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Fates Warning: And then they were three...

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview


Wenn Prog-Metal-Fans über Alben wie “Awaken the Guardian” reden, bekommen sie heute immer noch feuchte Augen. Sprechen sie über die letzen Alben der Band, dann auch. Allerdings aus völlig anderem Grund. Doch mit dem neuen Album “A Pleasant Shade Of Gray” ist die Zeit des Jammerns (hoffentlich für immer) vorbei. “Willkommen daheim!” begrüßte Renald Mienert Lead-Sänger Ray Alder.

Es gibt eine Menge Neuigkeiten von euch, da ist zunächst natürlich das neue Album, auf das wir noch ausführlich kommen werden, aber auch im Line Up hat sich einiges getan.

Es gibt genaugenommen keine neuen Mitglieder. Die Band besteht jetzt aus Mark, Jim und mir - Ray. Joey Vera spielt Bass auf der Platte und er wird auch mit uns auf Tour gehen, aber er ist kein offizielles Bandmitglied. Und ich glaube auch nicht, daß er es werden wird. Joey Vera war vorher Bassist bei Amored Saint und hat viele Dinge am Laufen und hat wahrscheinlich kein Interesse nur mit einer Band zu arbeiten. Kevin Moore war als zweiter Gastmusiker am neuen Album beteiligt. Jim hat zwar die Keyboardparts geschrieben und Kevin hat sie dann im Studio eingespielt. Kevin wird allerdings nicht mit uns touren. Joe Dibiase und Frank Aresti haben nach der Inside Out - Tour in Europa beschlossen, die Band zu verlassen. Joe Dibiase hat sich entschlossen nicht mehr auf dem Sektor der Rockmusik weiterzuarbeiten, er hat einen sehr guten Job und eine wundervolle Familie, mit der er einfach mehr Zeit verbringen möchte. Wir wünschen ihm alles Gute und wissen, daß es eine schwere Entscheidung für ihn war, aber die Familie war für ihn schon immer sehr wichtig. Frank Aresti, da hat sich über die Jahre hinweg immer deutlicher gezeigt, war nicht mehr so richtig glücklich mit Fates Warning. Ich habe ehrlich gesagt nie so richtig begriffen, was ihn eigentlich gestört hat, aber wie auch immer, auch er hat sich entschlossen die Band zu verlassen. Und auch ihm wüschen wir alles Gute.

Du hast schon einiges über Kevin Moore gesagt. Als ich von eurer Zusammenarbeit hörte, glaubte ich zunächst, er würde fest bei euch einsteigen. Was mir aber dann doch etwas unwahrscheinlich erschien und es ist dann ja auch nicht passiert. Wie kam es denn nun zu dieser Zusammenarbeit?

Kevin lebt in Kalifornien. Mark Zonder, unser Drummer hat dort ein Studio und Kevin hat dort seine Soloscheibe aufgenommen, auf der Mark auch zu hören ist. Wir sind schon sehr lange befreundet, so war es das naheliegendste für uns, ihn zu fragen, ob er auf unserer Platte die Keyboards spielen möchte - und er war einverstanden.

Es gibt immer wieder Leute, die sagen, ihr hättet den Progressive Metal erfunden. Sicherlich ein schmeichelhaftes Statement, aber ist das nicht doch ein wenig übertrieben?

Es ist natürlich schwer, eine solche Aussage zu treffen, aber vielleicht haben diese Leute nicht ganz unrecht. Wir waren mit die ersten, die solche Art von Musik machten, und so denke ich schon, daß in dieser Aussage ein Funken Wahrheit steckt.

Die aktuelle Scheibe ist immerhin schon euer achter Longplayer. Zu einem Single-Hit hat es allerdings nie gereicht - und mit “A Pleasant Shade Of Gray” wird sich das erst recht nicht ändern. Nun gibt es zwar erstrebenswertere Dinge als eine Hit-Single, schaden muß es allerdings auch nicht, wenn ich zum Beispiel an Dream Theater und “Pull me under” denke. Habt ihr es eigentlich nie versucht, oder hat es nur nicht funktioniert?

Ich denke, vor einiger Zeit haben wir tatsächlich versucht, Musik zu machen, die leichter zugänglich, die auch radiotauglich war. Aber du hast recht, es hat irgendwie nicht funktioniert. Und da haben wir uns also entschlossen eine Platte wie diese aufzunehmen. Eine Platte, so wie nur wir sie wollten, die uns zufrieden macht, abseits von allen kommerziellen Interessen. Wir wollten einfach nichts mehr erzwingen, sondern nur unsere eigenen Vorstellungen verwirklichen, und genau die passierte auf der neuen Platte. Uns hat überhaupt nicht interessiert, ob Leute sagten, das ist gut oder schlecht - wir mußten hinter der Musik stehen und nichts anderes. Ich glaube, momentan durchlebt Fates Warning die wichtigste Zeit seit dem Bestehen der Band. Ich denke, man kann sogar von einer Art Wendepunkt sprechen und hoffe nur, wir haben Erfolg. Ich glaube, es war die richtige Entscheidung und vielleicht hätten wir sie schon früher treffen sollen. Natürlich gefallen mir auch die Alben davor, aber ich glaube, sie waren einfach ein wenig zu - nun nennen wir es “light”.

Ich bin mir ziemlich sicher, daß mit einem solchen Schritt kaum jemand gerechnet hat.

Ich denke einige Die Hard-Fans von Fates Warning haben insgeheim auf ein Album wie dieses gewartet, wenn sie auch nicht wirklich daran geglaubt haben. Ich glaube, die meisten werden sicher überrascht sein. Alle haben wahrscheinlich mit kommerziellerem Stoff gerechnet. Es ist noch ein bißchen zu früh, darüber zu reden, wie die Platte sich tatsächlich entwickelt, aber ich hoffe, sie wird akzeptiert. Ich hoffe, unseren Fans wissen es zu schätzen, daß wir zu unseren progressiven Wurzeln zurückgekehrt sind. Das schlimmste ist definitiv, wenn deine Musik nicht akzeptiert wird. Wenn die Leute einfach nicht aufgeschlossen gegenüber deiner Musik sind.

Ein markantes Merkmal für Fates Warning war bisher immer die Arbeit von zwei Gitarristen. Das habt ihr nun ja auch geändert. Warum eigentlich?

Als wir mit dem Songwriting begannen, zeichnete sich sehr schnell ab, daß die Keyboards wesentlich wichtiger würden als ein zweiter Gitarrist. So entschieden wir uns, momentan keinen zweiten Gitarristen in die Band zu nehmen. Was in der Zukunft allerdings durchaus wieder passieren kann. Aber momentan besteht einfach kein Bedarf dafür.

Longtracks sind ja in der Prog-Szene ungeheuer beliebt. War das der Grund, daß ihr euch entschieden habt, nur einen einzigen Song auf die CD zu bringen. Ihr unterteilt ihn ja dann in zwölf Parts, da hättet ihr doch genauso gut auch zwölf Songs daraus machen können!

Nun, es ist tatsächlich nur ein einziger Song. Der einzige Grund, ihn in diese zwölf Parts aufzuteilen, war, dem Hörer zu erlauben, von einem Part zum nächsten zu zappen. Ich persönlich fände es ziemlich frustrierend, mit der Fernbedienung dazusitzen und einen Knopf zu drücken, um zu einem anderen Punkt des Albums zu springen. Wir haben dann aber doch diese Breakpunkte eingesetzt, einfach nur, weil manche Leute das wohl bequemer finden.

Viele Konzeptalben basieren ja auf Vorlagen aus der Literatur. Wie sieht es bei euch aus?

Diese Frage sollte besser Jim beantworten. Es geht um das Leben und um Emotionen. Vielleicht wurde Jim von einem Buch inspiriert, aber ich kann dazu leider nichts genaueres sagen. Musik ist es ein wundervolles Medium um Botschaften und persönliche Gefühle zu zeigen. Mit einem Song kann man einfach viel mehr ausdrücken als nur durch Worte. Musik ist eine Art Transportmittel für Gefühle.

Wie werdet ihr das neue Material eigentlich live präsentieren. Dem Album würde es meiner Meinung nach kaum gerecht werden, nur bestimmte Teile zu spielen.

Ich denke genauso. Wir spielen das Album vom Anfang bis Ende und natürlich auch einige ältere Songs.

Wie sieht es eigentlich mit eurem Erfolg in den verschiedenen Ländern aus?

Ich glaube unser Erfolg in Europa und in den Staaten ist etwa gleich. Manche Leute tendieren zu der Meinung, wir wären gerade in Deutschland besonders populär, aber ich glaube, es nimmt sich nichts mit Amerika. Betrachtet man die Fans in Europa dannglaube ich, sie sind treuer. Wie es in Japan aussieht, kann ich gar nicht genau sagen.

Betrachtet man die Info von eurem Label, so glaube ich zwischen den Zeilen so etwas lesen zu können wie: “Leute, ihr mögt ja glauben, daß Dream Theater die beste Prog-Metal-Band der Welt ist, aber in Wahrheit ist es Fates Warning!” Wie sieht euer Verhältnis denn nun tatsächlich aus?

Wir sind seit langem befreundet. Wir sind zwar etwas länger aktiv als DT, aber natürlich haben sie uns, was den Erfolg angeht, längst überholt. Aber ich glaube, sie haben diesen Erfolg verdient, sie sind geniale Musiker, haben gute Platten, ein gutes Songwriting. Also sollen sie diese Anerkennung auch bekommen. Und wenn Leute sagen, sie haben die besseren Songs - nun, ich bin nicht zornig oder verbittert deswegen.

Wenn es nach mir ginge, so könntet ihr den jetzt eingeschlagenen Weg getrost in diese Richtung fortsetzen. Aber darüber jetzt zu reden, ist vermutlich ein wenig früh...

Ich kann jetzt wirklich noch nicht sagen, was die Zukunft bringen wird. Alles was ich weiß ist, daß wir uns augenblicklich an einem entscheidenden Punkt unserer Karriere befinden. Das einzige was ich dir definitiv sagen kann, solange die Leute wollen, daß wir weitermachen, solange machen wir weiter.


© Renald Mienert
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