Lefay:
Auch ohne Morgana auf dem Weg an die Spitze
Interview
Lefay aus Schweden lassen
es auf ihrem Album The Seventh Seal mächtig aus den
Boxen krachen. Weil sie dabei aber die Melodien nicht vergessen,
hielten ich es für eine gute Idee, mich mit Gitarristen Tony
Erikkson zu unterhalten.
Am Anfang war Morgana Lefay.
Bereits Ende der Achtziger gegründet, wurde man in den
Neunzigern mit mehreren Alben zu einer festen Größen im
Heavy Metal. Doch 1997 drohte plötzlich das aus, als es gleich
drei Bandmitglieder in die schwedische Metropole Stockholm zog. Was
drei konnten, hätten doch aber auch alle fünf gekonnt.
Nun, wir hatten einfach keine
Lust, auch nach Stockholm zu gehen. Wir hatten es nie vor. Der
Hauptgrund für die Trennung bestand einfach darin, daß
unser ehemaliger Gitarrist in Stockholm zu studieren begann. Und
einer nach dem anderen ist ihm gefolgt, etwa alle zur gleichen Zeit.
Sie hatten zwar zuerst gesagt, sie würden für Proben und
solche Sachen noch zurückkommen, aber es hat nicht geklappt. Da
haben wir uns eben entschlossen, das Kapitel zu beenden. Wir haben
aber immer noch Kontakt und rufen uns häufig an. Es sind prima
Typen, und wir sind immer noch gute Freunde. Das Ende von Morgana
Lefay hätte überhaupt kein Grund sein können, diese
Freundschaft zu beenden.
Wenigstens gab es in diesem
einen Punkt kein Ende mit Schrecken. Als weitaus problematischer
jedoch erwies sich die Trennung vom ehemaligen Label. Mittlerweile
hatte man nämlich mit Noise Kontakt aufgenommen, doch ohne
Rechtsstreit ließ sich der Wechsel offensichtlich nicht
bewerkstelligen.
Der Wechsel zu Noise entwickelte
sich zu einer sehr langwierigen Prozedur. All diese gerichtlichen
Dinge. Hier ein Anwalt, da ein Vertrag. Ich glaube, insgesamt waren
die Anwälte mit uns etwa neun Monate gut beschäftigt. Es
war eine ziemlich harte Zeit.
Der Verzicht auf den Namen war
dabei noch das kleinste Übel. Wer jetzt aber glaubt, die drei
Ex-Mitglieder würde als Morgana weitermachen, der sieht sich
getäuscht.
Nein, das machen sie nicht.
Tatsächlich haben wir eine Weile darüber nachgedacht, den
Namen Morgana weiterzuführen, aber irgendwer hatte den Namen
schon belegt. Also wurde es Lefay. Wir haben auch über andere
Namen nachgedacht, aber das wäre Unsinn. Es hätte so
ausgeschaut, als würden wir ganz von vorn anfangen. Wir haben
Lefay genommen, weil sich die Leute an etwas erinnern sollen. Es hat
sich ja eigentlich musikalisch nichts geändert.
Was also bedeutet, das es
musikalisch zwischen Morgana Lefay und Lefay kaum Unterschiede gibt.
Ich glaube nicht. Ich habe schon
immer die ganze Musik komponiert und Charles hat alle Texte
geschrieben. Bewußt gewollte Unterschiede spielen dabei keine
Rolle. Wenn ich Musik schreibe, dann schreibe ich einfach nur Musik.
Ich denke nicht wirklich darüber nach, was ich gerade mache.
Das passiert ganz von selbst. Jede Nacht, bevor ich einschlafe,
bilden sich in mir die Ideen zu neuen Melodien.
Den Seinen gibts der Herr
also offensichtlich tatsächlich im Schlaf. Wobei man natürlich
was das Verhältnis der Band zu diesem gewissen Herren ja
durchaus Anlaß zu Spekulationen sein kann. Morgana Lefay ist
ja bekannterweise die Hexe aus der König Artus Saga, und eine
Vorliebe für Okkultismus ist den Texten deutlich anzumerken.
Aber etwas praktizieren und an etwas interessiert sein, ist
schließlich nicht das selbe.
Das ist ein
Riesenunterschied. Aber bei uns ist es nur Interesse. Glauben, das
würde schon wieder in Richtung Satanisimus gehen. Ich
befürchte, es gibt einige Leute in der Black/Death-Szene, die
wirklich all diese verrückten Dinge machen, aber ich hoffe, die
meisten betrachten es nur als eine Art Imagepflege, als eine Art
Promotion. Aber wir glauben an gar nichts, sind aber an allem
interessiert. Wenn es zum Beispiel um den Tod geht. Keiner kann dir
wirklich etwas darüber sagen, weil noch keiner jemals
zurückkam. Aber das Thema interessiert mich wirklich sehr.
Viele Leute glauben offensichtlich, es handelt sich bei The
Seventh Seal um ein Konzeptalbum. Das ist es aber nicht. Es
gibt bestimmte Themen, einen bestimmten roten Faden, der sich durch
das Album zieht. Aber es war nie beabsichtigt, ein Konzeptalbum im
klassischen Sinn zu schreiben. Jeder Song erzählt eine eigene
Geschichte, es geht um Leben und Tod, und was uns nach dem Tod
erwartet.
Wenn ich Lefay stilistisch mit
einer anderen Band vergleichen sollte, fällt mir spontan
Metallica ein, besonders wenn es um die düster-stampfenden
Stücke geht. Zum Glück werde ich nicht ausgelacht.
Nun, mit einem solchen Vergleich
können wir natürlich sehr gut leben. Und ehrlich gesagt,
genau das haben auch schon viele andere Leute gesagt. Ich persönlich
habe es eigentlich nie so empfunden, aber es ist einfach die Sache
des Publikums zu entscheiden. Und Metallica sind schließlich
eine hervorragende Band. Wenn man sagt, wir ähneln ihnen, ohne
sie zu kopieren, dann ist das in Ordnung. Ich denke, genau diese Art
von Musik ist das typische Markenzeichen von Lefay: düster,
stampfend, rauh. Aber eine Platte nur mit solchen Songs zu machen,
würde den Zuhörer sehr schnell langweilen. Man braucht
einfach etwas Abwechslung. Ich bin eigentlich mehr dem jüngere
Heavy Metal verpflichtet, während unser Texter mehr auf die
Seventies steht. Diese Mischung ist es vielleicht, die das besondere
an Lefay ausmacht.
Neben dem Einsatz des
Metal-Standard-Instrumentariums kommen auf dem aktuellen Album auch
mal ein Chor und Violinen zum Einsatz. Zumindest ein Zeichen dafür,
daß man sich keine musikalischen Grenzen setzt. So ganz neu,
war das aber nicht.
Mit einem Chor haben wir bereits
bei zwei Songs auf Maleficion gearbeitet. Aber was die Violinen
betrifft, so war das für uns eine völlig neue Erfahrung.
Aber es war sehr interessant. Aber noch mal, es gibt für mein
Songwriting keinen Plan, kein Konzept. Die Idee ist plötzlich
da. Es ist, als ob plötzlich meine Unterbewußtsein zu mir
spricht.
Im Februar begann in Nürnberg
dann auch die Tour, gemeinsam mit drei anderen Bands. Aber von
Tourstress kann bei Lefay keine Rede sein.
Ich liebe es, live zu spielen,
und ich hasse die Studioarbeit. Du hängst die ganze Zeit rum
und wartest, das irgendwas passiert, und dann hörst du dir noch
dein eigenes Gitarrenspiel an, und mußt feststellen, wie
miserabel du bist. Für mich ist das so eine Art notwendiges
Übel. Der Hauptgrund dafür, daß ich überhaupt
Musik mache, ist Live zu spielen. Es mag Leute geben, die finden es
langweilig, Abend für Abend die gleichen Songs zu spielen. Aber
es ist ja mehr als nur das. Es ist immer wieder neu, immer wieder
ein anderes Publikum, das du erobern mußt. Da geht es mir
nicht um die Songs, die ich spiele, da geht es nur darum, gemeinsam
mit dem Publikum Spaß zu haben. Ich hoffe doch, daß es
den hat, auch wenn wir so schlechte Musiker sind. Wir hatten auch
nie Probleme mit anderen Bands. Ich meine, wir kommen aus
Nordschweden, Es braucht schon eine Menge, bis uns etwas aus der
Ruhe bringt.
Man scheint also ein dickes Fell
zu haben, und da es in Schweden gelegentlich recht kalt ist, kann
man das auch gut gebrauchen.
Tja, in den kalten Wintern kann
man eben nicht viel mehr machen, als sich in seinen Häusern
einzuschließen und Musik zu machen. Vielleicht ist das auch
der Grund dafür, daß es in Schweden eine so aktive
Rockszene gibt. Vielleicht haben viele Jugendliche einfach nur die
Wahl zwischen zwei Dingen: entweder sie besaufen sich, oder sie
machen Musik.