- ARS
NOVA - Göttinnen der Dunkelheit?
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- Man hat nicht allzuoft
Gelegenheit eine Band aus Japan in unseren Breitengraden live zu
erleben. Und auch wenn ich von verschiedenen Seiten gewarnt, dass
sich ein Interview mit ARS NOVA aus Gründen der Kommunikation
(rudimentäre Englischkenntnisse) in der Regel recht
abenteuerlich gestaltet, konnte ich der Versuchung dennoch nicht
widerstehen. Schließlich - wann habe ich wieder die Chance,
mit drei jungen Japanerinnen ein Gespräch zu führen....
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- Eigentlich war es soetwas wie
eine glückliche Fügung (die muss es in der Prog-Szene ja
auch mal geben.) Das französische Label Musea, auf dem unlängst
die aktuelle ARS NOVA - CD auch in Europa veröffentlicht wurde,
wollte die Band ursprünglich nur für zwei Konzerte nach
Frankreich holen. Aber da sind ja noch diese unverbesserlichen
Idealisten wie Charlie oder T.J. , die sowas immer irgendwie
mitkriegen und dann zu organisieren anfangen - wo kann die Sache
stattfinden, welchem Sponsor kann man eventuell noch etwas Kohle aus
dem Kreuz leiern. Draufgezahlt hat man schließlich schon oft
genug. Dieses Mal dürfte dies allerdings nicht passiert sein,
der Laden in Würzburg ist recht ordentlich gefüllt, neben
den Die Hard Fans, die man immer zu solchen Gelegenheiten trifft
(einer ist sogar aus Leipzig angereist), scheinen auch noch ein paar
Neugierige den Weg zu ARS NOVA gefunden zu haben.
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- Die als Support eingesetzten
FAUN aus Würzburg (ursprünglich waren High Wheel geplant,
aber irgendein Amt bestand auf einer Band aus Würzburg, sonst
nix mit Knete) haben ihre Sache gut gemacht und kurz nach 22:00 Uhr
betritt Numero Uno, Produzent und Inhaber von Made in Japan, Ars
Novas Label die Bühne. In der Hand hält er einen kleinen
Sprachcomputer, auf den er schnell etwas eintippt und dann an das
Mikro hält. Guten Abend tönt es blechern aus
dem kleinen Ding und das Publikum staunt zum ersten Mal. Ich hatte
das Teil schon ein paar Stunden vorher gesehen, als wir uns zwecks
Interview in einen kleinen Aufenthaltsraum verzogen hatten.
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- Wie ist das denn nun mit
der Band?, frage ich. Die üblichen Sachen halt,
Bandgeschichte, CDs, musikalische Vorlieben usw. Numero Uno
nickt verstehend, greift kurz hinter sich und drückt mir zwei
A4-Blätter in die Hand. So gehts natürlich auch.
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- Die Geschichte der Band
begann 1983 an der Universität in Tokio. Damals begannen drei
Mädchen Songs von Emmerson, Lake & Palmer nachzuspielen.
Mit dem Nachspielen war es bald vorbei und man wurde eine feste
Größe in japanischen Prog-Underground. 1985 gab es einen
Wechsel an den Keyboards, Keiko Kumagai die als Kind eine klassische
Klavierausbildung erhielt, stieß zur Band, doch spielte man
nur ein einziges Konzert gemeinsam - Keiko heiratete. Fünf
Jahre tat sich nichts, bis man auf Made in Japan - Produzenten
Numero Ueno traf. Dieser überredete die Band zu einem neuen
Anfang, und so erschien 1992 das Debüt Fear and Anxiety.
Neben ELP waren es vor allem italienische Progbands aus den
Siebzigern, die die Band beinflussten. 1994 erschien dann Transi,
das zweite Album, das sich in Japan erstaunlich gut verkaufte. Vom
Original-Line Up ist mittlerweile nur noch Bassistin Kyoko Kanazawa
übrig, Drummerin Akiko Takahashi stieß 1993 zur Band,
nachdem sie zuvor bereits in diversen anderen Kapellen als Sängerin
und Keyboarderin aktiv war und auch einige EPs auf Indi-Labels
veöffentlichte.
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- Nun sind Frauen im Prog-Geschäft
ohnehin nicht allzuoft vertreten, schon gar nicht eine Band, die
ausschließlich aus Frauen besteht. Gelegentlich hört man
da schon mal Begriffe wie Emanzen. Hat man gar etwas
gegen Männer?
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Männer sind O.K. Es war zwar
nicht, eine reine Frauenband zu gründen, aber es hat sich dann
halt so ergeben. Ars Nova war immer ein Trio, wir sind komplett.
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- Bei Euch agieren die
Männer hinter der Bühne! wirft TJ ein und ich
ergänze Zum Lautsprecher schleppen! Man lacht
zustimmend.
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- Ars Nova kommt auf der Bühne
allerdings nicht nur ohne Männer aus, man verzichtet auch auf
Gesang und Gitarre. Als ich die Keyborderin Keiko, die auch für
die Kompositionen zuständig ist hierzu befrage, hebt sie nur
die Schultern.
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Für unsere Musik brauchen
wir eben keine Gitarren.
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- Brauchen sie ja auch tatsächlich
nicht, davon kann sich ja jeder im Saal später selbst
überzeugen. Es ist schon ein Phänomen. Da stehen diese
drei jungen Frauen auf der Bühne (keine Ahnung, wie alt sie
sind und zu fargen habe ich mich nicht getraut), haben sich richtig
schick gemacht mit ihren großen Schleifen im Haar und
überdimensionalen Zopfhaltern (ist vermutlich in Japan gerade
angesagt), so dass man eigentlich dem äußeren Eindruck
nach bestenfalls simpelsten Disco-Murks erwarte, und dann knallt
einem diese Musik in die Gehörgänge. Schon nach den ersten
Titeln sagt mein Nachbar (auch einer vom harten Kern): Nach
diesem Konzert werden wieder alle anwesenden Musiker (und das sind
an diesem Abend nicht wenige, ich habe bereits die gesamte Rachels
Birthday - Mannschaft ausgemacht) deprimiert nach Hause schleichen.
Ich hab die Sache nicht überprüft, aber man muss kein
Fachmann sein, um zu erkennen, dass hier Künstlerinnen am Werk
sind, die ihre Instrumente perfekt beherrschen. Zwar bestimmen die
Keyboards den Sound, lassen aber Kyoko Kanazawa am Bass und Akiko
Takahashi an den Drums genügend Raum zum Entfalten. Überhaupt
die Schlagzeugerin. Drischt ununterbrochen auf ihre Schießbude
ein, als wolle sie das gute Stück in schrottreif prügeln,
und lächelt dabei, als ob dazu nicht eine gehörige Portion
Muskelkraft gehören würde. Wenn ich da an ihre männlichen
Kollegen denke, die nach zwei Titeln schon Blut und Wasser
schwitzen....
Aber aus dem Konzertsaal zurück
in den Aufenthaltsraum.
Wie kommt es dazu, dass eine
Band aus Japan auf einem französischen Label erscheint?,
frage ich Numero Ueno.
- Ich kannten die Leute von
Musea schon länger. Unser altes Label war ncht daran
interessiert, Platten zu exportieren. Doch Made in Japan ist mein
eigenes Label und ich versuche schon, einen weltweiten Vertrieb zu
organisieren. Im vergangenen Jahr beim ProgFest in LA haben wir dann
alles klar gemacht. Die beiden ersten CDs werden zwar nicht
bei Musea wiederveröffentlicht (schluchz), aber es wird noch
eine Art Best of geben, mit Stücken aus diesen
Alben.
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- Ist ja immerhin besser als
nichts. Und wie ist das eigentlich mit Bonus-Tracks? Man diese
Sachen ja von diversen anderen Bands.. Auf dem Japan Release sind
mehr Titel als auf der Europa-Version oder umgekehrt. Wie ist das
bei Euch?
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- Die Alben unterscheiden sich
in einem Song. Es stecken wohl kommerzielle Gründe dahinter. Es
war ein Wunsch von Musea, nicht von uns.
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- Zurück zur Musik. Alle
Songs auf dem aktuellen Album sind weiblichen Gestalten aus der
Mytholgie und Sagenwelt, aus unterschiedlichsten Epochen und
Regionen. Kali ist die indische Götten des Todes, Isis, Furie
und die Gorgonen stammen aus der Antike und Morgan aus der Saga um
König Artus. Und alle diese Gestalten sind nicht die
angenehmsten Zeitgenossen. Für den düsteren Sound ist
hauptsächlich Keyboarderin Keiko Kumagi verantwortlich. Sie
fühlt sich stark von den Horrorfilmen eines Dario Argento
beeinflusst, aber auch von den surrealen Gemälden Dalis oder
Gigers. Übrigens hat auch Produzent Numero Ueno in seinem
zweiten Job etwas mit Horror zu tun, wie er dem Publikum verrät
- er entwirft Monster. (Leider hatte ich keine Gelegenheit mehr zu
fragen wofür?)
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- Betrachtet man die Länge
der einzelnen Stücke, so fällt ein bestimmtes Prinzip auf:
Auf einen Longtrack folgt immer ein kürzerer Titel. Zufall oder
Absicht?
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Das war schon unser Konzept.
Unsere Musik ist ziemlich komplizeirt, sie spiegelt solche Dinge wie
Gewalt und Gefahr wieder. Besonders die langen Stücke verlangen
dem Zuhörer einiges ab. Darum gibt es nach dem Longtracks immer
ein kürzeres Stück - zum Erholen.
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- Eine Überraschung erlebe
ich noch, als ich die drei Damen nach ihren Lieblingskünstlern
frage. Neben den typischen Progveteranen fallen solche Namen wie
Steve Reich, Pat Mathena oder auch The Cure. Als ich schließlich
Drummerin Akiko Takahashi die Frage stelle, habe ich nach mehreren
vergeblichen Versuchen noch immer nicht kapiert, was sie meint. Also
muss wieder der Übersetzungscomputer ran. Aber ich kann fast
nicht glauben, was ich dort lese: Einstürzende Neubauten.
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- Und wie geht es weiter?
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Die Kids von heute haben
keinen Bock mehr auf solche Art Musik. Sie ist ihnen einfach zu
kompliziert. Sie hören lieber Disco-Musik. Wir müssen eben
weiter machen. sagt Numero Ueno.
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Geplant sind Konzerte gemeinsam
mit Mastermind und Deus Ex Machina in den Staaten, aber auch in
Frankreich und Italien.
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- Viel Erfolg.
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