Excelsior! heißt
das aktuelle Album von Mastermind. Immerhin schon der fünfte
Studio-Longplayer der Band, bot er den Fans doch einige
Überraschungen erstmals in der Bandgeschichte besteht
ein Album nur aus Instrumentaltrax, man wechselte von Cyclops zum
deutschen Label Inside Out und hatte mit Jens Johansson auch einen
namhaften Keyboarder in die Band integriert. Mehr als genug Gründe,
sich mit Bill Berends zu unterhalten.
Mastermind wurden bereits 1987
gegründet, und zwar als eine Art Familienunternehmen der Brüder
Bill und Rich Berends. Progressive Rock der komplexeren Art war
angesagt, oft fast schon heavy, und wesentlich selbständiger
als die meisten vergleichbaren Bands, mit Einflüssen aus Jazz
und Klassik. Dabei ist die Arbeit zwischen den Brüdern nicht
gerade gerecht verteilt: Bill komponiert, textet, singt, spielt
Gitarre, Bass, Synthesizer und ist auch noch für das Artwork
zuständig, während Rich nur trommelt.
(Lediglich Live verstärkte man sich um eine Bassisten.) So
entstanden bisher vier Studioalben, in Europa größtenteils
bei dem britischen Label Cyclops veröffentlicht. Dabei wird man
dem Gitarrespiel von Bill Berends sicher nicht gerecht, sähe
man in ihm lediglich einen der typischen Flitzefinger aus der Mike
Varney Schule. 08/15 Gitarrensound gab es bei Mastermind
nämlich nie. Und ich Unwissender habe ohnehin schon immer
starke Keyboards im Sound ausgemacht.
Mein Hauptinstrument ist
definitiv die Gitarre, aber was du meinst, beruht wahrscheinlich auf
der Tatsache, daß ich auch viel mit der Midi-Guitar arbeite.
Die meisten Leute setzen immer Keyboard gleich Synthesizer. Ein
Synthesizer ist doch lediglich ein Instrument zur elektronischen
Klangerzeugung, unabhängig davon, woher der Input kommt. O.K.,
meistens kommt er von einem Keyboard, von einer Tastatur, aber ich
benutze eben die Midi Guitar.
Jetzt jedenfalls arbeitet man
tatsächlich mit einem Keyboarder. Jens Johansson verdient seine
Brötchen ja unter anderem bei Stratovarius und hat auch schon
mit Yngwie Malmsteen gearbeitet. Bereits 1987 hatten Bill und Jens
sich zum ersten Mal getroffen, dann aber für einige Jahre aus
den Augen verloren. Zufällig wurde man über das Internet
wieder aufeinander aufmerksam und plante zunächst die
Zusammenarbeit für eine Compilation des amerikanischen
Mastermind Labels. Aus Termingründen wurde nichts daraus, aber
die Idee war geboren und irgendwann sagte man einfach, Machen
wir doch ein ganzes Album! 1998 dann fand man endlich die Zeit
gemeinsam ins Studio zu gehen so entstand Excelsior!. Es
gab bei Mastermind schon immer Instrumentalstücke, aber noch
nie ein komplettes Album ausschließlich mit solchen Songs.
Sicher gibt es einige Leute, die das für kommerziellen
Selbstmord halten.
Diese Entscheidung für
ein Instrumentalalbum hat verschiedene Ursachen. Wir haben im
letzten Jahr sehr viele Liveshows gespielt, und ich hatte einfach
die Nase voll davon, gleichzeitig zu singen und außerdem die
entscheidenden Instrumente zu spielen. Das ist eine sehr
anstrengende Tätigkeit. Seit wir dann Jens trafen, kam mir die
Idee zu einigen Instrumentalsongs und daraus ist dann ein ganzes
Album geworden. Natürlich stellt ein solches Album ein gewisses
kommerzielles Risiko dar, aber es gelang uns schließlich
Inside Out zu überzeugen.
Wo wir schon mal bei
kommerziellen Risiken sind, es gibt auch Leute die sagen, wen Bill
singt, ist das Risiko noch größer.
Du hast recht. Ich bin
wirklich kein begnadeter Sänger. Aber auf der anderen Seite ist
es auch nicht gerade einfach, einen Sänger für unsere Art
Musik zu finden.
Aber auch ohne Gesang und mit
Keyboarder, noch immer schreibt Bill Berends die Songs alleine.
Ich glaube nicht, daß
das Album ohne Jens grundsätzlich anders klingen würde. An
einigen Stellen wäre es schön, ihn in das Songwriting zu
integrieren, aber auch in den anderen Bands, für die er spielt,
ist er ja nicht der Songwriter. Aber einige Songs sind schon mit dem
Gedanken an sein Art des Keyboardspiel entstanden.
Die Nachricht, daß man für
Europa jetzt bei Inside Out gesignt hat, kam dann doch ziemlich
überraschend. Wobei der Deal mit dem Label aus Kleve verglichen
mit Cyclops nicht von der Hand zu weisende Vorteile hat, nicht
zuletzt den offiziellen Vertrieb über SPV.
Wir haben mit Cyclops gut
zusammengearbeitet und Malcolm Parker macht seinen Job großartig.
Aber Cyclops ist nun mal nicht mehr als ein Ein-Mann-Unternehmen, da
sind die Möglichkeiten die Bands ausreichend zu promoten
natürlich klein. Die Schwierigkeiten, einen professionellen
Vertrieb für ein Label wie Cyclops zu finden, liegen sicher
auch darin, daß ein solcher Deal dann ja nicht eine Band,
sondern alle Cyclops-Releases beinhalten würde. Und die meisten
der Cyclops Band sind sogar für die Prog-Szene nicht
gerade typisch.
Inside Out haben dem Album ja
auch ein neues Artwork verpasst.
Unseren ursprünglichen
Cover habe ich aus rein ökonomischen Gründen selbst
gemacht. Inside Out hielten ein professionelles Artwork für
besser.
Nicht nur der Vollständigkeit
halber muß in Sachen Mastermind natürlich auch das
Schlagzeugspiel von Rich Berends erwähnt werden. Sein virtuoser
Musizierstil ist weitaus mehr als nur der musikalische Background
für die Kompositionen seines Bruders.
Schon als Kind hat er auf
allem herumgetrommelt, was ihm in die Hände fiel. Im Gegensatz
zu mir kann er nicht komplett von der Musik leben. Rich hat eine
Familie zu ernähren.
Und wenn Mastermind Bill mal auf
die Idee kommen sollte, mit einem Drumcomputer zu arbeiten, dann
wäre das doch sicher ein Grund für Rich auszusteigen?
Nein, er würde die Band
sicher nicht verlassen. Er würde sich einfach an das Schlagzeug
setzen und mir zeigen, daß er es besser kann als jeder
Computer. Er hat seine Wurzeln ja auch in den Siebzigern. Und damals
war die Rhythmussektion noch sehr wichtig.
Viele Mastermind-Fans schwärmen
ja besonders vom zweiten Album Brainstorm, vor allem
wegen der doch recht abgefahrenen Klassikadaptionen von Wagner und
Rossini.
So etwas wird es sicher
wieder geben. Ich denke sogar darüber nach, einmal ein Album
nur mit solchen Klassikadapationen zu veröffentlichen. Einen
konkreten Termin gibt es jedoch noch nicht.
Mastermind können auch auf
eine große Liveerfahrung zurückblicken. So spielten sie
unter anderem bereits mit Rush, Joe Satriani, John Wetton oder Fish.
In Deutschland gab es sie bereits gemeinsam mit Ars Nova und High
Wheel zu sehen. Es gibt auch eine Live CD der Band, die allerdings
bisher nicht offiziell veröffentlicht wurde. Und daran wird
sich wohl auch nichts ändern.
Ich würde lieber ein
komplett neues Live-Album produzieren. Das erste ist von der
Qualität her nicht gut genug. Es war auch mehr gedacht, um
unsere Shows zu supporten und wurde hauptsächlich während
der Gigs verkauft.
Bleibt natürlich die Frage
offen, ob mit dem neuen Album Mastermind der Durchbruch gelingt.
Besonders gut läuft es
für uns in Japan. Über Fans dort kam ja auch der Kontakt
mit Ars Nova zustande. Sie brachten mich in Kontakt mit dem Manager
von Ars Nova, Numero Ueno. Wir haben mit der Zeit ein sehr gutes
Verhältnis zueinander entwickelt und unterstützen uns
gegenseitig bei der Organisation von Gigs. Was Europa angeht, ist
Italien wohl das Land, in dem wir am beliebtesten sind. Ich bekomme
wirklich viele Mails von dort. In Deutschland sieht es noch nicht so
gut aus, ich denke vor allem, weil Cyclops bisher dort nicht die
große Rolle gespielt hat. Ich habe jetzt durch Inside Out
natürlich auch viele Interviews für deutsche Magazine
gegeben. Aber die meisten Leute, mit denen ich gesprochen haben,
hatten noch nie etwas von uns gehört.
Das wird sich zukünftig
sicher ändern, zumal die Band noch einiges vorhat.
Wir haben ja im letzten Jahr
auch mit einer Sängerin zusammengearbeitet. Jetzt überlegen
wir, wie man dieses Material am besten veröffentlicht. Sie
singt zwar besser als ich, aber eine Sängerin in diesem Metier
kann natürlich auch wieder zu einem kommerziellen Risiko
werden. Ich habe auch ein Material für ein komplettes
Klassik-Album komponiert. Ich hatte nur noch nicht die Möglichkeit,
ein komplettes Orchester zu verpflichten, und ich möchte nicht
wieder alles über Keyboards abwickeln. Und vielleicht ergibt
sich auch durch die Zusammenarbeit mit Inside Out die Gelegenheit
für eine größere Tour.