progressive Interview , progressive band talk

Athena: Auf dem Weg zu einer neuen Religion?

DURP - eZine from the progressive ocean

Interview


Metal aus Italien ist wieder ziemlich angesagt. Besonders im Melodic Metal - Bereich kann man erstaunliche Erfolge aufweisen, allen voran wahrscheinlich Rhapsody, aber auch Labyrinth oder eben Athena wissen mit neuen Alben zu überzeugen. Zu einer neuen Religion, in der wir alle italienische Metalgötter verehren, wird es wohl nicht ganz reichen, zu einem Interview für die Tales allemal. Keyboarder Gabriele Guidi hatte nichts dagegen.

Athena hatten vor ”A New Religion?” bereits ein Album am Start. Einem Output, dem man heute allerdings eher kritisch gegenüber steht.

Unsere erste Platte ”Inside The Moon” unterscheidet sich sehr vom aktuellen Album. Es ist wesentlich softer ausgefallen. Wir hatten ein festes inhaltliches Konzept, und die gesamte Musik war darauf ausgerichtet. Die Musik war eine Mischung aus Metal, Klassik und New Age. Das Album erschien bei Pick Up - Records und gemessen an unseren tatsächlichen Fähigkeiten war es nur eine Art Test. Die Leute hören Musik in erster Linie wegen der Melodien, und daran hat es bei unserem Debüt gefehlt. Wir hatten nur sehr wenig Geld zur Verfügung und der Sound war wirklich nicht überragend. Ich denke, man sollte das Album wirklich eher als eine Promo-CD betrachten. Wir hatten einen anderen Sänge mit dem es viel Ärger gab. Er war einfach nicht bereit, professionell zu arbeiten, er wollte nicht touren - alles solche Dinge, und so mußten wir uns von ihm trennen. Aber dennoch halte ich dieses Album für sehr wichtig, denn ohne es, hätten wir vielleicht nie erkannt, was in uns steckt und wo wir uns verbessern können.

Da könnte man natürlich vermuten, der Titel ”A New Religion?” steht für eine Art musikalischen Neuanfang oder das Erreichen eines neuen Levels. Ist aber falsch vermutet.

In diesem Sinne haben wir es zwar nicht gemeint, aber wenn du es so siehst, ist es sicherlich eine Interpretation, die zutrifft. Wir wählten den Titel aber eher unter dem Gesichtspunkt des neuen Jahrtausends. Viele Menschen erwarten das Ende der Welt, die Apokalypse. Vielleicht gibt es auch eine neue Religion - die Religion des Bösen. Wir dachten auch an die Visionen eines Nostradamus. Es gibt auch Einflüsse von Dante. Kennst du Karonte? Das war derjenige, der entschied, ob die Seele eines Toten im Himmel oder in der Hölle landet. Allerdings wollten wir das Thema nicht ausschließlich von der ernsten Seite betrachten.

Karonte kenne ich zwar nicht (ist wahrscheinlich auch völlig falsch geschrieben), nur Karotten und Karaoke, außerdem neige ich eher zu der zwar unschönen doch letztlich realistischeren Annahme, daß unsere Seelen weder im Himmel noch in der Hölle landen, aber bevor wir abschweifen, lieber ein paar Worte zur Situation der Metalszene in Italien.

Metal spielt sich in Italien praktisch nur im Underground ab. Bei uns ist Dance Music angesagt, da sind wir vielleicht sogar der wichtigste Produzent auf der ganzen Welt. Aber ich glaube, die Metal Szene ist in den letzten Jahren gewachsen. Es ist schwer, Auftrittsmöglichkeiten zu finden. Es gibt aber einige größere Festivals wie ”Gods Of Metal” oder ”Monsters Of Rock”. Ich glaube, wir müssen in Italien noch sehr viel tun, um die Leute wieder dahin zu bringen, auch andere Arten von Musik zu akzeptieren. Ich glaube auch, daß wir es geschafft haben, das Niveau der Metalproduktionen aus Italien deutlich zu verbessern, sowohl was die Musik angeht, als auch die Produktion. Nimm Bands wie Rhapsody oder Labyrinth. Und ich denke, der Trend wird anhalten, und er ist auch nicht nur für Italien typisch.

Was wohl kaum einer weiß, Athena und Rhapsody haben mit Fabio Lione den gleichen Frontmann. Da Rhapsody zumindest momentan wesentlich bekannter sind als Athena, scheinen Probleme nicht ausgeschlossen. Da sieht man allerdings bei Athena keine Gefahr.

Ich glaube nicht. Dazu sind die beiden Bands wohl zu verschieden - von der Musik und auch von den Leuten. Fabio ist mit uns schon seit vielen Jahren befreundet. Man darf auch die Rolle von Fabio bei Rhapsody nicht überbewerten. Er ist dort zum Beispiel in keiner Weise am Songwriting beteiligt. Das einzige Problem, das entstehen könnte, wären terminliche Konflikte, wenn er zum Beispiel für längere Zeit mit Rhapsody auf Tour wäre. Aber ich denke, auch diese Zeit könnten dann wiederum wir für das komponieren verwenden. Also ich sehe wirklich keinerlei Probleme in der Arbeit von Fabio für zwei Bands. Natürlich ist es eine Doppelbelastung für Fabio, aber ich glaube, Fabio will seine Gefühle durch seinen Gesang ausdrücken. Ich glaube, er wird weiter bei uns bleiben. Wir haben sehr viele Ideen und arbeiten alle gemeinsam an unserer Musik. Jeder von uns hat unterschiedliche musikalische Einflüsse, hat eine eigene Sicht, die er in unsere Musik einbringt.

Betrachtet man die Songs auf dem aktuellen Alben, so fällt auf, daß sich deutlich zwei Tendenzen abzeichnen. Entweder es gibt astreinen Melodic Metal oder astreinen Prog Metal. Das hört sich gar nicht nach Absicht an.

Das war es auch nicht. Das Album war der erste Schritt vom schon erwähnte ”Inside The Moon” zu einem neuen Stil, und es ist sehr schwierig, den Stil zu ändern. Wir möchten einen sehr bandtypischen Stil schaffen, aber es ist sehr schwierig die Richtung für eine Band festzulegen, wenn so viele musikalische Ideen und so verschiedene Einflüsse vorliegen. Musikern stehen nun mal nur eine begrenzte Anzahl von Noten zur Verfügung, da ist es schwer, etwas völlig Neues zu erfinden.

Das wollen Athena auch gar nicht, wenngleich man schon weiß, in welche Richtung der nächste Schritt gehen wird.

Wir neigen dazu, unsere Gefühle direkt auszudrücken, weil wir glauben, daß man so die Leute eher erreicht. Wir wollen zukünftig vor allem den Heavy Aspekt unsere Musik verbessern. Wir suchen noch einen zweiten Gitarristen, weil zwei Gitarren einfach einen stärkeren Sound machen, besonders Live.

Also weg vom Progressive Metal? Wäre doch eigentlich schade, zumal ich mir gut vorstellen kann, daß es nicht wenige Dream Theater Fans gibt, die sich wünschen würden, das letzte DT-Album klinge wie Athena.

Wir mögen Dream Theater, aber uns gefallen eigentlich nur ”Images & Words” und ”Awake”. Sie haben sich mit dem letzten Album in eine Richtung entwickelt, die uns nicht mehr gefällt. Progressive Metal ist sehr komplex und für die meisten Leute nicht so einfach zu verstehen. Wir tendieren eigentlich dazu, unsere Gefühle direkt auszudrücken.

Wobei das eine, das andere ja nicht völlig ausschließen muß. Und außerdem, was man selbst will, ist schließlich oft nur die eine Seite der Medaille.

Das Problem ist, daß du eigentlich nur selten wirklich das machen kannst, was du wirklich willst. Du muß immer irgendwelche Kompromisse finden, zum Beispiel zwischen der Band und dem Produzenten. In den Siebzigern war das anders. Heute gibt es so viele unterschiedliche Richtungen, und jeder hört nur die, die ihm gefällt. Musik sollte etwas Universelles sein. Jeder Art von Musik drückt bestimmte Gefühle aus - auch die ganz normale Popmusik. Dazu kannst du eben einfach nur relaxen, New Age Musik drückt wider etwas anderes aus, Metal ist etwas voller Energie. Ich glaube, viele Leute, die heute Techno lieben, verstehen überhaupt nicht die wahren Gefühle hinter der Musik. Sie wollen einfach nur trendy sein.

Gut gebrüllt, Löwe.



© Renald Mienert
DURP - eZine from the progressive ocean
http://durp.cf2.de/