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Dream Theater: Viel Theater um Dream Theater

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview


Ziemlich plötzlich erreichte uns vor einigen Wochen die Meldung, dass Dream Theater für einige Gigs nach Europa kommen. Vor dem Konzert in Nürnberg nutzte Renald Mienert die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Gitarrist John Petrucci.

Nun ist man in der Prog-Szene nicht gerade verwöhnt, was das regelmäßige Veröffentlichen von CD’s betrifft. Keine Zeit, keine Lust, keine Knete - ganz egal, woran es liegt, irgendwas kommt immer dazwischen. Nur, dass die betreffenden Bands in der Regel nicht unbedingt Hunderttausende von Alben verkaufen. Doch das Beispiel Dream Theater zeigt deutlich, dass auch Verkaufszahlen, die doch eigentlich selbst ein Major-Label zufrieden stellen sollten, kein Garant für problemlose CD-Produktionen sind. Immerhin, mittlerweile gibt es Licht am Ende des Tunnels.

Das neue Album soll im September diesen Jahres erscheinen. Nach dieser Tour - also im Mai - werden wir ins Studio gehen. Insgesamt haben wir sechzehn neue Stücke geschrieben, unter denen wir dann die auswählen, die letzten Endes auf die neue CD kommen.

Die Titel inklusive Zeiten sind ja schon seit längerem im Internet nachzulesen - und wie erwartet hat man es kaum mit 3-Minuten-Songs zu tun. Sollten sich alle Informationen bewahrheiten, sind fast zwei Stunden Songmaterial fertig komponiert. Da die Plattenfirma wohl aus kommerziellen Gründen bei einem Doppel-Album kaum mitspielen dürfte, besteht natürlich die Gefahr, dass einige Perlen sozusagen nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken.

Wir versuchen natürlich so viele Stücke wie möglich auf die neue CD zu packen. Was den Rest betrifft, so werden wir versuchen, ihn über B-Seiten oder andere „Special Releases“ zu veröffentlichen. Vielleicht wird es auch eine EP geben, die dann etwas später als das reguläre Album erscheint.

Die Probleme mit dem neuen Album resultieren vor allem daraus, dass sich „Awake“ in den Staaten wesentlich schlechter verkaufte als der Vorgänger „Images & Words“. Außerdem gab es einige personelle Veränderungen beim Label, so dass sich fast zwangsläufig die Frage stellt, warum man den Leuten nicht einfach den Stinkefinger zeigt, und sich nach kompetenteren Partnern umsieht. Das würde aber vermutlich das Problem nicht lösen, sondern nur verschieben.

Viele Leute sind gegangen, mit denen wir sehr vertraut waren. Auch bei einem anderen Label hätten wir es mit für uns neuen Leuten zu tun. Wir würden also praktisch wieder bei Null anfangen.

Merkwürdigerweise lagen aber die Verkaufszahlen von „Awake“ lediglich in den USA unter denen von „Images & Words“. Der Rest der Welt sah die Sache etwas anders.

Der Hauptunterschied lag darin, dass „Images & Words“ eine Radiosingle hatte. Gerade das sorgt dafür, dass sich eine Platte verkauft. Bei „Awake“ war das nicht so. „Pull Me Under“ war auch im Radio ein Hit. Gerade in den Staaten ist die Radio-Promotion sehr wichtig für den Erfolg einer Platte, im Rest der Welt läuft das anders.- über Magazine und solche Sachen.

Üblicherweise wartet man mit einer Tour, bis das neue Album erschienen ist. Aber auch hier setzen Dream Theater auf das Unübliche.

Seit wir wissen, dass wir im Mai ins Studio gehen, möchten wir natürlich schon einige der neuen Songs testen, sehen, wie das Publikum reagiert, was die Leute so schreiben. Wir spielen fünf neue Stücke und natürlich altes Material. Wir haben viele Fans hier, und da einige Angebote für Shows in Europa vorlagen , dachten wir, dies wäre eine gute Gelegenheit, dazu.

Vielleicht hat man damit ja recht, obwohl hier einige Bedenken durchaus angebracht erscheinen. Immerhin verlangt man dem Hörer einiges ab und im Normalfall bedarf es schon einige Durchläufe, bis sich der ersehnte „Wow!!!“-Effekt einsetzt. Nur, dass das Publikum diese Chance live gar nicht hat.

Das stimmt schon. Einige der neuen Sachen, die wir während der Tour spielen, sind ein wenig abgehoben, für das Publikum wirklich schwer zu erfassen. Es gibt aber auch einfachere, mainstreamigere Songs.

Und außerdem, man kommt ja wieder.

Im Sommer werden wir in Südamerika sein, auf dem „Monsters of Rock“ Festival und wenn das neue Album dann erschienen ist, werden wir zunächst in den USA touren und dann noch einmal nach Europa kommen. Von der Tour wird es wahrscheinlich dann auch ein Home-Video geben.

Wobei wir bei den neuen Titeln wären. „Awake“ war ja in der Summe deutlich härter als der Vorgänger. Wer aber wissen will, wohin die Reise auf dem neuen Album geht, wird sich wohl bis Herbst gedulden müssen. Die Musik von Dream Theater muss man eben hören, nur mit Worten ist da kaum was zu machen.

Derek Sheridian hat bereits an den Kompositionen mitgewirkt. Ein neues Mitglied in der Band bedeutet immer auch neue Aspekte des Songwritings. Ich denke, die Stücke sind einfach besser - natürlich denke ich das, wir haben uns weiterentwickelt. Einige der Songs sind wieder sehr lang, sehr progressiv, bei anderen konzentrierten wir uns eher auf die kürzere Form. Die Titel umspannen eine Menge Spielarten.

Wenn es um den schnöden Mammon geht, halten sich viele Künstler dezent zurück. Platten verkaufen ist einem eigentlich völlig schnurz, das einzige was zählt, ist die hehre Kunst. Nun wer schon ein paar Millionen auf der hohen Kante hat, oder das Plattenmachen ohnehin nur als Hobby betrachtet, für den mag das durchaus gelten. Dream Theater sehen die Sache allerdings ein wenig anders.

Natürlich kümmern wir uns um kommerziellen Erfolg. Wir lieben, was wir tun. Wir wollen erfolgreich sein und sind bestrebt, so lange es geht im Geschäft zu bleiben. Dazu muss man ganz einfach kommerziell erfolgreich sein. Es ist schwer, in einer Band zu spielen, auf Tour zu gehen. Es ist schwer, so sein Geld zu verdienen. Willst du etwas im Leben erreichen, brauchst du kommerziellen Erfolg, egal, in welchem Business du arbeitest. Kommerzieller Erfolg bringt der Band neue Fans, wir können mehr Platten verkaufen und länger im Geschäft bleiben. Ich glaube es ist auch ein Zeichen der Anerkennung der Öffentlichkeit.

Von den leidigen Besetzungswechseln blieb auch Dream Theater nicht verschont. Was aus dem früheren Lead-Sänger Charlie Dominici geworden ist, weiß man zwar nicht, zu dem früheren Keyboarder Kevin Moore hat man allerdings noch gute Kontakte. Letzterer half gerade auf dem neuen Fates Warning - Opus aus und hat mittlerweile wohl auch sein eigenes Projekt „Chroma Key“ im Kasten. Und was den „Neuen“ an den Tasten angeht, von Derek Sheridian gesanglichen Fähigkeiten konnte man sich bereits beim Soundcheck überzeugen, als er plötzlich einen Van Halen - Gassenhauer intonierte. An den Keys ist er aber eindeutig besser aufgehoben...

Derek ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Er tourte mit solchen Leuten wie Alice Cooper oder Kiss. Er arbeitete also mit großen Stars zusammen und hat in vielen Orten der Welt Konzerte gegeben - wenn auch mehr im Hintergrund. Aber eigentlich fühlte er sich immer mehr zu der Musik hingezogen gefühlt, wie wir sie spielen. Allerdings hatte er zuvor nie in einer Band gespielt. Mit uns kann er nun das machen, was er wirklich mag.

Wo wir schon mal bei Namen wie Alice Cooper oder Kiss sind. Betrachtet man die Coverversionen auf „Change of seasons“, so kann der Prog-Fan mit Bands wie Deep Purple, Queen oder Led Zeppelin noch ganz gut leben - aber ausgerechnet Elton John?

Ja, wir sind wirklich alle große Fans von ihm!

Na ja, man muss nicht immer der gleichen Meinung sein. Neben der Musik hat man auch noch Zeit für andere Dinge. Mittlerweile ist auch Schlagzeuger Mike Portnoy stolzer Vater einer Tochter. Ob die Kleine bereits im Mutterleib so strampelte wie der Papa trommelt, haben wir zwar nicht erfahren, Nachwuchssorgen hat man bei Dream Theater jedenfalls keine.

Das ist nun bereits das vierte DreamTheater-Baby. Meine Zwillinge sind achtzehn Monate alt und James Kind etwas über ein Jahr. Bis auf Derek sind wir alle verheiratet.

Und auch das wird schon noch werden. Bewerbungen - nur ernstgemeinte Zuschriften mit Bild - können an die Redaktionsadresse geschickt werden.


© Renald Mienert
DURP - eZine from the progressive ocean
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