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Ines: Auf dem Weg zu neuen Ufern

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Mit dem dritten Album hat sich einiges geändert bei Ines. Da wäre ein neues Label und vor allem eine Erweiterung des musikalischen Spektrums, das auf ”The Flow” weit über handelsüblichen Neo-Prog hinausreicht. Zum Glück blieb auch einiges beim Alten – vor allem die gewohnt hohe Qualität.

Wenn du auf deine beiden ersten Scheiben zurückblickst, bist du mit Erfolg eigentlich zufrieden? Oder auch anders herum, hattest du eigentlich weniger erwartet?
Ich bin wirklich absolut zufrieden. Und erwartet hatten wir das schon gar nicht. ”Hunting The Fox” war ja eigentlich nur so zum Spaß entstanden, sozusagen einfach nur aus Freude am Musik machen. Alles war sehr naiv entstanden, Wir gingen ja nicht einmal davon aus, daß die Sache mal auf einer CD erscheinen würde. Aber dann waren Asgard bei uns im Studio und so haben wir Peter Wustmann kennengelernt und kamen zu WMMS. Dann war das Album da und plötzlich standen die Reviews in der Presse und ich bekam auf einmal Fanpost. Ich kannte ja auch dieses Da habe ich mich natürlich wahnsinnig gefreut. Ich kannte ja auch die Szene überhaupt nicht, mußte erst überall reinwachsen.

Auf dem Frontcover von ”The Flow” ist ja wie auch schon auf dem ersten Album ein Foto von dir. Das ist zweifellos ein äußerst erfreulicher Anblick, für eine CD, die ja doch in erster Linie die Prog-Gemeinde ansprechen wird, ist das eher unüblich.
Aber so selten ist es nun auch wieder nicht. Das Artwork wurde von Profis gemacht, die haben gesagt so machen wir das jetzt. Ehrlich gesagt ist mir das Cover ziemlich egal.

Mittlerweile hat ja Ines doch ein stabiles Line-Up. Warum legst du eigentlich immer noch so viel Wert auf den Projektcharakter?
Diesen festen Kern habe ich eigentlich erst seit kurzer Zeit, wobei ich wirklich sagen muß, da dieses Line Up schon immer meine Traumband war. Es ist aber einfach keine Band, im herkömmlichen Sinne, weil ich alles Songs schreibe und in einer Band in der Regel doch alle Leute mitreden.

Heißt das dann also, du sagst, so und so wird es gespielt, und die übrigen Musiker haben kein Mitspracherecht?
Außer bei den Solos, da dürfen sie dann schon mal was vorschlagen und dann wird halt entschieden, ob es genommen wird oder nicht. Außerdem sind sie ja in der Regel froh, wenn sie etwas quasi fertig vorgesetzt bekommen - und meistens gefällt es ihnen ja auch. Bei einem Song spielt Davide zum Beispiel Fretless Bass, da habe ich mir sehr viel Mühe gegeben beim Schreiben und er hat es dann auch wirklich so gemacht

Die Texte bei Ines allerdings stammen von deinem Mann. Wie funktioniert da die Zusammenarbeit?
Oft sind die Songgerüste schon fertig und wir überlegen uns dann eine Gesangsmelodie dazu und erst dann entstehen die Texte. Die Musik ist eigentlich immer zuerst da.

Aber ”The Flow” ist ja nun ein Konzeptalbum, was ja eigentlich bedeutet, daß sich die Musik stark an der Story, an den Texten orientieren muß.
Wir haben das Konzept ja auch im Booklet vorgestellt. ”The Flow” hat ja dieses doppelte Bedeutung. Zunächst das reine Erleben des Flusses und dann diese Metapher für das Leben. Es ist also nicht so, daß bereits die gesamte Musik fertig war, und erst dann die Texte folgten, sonder eine Art Wechselwirkung. Manchmal gerät Hansi dabei allerdings schon unter Druck. Wenn ich dann mal ein Wochenende verreise, danach ist er dann meist fertig. Wenn er seine Ruhe hat. Wenn Hansi einen roten Faden gefunden hat, dann entstehen die konkreten Texte eigentlich sehr schnell. Aber den braucht er eben erst. Bei mir geht das eigentlich immer schneller, ich finde ziemlich leicht einen Aufhänger. Wenn die ersten drei Songs erstmal stehen, dann ergibt sich der Rest praktisch von selbst.

Viele Musiker halten ja Live-Auftritte für das Größte überhaupt. Bei dir ist das nicht so.
Ich hab die Erfahrung nicht gemacht. Ich habe ein wenig Angst davor, weil ich eine ziemliche Pefektionistin bin und live so unheimlich viel schief gehen kann. Sich so absolut auf die Technik zu verlassen, daß auch ja alles klappt, das bereitet mir schon etwas Angst.

Gab es eigentlich schon vor Ines schon irgendwelche musikalischen Aktivitäten von dir?
Ich habe früher in einem Akkordeonorchster gespielt. Ich hab dann aber irgendwann gesagt, o.k. das ist nicht schlecht, aber ich möchte nicht auf dem Niveau bleiben, ich möchte einfach mehr und noch besser werden. Gott sei dank habe ich den Sprung gemacht - sonst würde ich heut noch da sitzen. Aber ich habe das Akkordeon ja jetzt wieder vorgekramt und es ist auch tierisch gut.

Du arbeitest auf ”The Flow” ja auch mit vielen Gastmusikern zusammen, wie entstanden denn da die Kontakte?
Die Musik war schon fertig, mit allen Solos, auch für diese Instrumente - für Geige, Flöte und so weiter. Ich habe diese Sounds natürlich alle auch auf meinen Keys - und so schlecht klingen sie da gar nicht, aber natürlich nicht so gut wie die richtigen Instrumente. Ich habe mir aber zunächst überhaupt keine Gedanken gemacht, wo ich die Musiker überhaupt herkriege. Und wenn es gar nicht geklappt hätte, dann wäre es halt bei den reinen Keys geblieben. Wir sind zu der Zeit mit unserem Studio umgezogen, und an diesem neuen Ort war dann einfach diese Folkszene vorhanden. Und so haben wir dann diese Leute kennengelernt und es waren auch sofort alle bereit mitzumachen. Es sind auch wirklich tolle Musiker. Auch diese Szene ist faszinierend, sehr rührig, und die Leute agieren auf auch auf einem musikalisch sehr hohen Niveau.

Du beschränkst dich ja auf ”The Flow” nicht mehr auf diesen reinen Neo-Prog sondern setzt doch ziemlich stark auf Folkeinflüsse und eine Prise Weltmusik. Toleranz gegenüber anderen Stilrichtungen ist aber nun nicht gerade die ausgeprägteste Eigenschaft bei Prog-Fans.
Auf die Reaktion der Fans sind wir auch neugierig. Ich wollte aber einfach andere Türen aufmachen. Zwar schon so, daß man immer noch Ines erkennt, aber einfach offener werden. Bisher haben auch alle Leute gesagt, daß ”The Flow” immer noch unverkennbar ein Album von Ines ist. Wenn es also gelingt, dieses Bekannte mit dem Neuen zu vermischen, dann kann eigentlich nur was gutes dabei rauskommen. Und Akkordeon zusammen mit Mellotron hat man auch noch nicht gehört. Man muß einfach mutig sein.

Hast du dich eigentlich bewußt wieder für ein Szene-Label entschieden?
Wir haben uns auch bei einigen anderen Labels beworben, unter anderem eben auch bei einem, bei dem der Dirk Jacob damals noch gearbeitet hat. Er wollte es zunächst noch versuchen, uns dort unterzubringen, aber es immer das gleiche. Die Verantwortlichen sagen dann, es ist alles ganz toll und gefällt ihnen super, nur vermarkten können sie es eben nicht, nix fürs Radio. Und als Dirk sich dann für ein eigenes Label entschieden hat, sind wir eben bei ihm geblieben. Wir kommen eben auch persönlich hervorragend miteinander aus.

Haben die Mitglieder dein Band eigentlich noch andere musikalische Aktivitäten neben ”Ines”?
Davide spielt Bass in einer Folkband, alle anderen sind zumindest im Rockbereich nicht mehr musikalisch aktiv. Auch Chicco Grosso nicht. Er hat zwar mal bei ”Aufklärung” ausgeholfen, aber die Meldungen die damals durch die Presse gingen, es handele sich dabei um seine neue Band, waren einfach verkehrt. Er hat das Album eingesungen, weil der ursprünglich geplante Sänger krank geworden ist. Chicco lebt jetzt als Bauer und hat damit wohl ein Leben gefunden, mit dem er sehr zufrieden ist. Für ihn ist es immer wieder eine willkommene Abwechslung, wenn er so alle zwei Jahre mal wieder an einer Platte von mir mitarbeiten kann. Gerade das neue Album hat ihm auch sehr gelegen, weil er auch sehr ruhig und relaxt singen konnte. Mein Mann ist Musiklehrer, macht jedes Jahr ein Musical, aber auch die Geschichte mit ”Männer” ist vorbei. Und natürlich nicht zu vergessen unser Studio, in dem vor allem Kinderproduktionen laufen.

”The Flow” ist eine sehr harmonische, optimistische Scheibe geworden. Ein Spiegel deines Umfeldes?
Die letzten zwei Jahre in meinem Leben verliefen sehr ruhig und ausgeglichen. Sehr harmonisch eben. Ich habe keine Job, widme mich meiner Familie, bin nebenbei ein wenig ehrenamtlich tätig und habe eben die Musik. Es gibt einfach wunderschöne Momente. Du gehst ins Studio und triffst dann einen Geiger, den du noch nie zuvor gesehen hast, keine Ahnung wo er überhaupt herkam, es war jedenfalls ein Stück weg. Und der spielt dann für deine Platte ein wunderschönes Solo ein, und freut sich riesig darüber, und will noch nicht mal Geld dafür. Auf der ersten Platte ging es ja auch schon mal etwas aggressiver los, da hab ich den Leuten schon gezeigt, daß ich auch diese schnellen Keyboardläufe drauf hab. Bei der neuen Platte hat es sich dann aber gezeigt, daß oft die vermeintlichen Nebensächlichkeiten schwieriger waren als die komplexeren Parts. Das hört dann aber keiner mehr. Ich glaube ohnehin, daß es schwerer ist, einen runden drei Minutensong zu spielen, als ein Sechzig-Minuten-Monstertrack. In drei Minuten mußt du auf den Punkt kommen, in einer Stunde hast du dafür sehr viel Zeit. Das ist etwas, was ich ohnehin noch nie verstanden habe, daß in der Szene ein Song oft danach bewertet wird, wie lang er ist.

Und noch etwas ist mir aufgefallen. Bei einem Song übernimmst du ja auch einen Teil der Vocals!
Und es wird noch mehr davon geben! Beim nächsten Album werde ich aber auch mal die Leadvocals mit übernehmen. Wir hatten es fast schon dieses Mal gemacht, aber es hat dann doch nicht so ins Konzept gepaßt, da ist es bei dem einen Song geblieben. Aber beim nächsten Album machen wir’s, ich habe da noch etwas in petto.

Wir sind jetzt schon gespannt!



© Renald Mienert
DURP - eZine from the progressive ocean
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