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Eternity X: Musik für die Ewigkeit

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview

Wenn es augenblicklich wieder an diversen Stellen darum geht, die besten Veröffentlichungen des letzten Jahres zu küren, sollten Eternity X eigentlich ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben. Die aktuelle Scheibe ”The Edge” ist mit Sicherheit eine der gelungensten Progressive Metal - Scheiben der jüngeren Vergangenheit. Ich unterhielt mich mit Sänger Keith Sudano.

Was ist die Musik für dich? Hobby, Job oder Leidenschaft?

Ich würde sagen, alle drei Dinge treffen zu. Es ist definitiv meine Leidenschaft. Ein Hobby - nun ja, ich schätze ein Hobby ist eher etwas, das man nebenbei tut, ich beschäftige mich ständig mit Musik. Aber in erster Linie ist es meine Leidenschaft.

Ihr habt ja bereits eine ganze Reihe von Veröffentlichungen vorzuweisen. Mit einem Plattendeal hat es aber erst jetzt geklappt.

Was unsere ersten Releases anging, so gab es sehr viel personelle Wechsel im Line Up, besonders an der Gitarre und den Drums. Das führte dazu, daß diese Songs sehr unterschiedlich klangen. Wir haben niemals ernsthaft versucht, die beiden ersten EP’s zu verkaufen. ”Zodiac” haben wir dann an einige Magazine geschickt, unter anderem auch ans ”Burrrn”, in dem es auch ein Review gab. Dies war sozusagen unser erster Schritt auf das internationale Parkett. Das Problem, einen Deal zu kriegen, ist einfach, daß du die richtigen Leute kennen mußt. Wir haben zum Beispiel ”Mindgames”, das Album vor ”The Edge”, an Musea geschickt. Die haben uns die CD zurückgeschickt - ungeöffnet. Neulich bekam ich dann Post von ihnen, und sie versicherten mir, wie gut sie unsere Musik fänden. Ich erzählte ihnen, was passiert war, und sie konnten es nicht glauben.

Und wie kam der Kontakt mit Angular und Stefan Kost zustande?

Stefan war einer der Leute, denen wir unsere Sampler-Kassette schickten. Er wurde sozusagen ein Fan von uns, irgendwann erzählte er uns dann, daß er ein eigenes Label hat, und wir waren ziemlich überrascht. Wir schickten ihm ”Mindgames” und das Material gefiel ihm. Er wollte aber lieber neues Material veröffentlichen, und daraufhin bekam er die ersten Demos der aktuellen Songs. Uns ist es jedoch sehr wichtig, daß er hinter unserer Musik steht. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes und des Vertriebes. Ein Mann, der hundert Prozent gibt, ist besser, als tausend, die fünfundzwanzig Prozent geben.

Du bist ja indianischer Abstammung. Typische indianische Merkmale sind der Musik von Eternity X allerdings nicht anzumerken. Bist du trotzdem der Meinung, daß deine Herkunft deine Musik beeinflußt?

Das ist eine interessante Frage. Ich glaube schon. Ich habe viel von meiner Mutter gelernt, diese spirituellen Dinge. Ich will nicht sagen, daß sie meinen Alltag zu jeder Zeit bestimmen, aber sie beeinflussen mich schon in einer bestimmten Weise. Die Art, wie man in sich selbst hinein blickt, wie man mit tiefen Gefühlen umgeht.

Wie funktioniert das Songwriting bei euch?

Irgend jemand muß die ursprüngliche Idee haben. Meist bin ich das. Es gibt dann bei uns so etwas wie ein Ritual. Wir machen das Licht aus, und ich sage, schaut her, das habe ich. Ich beschreibe den neuen Song - erzähle die Story, erzähle, wie die Idee entstand, was ich dabei fühlte, und alles noch bevor die anderen ihre Instrumente ausgepackt haben. Die anderen sollen fühlen, was ich gefühlt habe. Wenn das Licht wieder angeht, und der Song war zum Beispiel traurig, dann sollen sie weinen. Eine Band muß das Gefühl, das ein Lied vermitteln soll, an das Publikum weitergeben, und um das zu können, müssen die Mitglieder selbst fühlen. Und dann sage ich, so Leute, ihr wißt jetzt, was ihr zu tun habt, also nehmt eure Instrumente und seht, was ihr machen könnt. Und sie machen ihre Sache gut. Ich muß keinem exakt vorschreiben, was er zu tun hat.

Für mich ist ”The Edge” das beste progressive Metal Album des Jahres. Ich hoffe, mit dieser Meinung nicht alleine dazustehen.

Im Augenblick läuft es wirklich gut. Es gab zu ”The Edge” eine einzige negative Meinung, alle anderen waren sehr positiv. Bei den früheren Sachen war es eher fiftie fiftie. Das gute am neuen Album ist, daß wir es faktisch nicht promoten müssen. Es verkauft sich sozusagen von selbst. Die Leute fühlen, daß es eine gute Scheibe ist, und empfehlen sie von sich aus weiter. Das ist überhaupt der beste Weg, etwas zu pushen. Wenn mir ein Freund jetzt sagt, das Album ist außergewöhnlich gut, dann muß ich ihm nicht erst in die Augen gucken und mich fragen, sagt es das jetzt nur, weil er mein Freund ist - was Freunde ja manchmal durchaus tun.

Auf ”The Edge” geht es um Menschen in Extremsituationen. Welche besonderen Eigenschaften muß man haben, um ein solches Thema musikalisch und textlich angemessen umzusetzen?

Es gibt eine Sache, die ich besonders gut kann. Meine Rechtschreibung mag nicht die beste sein, aber ich kann mich in andere Leute hineinversetzen. Und das habe ich bei ”The Edge” gemacht. Ich wollte dies schon immer tun, bin aber nie so weit gegangen, weil ich befürchtet habe, so etwas will keiner hören. Aber diesmal haben wir uns gesagt, sei’s drum, machen wir einfach, was wir wollen.

In Deutschland habt ihr ja mittlerweile einen eigenen Fanclub, was ja auf einige Popularität hindeutet. Wie ist es mit dem Rest der Welt?

Gerade mit Japan ist das so eine Sache. Erstaunlicherweise liefen ”Zodiac” und ”Mindgames” dort besser. O.K., ich mag nicht alle Leute über einen Kamm scheren, auch aus Japan gab es sehr viel gute Reaktionen, aber gerade von den Plattenvertrieben gab es wohl Befürchtungen, ”The Edge” wäre einfach zu kompliziert. In Europa und auch bei uns in den Staaten läuft es ganz gut. In Kanada auch und das Madhouse - Magazine in Brasilien wählte uns sogar zur Band des Jahres. Über Brasilien gelangten tatsächlich Exemplare nach Kuba. Das Besondere ist, daß die Leute die Leidenschaft, die in ”The Edge” steckt, wirklich fühlen.

Ihr bietet den Fans ja einen besonderen Service, von dem ich in dieser Form zuvor noch nie etwas gehört hatte - eine kostenlose Samplerkassette.

Es war meine Idee. Du hast ja praktisch keine Chance, die Songs zu hören, bevor du die CD kaufst - außer vielleicht im Radio. Also habe ich gesagt, OK, machen wir eine Kassette und bringen einen Querschnitt aus unseren Alben drauf. Und das Echo war gigantisch. Mittlerweile sind die Kosten enorm gestiegen, aber wir werden es so beibehalten und die Tapes umsonst verteilen. Das Feedback, das wir erhalten, ist uns den Aufwand wert. Als wir kürzlich in Deutschland waren, besuchten wir auch ein WOM. Wir waren ziemlich überrascht, daß man die CD’s hier vor dem Kaufen hören kann - bei uns gibt es so etwas nicht. Die meisten Sampler werden übrigens über das Internet bestellt. Ich denke, das World Wide Web ist auch so eine der besten Sachen, die uns passieren konnten.

Auf ”The Edge” überzeugt nicht nur die Musik, auch das Artwork hält höchsten Ansprüchen stand.

Gary Smith, der das Cover schuf, ist ein professioneller Airbrush-Künstler. Es war so ähnlich wie bei den Songs. Ich ging zu ihm und sagte, ich habe diese und diese Idee. Jeder Mensch ist auf der Suche nach einer Antwort, jeder Mensch hat gute und schlechte Seiten. Und manchmal kann das Gute böse sein und umgekehrt. Manchmal ist der Teufel ein Engel, manchmal ein Engel der Teufel. Und ich denke, er hat seine Sache sehr gut gemacht.

Wie du bereits erwähnt hast und wie ja auch im letzten Empire nachzulesen war, habt ihr Deutschland gerade einen Besuch abgestattet. Daß ihr es mittlerweile im Bier trinken und Weißwurst essen zur Perfektion gebracht habt, hat sich auch schon herumgesprochen. Bleibt die Frage offen, wann die Fans hierzulande eure Live-Künste bewundern können.
Wir werden im Frühjahr 1998 nach Deutschland kommen. Wir waren ja im Herbst hier, und ohne zu übertreiben, es war eine der besten Zeiten, die wir je hatten. Wir haben viele interessante Leute kennen gelernt, und selbst wenn alle Pläne bezüglich der Tour platzen sollten, wir kommen. Es gab Gespräche bezüglich einer Support-Tour mit Savatage und mit Angra. Aber die Savatage-Gigs waren zu früh und Angra planen momentan keine Konzerte in Europa. Aber dann kommen wir eben alleine. Es gibt so viele Leute im Hintergrund, die uns unterstützen, und das eine, das ich für diese Leute tun kann, ist sie auch einmal persönlich zu treffen und ihnen die Hände zu schütteln.



© Renald Mienert
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