Änderung
mit und plötzlich gefallen ihnen die Sachen nicht mehr. Wenn es
sich um eine ehrliche Kritik handelt, weil man einfach nur eine
schlechte Platte gemacht hat, ist das auch wieder eine besondere
Sache. Hat man sein bestes gegeben und alles so gemacht, wie man es
wirklich wollte, dann ist es eben einfach eine
Meinungsverschiedenheit. Wenn man vielleicht auch mal treue Fans
verliert, dann ist das zwar schade, aber man kann dagegen eigentlich
nichts machen. Natürlich ist alles einfacher, wenn die Leute
deine Sachen mögen. Aber ich finde es wirklich nicht
interessant, wenn mir Leute ihre Meinung kundtun wollen. Was soll
ich damit anfangen? Die einen finden es gut, die anderen finden es
Scheiße. Wenn eine Platte von mir fertig ist, habe ich das
beste gegeben. Was dann damit passiert, das bleibt dem Rest der Welt
überlassen. Ich beurteile nicht gerne eine Sache, die schon
Jahre zurückliegt. Es war eine andere Zeit, eine andere
Situation. Andere Bandmitglieder, eine andere Szene - einfach alles.
Ich lasse die Dinge wie sie sind, sollen die Hörer damit
machen, was sie wollen.
Und eine treue Hörergemeinde
wird Michael Schenker wohl immer auf seiner Seite haben. Für
die gibt es auch schon wieder die nächste Überraschung.
Ich habe ja vor einigen Jahren
mit Thank You mal eine reine Akustikscheibe gemacht. Die
gibt es jetzt in einer Orchesterversion und wird aber nur über
den Fanclub vertrieben. Das Album ist bei meiner eigenen Company
Michael Schenker Records erschienen.