Galleon sind die große
Ausnahme in der schwedischen Prog-Szene. Während die meisten
dort ansässigen Bands eher eine ziemlich schräge Schiene
fahren, präsentieren Galleon vergleichsweise leicht verdauliche
Kost. Die muss es ja schließlich auch geben, und wenn sie so
perfekt daherkommt wie in diesem Fall, ist das Grund genug, sich
etwas genauer mit dieser Band zu beschäftigen. Und tatsächlich,
vor einiger Zeit erhielt ich Post aus Schweden...
Aller Anfang ist bekanntlich
schwer....
Als schwedische Prog-Band
hatten wir mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, um mit der
europäischen Prog-Szene in Berührung zu kommen. Als wir
1989 damit begannen, unsere ersten Demo-Tapes zu verschicken,
erhielten wir zwar positive Antworten, wurden allerdings auch
aufgefordert, unseren Bandnamen zu ändern.
Was ja auch irgendwo
verständlich ist. Schließlich nannte man sich damals noch
Aragon, und da es eine gleichnamige australische Band gab, die vor
allem mit Dont bring the rain in der Szene schon
Kultstatus erreicht hatte, hätte es zweifellos Verwechslungen
gegeben. Und Galleon klingt doch auch nicht schlecht. Doch die
Umbenennung war eher ein kleines Problem.
Wir hatten gerade unter neuem
Namen begonnen, auf unserem eigenen Label die erste CD zu
produzieren, als sich unser Drummer Dan Fors böse am Bein
verletzte. Dadurch verzögerte sich die Veröffentlichung um
mehr als ein Jahr. Während der Aufnahmen stieß Produzent
und Keyboarder Ulf Petterson zu der Band, verließ sie aber
noch bevor das Debüt Lynx dann endlich 1993 erschien. So
standen wir dann als Trio da, mit Musik, die für vier
arrangiert war.
Und da besonders die Keys den
Galleon-Sound prägen, konnte das natürlich nicht
funktionieren.
Wir haben dann verschiedene
Keyboarder probiert, aber nur die guten Reaktionen auf die CD und
die ebenfalls ganz zufriedenstellenden Verkaufszahlen hielten uns
davon ab, aufzugeben. Zum Glück kehrte Ulf in die Band zurück,
was uns endlich auch ermöglichte, unsere Songs live zu spielen
und uns im Songwriting entscheidend weiter zu entwickeln.
Der Nachfolger Heritage
and visions erschien dann bereits ein Jahr später und
wurde von der Szene mindestens genauso begeistert aufgenommen, wie
das Debüt. Und Ulf war ja nun offizielles Bandmitglied...
Heritage and visions
war eine Art musikalische Hochzeitsreise, wo Gitarrist Mike Varns,
Bassist und Sänger Göran Fors und Dan ihren seit den
frühen Achtzigern entwickelten Sound mit Ulfs sehr
individuellem Keyboardspiel und Songwriting verbanden.
Aber auch danach habt ihr Euch
nicht auf Euren Lorbeeren ausgeruht?
Wir waren schon sehr
zufrieden mit dem durch unser Zusammenspiel erreichten Sound. Aber
der Erfolg der zweiten CD hat uns nicht so sehr den Kopf verdreht,
dass wir nicht hätten weiterarbeiten können. So begannen
wir unter dem Arbeitstitel Divina Comeda mit neuem
Material zu experimentieren.
Zwischendurch gab es noch eine
Mini-CD...
At this moment in time
wurde 1995 veröffentlicht und erwies sich als ökonomisches
Desaster.
Zum Glück war man
mittlerweile auch in Japan auf Euch aufmerksam geworden...
Unser japanisches Label Zero
Corporation wollte allerdings keine Mini-CD herausbringen und man
bat uns, noch ein paar Extra-Songs hinzuzufügen um King
of Aragon als Full Length CD zu veröffentlichen. Wir
hatten noch eine Menge Material übrig und brauchten die Kohle,
um die durch At this moment in time entstandenen
Verluste zu decken. Die CD wurde speziell für den japanischen
Markt produziert und wir hatten nie die Absicht, sie in Europa zu
verkaufen. Aber Zero überließ uns zwanzig Exemplare, die
wie an ein paar Freunde schickten, und plötzlich erhielten wir
Anfragen von Leuten, die die CD kaufen wollten. Wie diskutierten die
Sache mit Zero und sie waren einverstanden uns ein paar zu
verkaufen.
Wir betrachten King of
Aragon nicht als unser drittes Album. Es ist ein Experiment.
Aber es kann doch durchaus sein,
dass speziell in Europa einige Leute sauer sind. Wer alle
Galleon-Songs haben will, der kommt nicht umhin, sich King of
Aragon zu besorgen, und damit ist die Mini-CD ja so gut wie
überflüssig. Gab es noch keine negativen Reaktionen?
Bis jetzt noch nicht!
1996 erschien dann das nächste
Album...
Nach zwei Jahren war aus
Divina Comeda schließlich The all european
hero geworden. Die Reviews waren überwältigend.
Höhepunkt war, das GFT in England es das
Melodic-Prog-Album des Jahres nannten. (Machte ich
übrigens auch! d.Verf.) Danach hatten wir dann den nötigen
Mut für ein kleine Europatournee mit Konzerten in Norwegen,
England und Deutschland.
Hierzulande gab es ja nur ein
Konzert in Karlsruhe. Ich konnte leider nicht mit dabei sein, aber
alle Leute, mit denen ich darüber gesprochen habe, waren
begeistert.
Das war wirklich eine
besonderes Erlebnis für uns. Wir haben jeden Augenblick
genossen. Wir waren in einem prima Hotel untergebracht, und als wir
ankamen, einen Tag vor dem Konzert, kam Alex, einer von den Leuten,
die das Konzert organisiert hatten, und schaute nach, ob wir irgend
etwas benötigten. Die Nacht vor dem Konzert war er unser Fahrer
und eine Art Fremdenführer. Die PA war erstklassig und der
Studio-Sound perfekt, so als hätten wir unsere eigene Anlage
aufgebaut. Das Publikum war wunderbar und wir werden das definitiv
wieder tun.
Ist nach den Studio-CDs
nicht auch mal Zeit für ein Live-Album?
Wir denken darüber nach,
es ist eine ökonomische Frage.
Die meisten anderen schwedischen
Prog-Band klingen im Vergleich zu Euch reichlich schräg...
Ich glaube, du beziehst dich
auf Bands wie Anekdoten oder Anglagard. Ihr Sound ist ziemlich
düster und ein wenig wie die frühen King Crimson und wie
ein paar obskure finnische Bands habe ich mir sagen lassen. Ich bin
nicht gerade Experte auf diesem Gebiet, aber ich mag es - wie in
Anglagards Fall - sie live zu sehen. Es gibt aber auch eine
ziemlich starke Melodic-Prog-Szene in Schweden. Mit Roine Stolt als
Galionsfigur (entschuldige das Wortspiel) und Ritual und danach
meinetwegen uns. Soweit es mich betrifft, ist Roine das beste was es
im Prog-Bereich gibt, die alten Bands wie Jethro Tull oder Yes mal
ausgenommen.
Wobei sich aber eure Musik
grundlegend von der Roine Stolts und erst recht Rituals
unterscheidet. Habt ihr eigentlich nie versucht, bei einem Label
unterzukommen?
Nicht nach Lynx. Wir haben zu
viele Bands gesehen, du unter regelrechten Sklavenerträgen
leiden. Unsere Freunde von Black Mark haben vermutlich weitaus mehr
CDs verkauft als wir, aber ihre Plattenfirma schuldet ihnen
immer noch viel Geld.
Den zahlreichen Prog-Fans, die
sich immer noch darauf beschränken, den Siebzigern
nachzutrauern, erteilt man eine strenge Rüge.
Prog sollte etwas neues und
unverbrauchtes sein. Es gab kaum wirklich neue Bands in
den letzten Jahren, aber hoffentlich ändert sich das. Wenn
diese Musik weiterhin Mauern um sich aufbaut und sich gegen alles
abschottet, was außerhalb geschieht, wird sie sterben. Wir
sind auf die jüngere Generation angewiesen, um diese Musik am
Leben zu halten
In euren Texten geht es um alles
andere als Friede, Freude, Eierkuchen. In Sniper von der
zweiten CD geht es um das Schicksal eines Söldners in einem
Krieg...
Ich schreibe über Dinge
die mich ärgern, die mich bewegen.
O kay, es geht in unseren Songs
um Probleme - aber es gibt nun mal eine Menge Probleme.